Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universitätsmedizin Greifswald hat untersucht, wie sich feinste Strukturen der Niere sichtbar, messbar und klinisch nutzbar machen lassen – und das zuverlässig, effizient und standardisiert. Vor allem die sogenannte PEMP-Methode (Podocyte Exact Morphology Measurement Procedure) eröffne nicht nur für Forschung und Medikamentenentwicklung, sondern vor allem für Diagnostik und Therapie bestimmter Nierenerkrankungen neue Perspektiven, so das Forschungsteam. Über Jahrzehnte war die Elektronenmikroskopie das zentrale Instrument zur hochauflösenden Analyse von Nierengewebe und hat die nephrologische Diagnostik maßgeblich geprägt. Doch sie stößt an ihre Grenzen: Die Darstellung filigraner Podozytenstrukturen ist aufwendig, immer subjektiv und somit schwer standardisierbar. Genau hier setze das PEMP-Verfahren an, das an der Universitätsmedizin Greifswald entwickelt wurde. „Es verwendet die 3D-superauflösende Lichtmikroskopie SIM, um feinste Strukturen der glomerulären Filtrationsbarriere präzise sichtbar zu machen“, erklärt Prof. Nicole Endlich, Projektleiterin und Letztautorin der Publikation. Insbesondere die Podozyten-Fußfortsätze, durch die das Blut gefiltert wird und die bei der Entstehung vieler Nierenerkrankungen eine zentrale Rolle spielen, lassen sich darstellen und deren Veränderungen quantitativ erfassen.
Methode funktioniert mit gängigen Gewebeproben
Hohe Geschwindigkeit, Genauigkeit und Standardisierbarkeit – das mache die PEMP-Methode im Vergleich zu klassischen Verfahren so besonders, wie das Forschungsteam betont. Was das für die Patienten bedeuten kann, zeigte es anhand von 69 Nierenbiopsien, die in einer größeren Kohortenstudie untersucht wurden. In der Studie konnte das Ausgründungsunternehmen der Universität und Universitätsmedizin Greifswald NIPOKA zeigen, dass sich mittels PEMP-Methode verschiedene Formen der Nierenerkrankungen eindeutig voneinander unterscheiden lassen. Endlich hebt weitere Vorteile der Technik hervor: „Wir können frühzeitig erkennen, inwiefern sich feinste Strukturen verändern, noch bevor es zu typischen Krankheitssymptomen wie Eiweiß im Urin kommt.“ Zudem funktioniere die Methode mit gängigen Gewebeproben, die ohnehin bei Biopsien entnommen werden. „Die internationale Bedeutung der Methode zeigt sich unter anderem in der Anwendung an der renommierten University of Texas Medical Branch (UTMB)“, so Endlich. Dort werde PEMP demnächst in der Routinediagnostik eingesetzt.
Wert für die klinische Diagnostik
„Dieses Verfahren ist somit sind nicht nur für die Forschung, sondern auch für die klinische Diagnostik von enormem Wert“, wie Prof. Uwe Reuter, Vorstandsvorsitzender der Unimedizin, betont. Die PEMP-Methode bringe die Versorgung von Nierenerkrankten einen großen Schritt näher an eine personalisierte Präzisionsmedizin. „Wir können Erkrankungen nicht nur besser erkennen, sondern auch besser verstehen – und so die passende Therapie für jeden einzelnen Patienten finden“, so Reuter.
Quelle: idw/Uni Greifswald
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