Diabetes: Künftig keine Über- und Unterzuckerung mehr?

Bessere Regulation durch Glukose-responsive Insulinformulierung
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Blutzuckermesssung
© Maya Kruchancova, stock.adobe.com
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Patienten mit Diabetes Typ 1 kennen es. Es besteht immer die Gefahr der Über- und Unterzuckerungen. Ein Forschungsteam macht nun einen neuen Vorschlag für eine bessere Insulin-Formulierung.

Laut Deutscher Diabetes Hilfe gibt es hierzulande aktuell rund 11 Millionen Menschen mit Diabetes, darunter 8,7 Millionen mit einem diagnostizierten Typ-2-Diabetes und 372.000 mit Typ-1-Diabetes. Es wird jedoch eine große Dunkelziffer vermutet. Demnach wissen etwa weitere zwei Millionen noch nichts von ihrer Erkrankung. Diabetes Typ 1 tritt vor allem im Kindes- und Jugendalter auf und ist eine Autoimmunerkrankung. Das eigene Immunsystem greift die körpereigene Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse an und zerstört die insulinproduzierenden Zellen (Beta-Zellen). Der Insulin-Spiegel im Plasma wird hauptsächlich von Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse gesteuert und folgt den Schwankungen des Blutzuckerspiegels. Patientinnen und Patienten mit Diabetes Typ 1 können kein oder nur sehr wenig Insulin produzieren und benötigen mehrmals täglich Injektionen eines schnell wirkenden und ein bis zwei Injektionen eines über längere Zeit wirkenden Insulins, um ihren Blutzuckerspiegel auf einem normalen Niveau zu halten. Alternativ tragen sie eine Insulin-Pumpe, die für eine kontinuierliche Infusion sorgt. Die Insulinformulierungen können nicht auf Änderungen des Blutzuckerspiegels reagieren, sodass der Blutzuckerspiegel nicht genau gesteuert werden kann. Wird Insulin überdosiert, eine Mahlzeit ausgelassen oder bei starker körperlicher Anstrengung zu wenig Kohlenhydrat zugeführt, steigt das Risiko einer akuten lebensgefährlichen Unterzuckerung.

Nachahmen von Beta-Zellen?

Neuere Forschung setzt auf Glukose ansprechende Insulin-Formulierungen, die die Funktion von Beta-Zellen nachahmen. Das könnte die Insulin-Therapie verbessern. Verschiedene Ansätze mit Insulin-„Transportern“ aus Polymeren mit eingebauter Glukoseoxidase als Glukose-Detektor leiden jedoch unter zwei Problemen: Das Molekulargewicht der Polymerträger ist nicht einheitlich und Glukoseoxidase ist giftig, wenn sie im Organismus freigesetzt wird.

Erfolgreiche Tierversuche

Das chinesische Team um Jinqiang Wang und Zhen Gu von der Zhejiang-Universität, dem Zhejiang-Krebskrankenhaus und der Universität von Hong Kong wählte jetzt einen anderen Ansatz, der auf biokompatiblen Nanopartikeln aus Lipiden mit einheitlichen chemischen Strukturen als Trägern basiert. Lipid-Nanopartikel wurden klinisch bereits breit für den Wirkstoff-Transport eingesetzt.

Ein Teil der Lipide wurde so modifiziert, dass die Oberflächen der durch Selbstaggregation entstehenden Nanopartikel viele positive Ladungen tragen. Insulinmoleküle mit negativer Ladung binden dann elektrostatisch an die Nanopartikel und werden bei normalem Zuckerspiegel langsam freigesetzt. Bei hohem Zuckerspiegel gehen bestimmte Lipide der Nanopartikel chemische Bindungen mit der Glukose ein, verringern dabei die positive Ladung der Oberfläche und beschleunigen die Freisetzung des Insulins erheblich. In Diabetes-Mäusen konnte der Blutzuckerspiegel so über sechs Stunden im Normbereich gehalten werden. Nach Glukoseinjektion sank der Blutzuckerspiegel der behandelten Diabetes-Mäuse genauso rasch auf ein normales Niveau wie bei gesunden Mäusen.

Zukünftig könnte eine Kombination der Glukose-responsiven Insulinformulierung mit einem Abgabegerät, das über einen tragbaren elektronischen Zuckerdetektor gesteuert wird, die Regelung des Blutzuckerspiegels von Diabetes-Patientinnen und -Patienten deutlich verbessern.

Literatur:
Yun Liu, Yanfang Wang, Yuejun Yao, et al.: Glucose-Responsive Charge-Switchable Lipid Nanoparticles for Insulin Delivery. Angew Chemie, First published: 16 March 2023, DOI: doi.org/10.1002/ange.202303097.

Quelle: idw/GDC

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