Pandemie: Infektionsprävention in Gebäuden

Projekt SAVE gibt Empfehlungen
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Wohngruppen in Pflegeheimen
Im pandemischen Betrieb sollten Wohngruppen in Pflegeheimen eigenständig funktionieren können. © Rebecca Stumpf/ IKE
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Wie können in Gebäuden Übertragungen z.B. von SARS-CoV-2 vermieden werden? Damit beschäftigt sich das Projekt „SAVE“ der TU Braunschweig. Auf der Messe BAU 2023 in München stellt das Forschungsteam erste Ergebnisse vor.

Früh in der Pandemie wurde deutlich, dass Innenräume ein hohes Risiko für Infektion en mit SARS-CoV-2 bergen. Aerosole lassen sich ohne entsprechende Gegenmaßnahmen nur schwer eindämmen. Dementsprechend gab es auch in Kliniken immer wieder Ausbrüche. Es hatte sich gezeigt, dass zahlreiche Gebäude in Deutschland nicht auf Pandemien und die Eindämmung von Infektionsrisiken vorbereitet sind. Doch wo genau fehlen entsprechende Schutzmaßnahmen und wie können diese aussehen? Durch welche baulichen Eingriffe kann die Kontaktübertragung vermieden werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Projekt „SAVE“ der Technischen Universität Braunschweig. Auf der Messe BAU 2023 in München stellt das Forschungsteam erste Ergebnisse vor.

Entwicklung von Empfehlungen

Im Verlauf der Coronapandemie hat sich gezeigt, dass in vielen Einrichtungen des öffentlichen Lebens dringend bauliche und technische Maßnahmen umgesetzt werden müssen, um künftig das Übertragungsrisiko von Infektionserregern zu verringern. Denn: Die Rolle der Gebäude bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten wurde bisher nur ansatzweise betrachtet. Im Projekt „SAVE – Effektive Strategien zur Kontrolle und zum Umgang mit Ausbreitungswegen von Erregern zum Schutz kritischer Infrastrukturen“ werden deshalb unter der Leitung des Instituts für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau (IKE) der TU Braunschweig infektionspräventive, bauliche, technische und prozessuale Empfehlungen entwickelt. Dabei stehen vor allem Ausbreitungswege im Fokus, bei denen die Infektionen über die Luft übertragen werden.

Kritische Infrastruktur schützen

Insbesondere gingen die Wissenschaftler/-innen folgenden Fragen nach:

  • Welche Infrastrukturen sind in Bezug auf die Optimierung von baulichen Maßnahmen besonders relevant?
  • Welche Materialien eignen sich für eine effektive Reinigung und Desinfizierung?
  • Wo entstehen die meisten Hygienefehler?

U.a. sind Schulen, Kitas, Alten- und Pflegeheime sowie Arztpraxen schützenswerte und unverzichtbare Infrastrukturen zur Aufrechterhaltung des Bildungssystems, der Altenpflege und der Gesundheitsversorgung. Allerdings können sie auch bedeutende Orte für die Entwicklung des Infektionsgeschehens sein. Hier setzt das interdisziplinäre Forschungsteam an: Expertinnen und Experten aus Architektur, Epidemiologie, Hygiene, Materialwissenschaft und Haustechnik arbeiten fachübergreifend zusammen. Ihr gemeinsames Ziel: Risikofaktoren der Infektionsübertragung in den Einrichtungen erkennen und die damit verbundenen Abläufe identifizieren.

Für Durchzug sorgen

Dazu hat das Projektteam untersucht, welche Möglichkeiten der Infektionsprävention die verschiedenen Gebäude haben. Neben Interviews mit den Nutzerinnen und Nutzern haben die Forscher/-innen Simulationen für Lüftungskonzepte durchgeführt sowie Materialproben chemisch, physikalisch, und mechanisch künstlich gealtert, um festzustellen, wie gut sich gängige Materialien reinigen lassen. Aus den Ergebnissen ihrer Untersuchungen können jetzt erste Empfehlungen abgeleitet werden. „Generell ist darauf zu achten, dass infrastrukturübergreifend auf die Einhaltung einer Basishygiene geachtet wird. Dies sind Maßnahmen, die im Alltag greifen und das Infektionsrisiko generell senken können. Wenn bei stark frequentierten Räumen eine mechanische Belüftung fehlt, muss garantiert werden, dass durch offene Fenster von einer Fassadenseite zur nächsten gelüftet werden kann, also Durchzug herrscht“, sagt Projektleiter Lukas Adrian Jurk vom Institut für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau (IKE) der TU Braunschweig.

Überprüfung der Luftqualität

„Sollte es zu einer lokalen Ausbruchssituation oder zur nächsten Pandemie kommen, können bauliche, technische und prozessuale Maßnahmen, wie die Isolierung von Personengruppen in eigenständigen Funktionseinheiten, effektive Schleusenbereiche oder geeignete Lüftungstechnik zur Infektionsprävention beitragen. Besonders in Räumen mit vielen Menschen, die dort über einen längeren Zeitraum zusammenkommen, sollte die Luftqualität regelmäßig überprüft werden. Hier sollte es eine kontrollierte und während des Nutzungszeitraumes durchschnittliche CO2-Konzentration von 1.000 ppm im Normalbetrieb und 800 ppm im pandemischen Betrieb geben. Aktuell liegt der Wert in vielen Schulen bei bis zu 2.000 ppm und in manchen Fällen sogar darüber.“

Datenbank für die Ergebnisse

Laut der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erschweren es unterschiedliche Vorschriften und eine unübersichtliche Lage in den verschiedenen Bundesländern, sowohl einheitliche Planungsempfehlungen zu geben als auch eine einfache Umsetzung für Planende zu gewährleisten. Um künftig den Zugang zu den benötigten Informationen zu erleichtern, sollen die Ergebnisse aus dem Projekt SAVE ab 2024 auf der „Database of Architecture and Health Environment“ gebündelt, visuell aufbereitet und gut verständlich veröffentlicht werden. Grundrisstypologien, Haustechnik, Ausstattung und bauliche Details bis hin zur Prozessplanung stehen dabei im Fokus. In vorangegangenen Forschungsprojekten der am Projekt SAVE beteiligten Forschungspartner wurden weitere Infrastrukturen wie die Intensivstation oder Notaufnahme näher betrachtet. Die Ergebnisse dieser Projekte sollen ebenfalls in der Datenbank veröffentlicht werden.

Wissenschaftliche Evidenz sicherstellen

Die Wissensplattform soll zu einer schnellen und gezielten Handlungsmöglichkeit und Infektionsprävention beitragen, da aktuell vor allem für Schulen, Kitas, Alten- und Pflegeheime sowie Arztpraxen die wissenschaftliche Evidenz zur baulichen Infektionsprävention fehlt. Das vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Rahmen von „Zukunft Bau“ geförderte Projekt wird als eines von drei vom BBSR geförderten Projekten vom 17. bis 22. April 2023 auf der Messe Bau 2023 in München ausgestellt.

Projektdaten
SAVE wird von September 2020 bis Juni 2023 vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) mit rund 730.000 Euro gefördert. Die Projektkoordination hat das Institut für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau (IKE) der TU Braunschweig übernommen. Verbundpartner sind das Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Charité Berlin, das Hermann-Rietschel-Institut (HRI) der TU Berlin, das Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig sowie als beratende Partner das Robert Koch Institut und das Zentrum für Biologische Gefahren und spezielle Pathogene, ZBS 7 Strategie und Einsatz.

Wir hatten bereits 3/2022 einen Beitrag zu „COVID-19-Ausbrüche im Krankenhaus“ in der MT im Dialog. Immer wieder stellten SARS-CoV-2-Ausbrüche in Gesundheitseinrichtungen Pflegende und Ärzte, aber auch MT vor besondere Herausforderungen. Das Auftreten eines Ausbruchs signalisiert, dass sich das SARS-CoV-2-Virus unkontrolliert in einem Bereich ausbreitet. Eine aus Spanien publizierte Studie warnte damals insbesondere vor der aerogenen Ausbreitung des Virus auf Krankenhausstationen und empfahl besonders strikte Maßnahmen der persönlichen Infektionsprävention, wenn offen über Maske beatmete Patienten versorgt oder für die radiologische Diagnostik gelagert werden müssen.

Quelle: TU Braunschweig

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