Analyse der frühesten Phase

HIV-Infektion
lz
Medizinische Station
Medizinische Station in Mbeya, Tansania. DZIF/Dr. Inge Kroidl
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.


Die ersten Tage nach einer HIV-Infektion sind maßgeblich, denn durch die hohe Viruslast in dieser Phase ist die Gefahr einer Ansteckung für Sexualpartner extrem groß und außerdem werden in diesem Zeitraum die Weichen für den weiteren Verlauf der HIV-Infektion gestellt.

DZIF-Wissenschaftler aus der Abteilung Infektionserkrankungen und Tropenmedizin der Universität München (LMU) und aus der Afrikanischen Partnerinstitution des DZIF in Tansania waren an einer prospektiven, multinationalen Studie beteiligt, die virologische und immunologische Veränderungen durch HIV untersucht hat – noch bevor klinische Symptome oder kommerzielle Tests auf eine HIV-Infektion hinweisen konnten.

Hochsensible Methode APTIMA genutzt

Mehr als 2.000 Personen mit hohem Risiko einer HIV-Infektion wurden in Tansania, Kenia, Uganda und Thailand über mehrere Jahre zweimal wöchentlich auf eine neue HIV-Infektion untersucht. Eine spezielle, hochsensitive Methode namens APTIMA ermöglicht, HIV-Neuansteckungen schon bei sehr geringen Konzentrationen von circa 20 HIV-Ribonukleinsäure (RNA-)-Kopien pro Milliliter Plasma nachzuweisen.

Insgesamt wurden durch diese Nachweismethode 112 Personen nur wenige Tage nach der Infektion mit dem HI-Virus identifiziert. Die Studienergebnisse zu 50 Patienten dieser Kohorte wurden nun beschrieben. Bei diesen HIV-Infektionen im extrem frühen Stadium waren durchschnittlich fünf Tage vom letzten negativen bis zum ersten positiven Bluttest vergangen. Eine Analyse derart früher Zeitpunkte nach der Ansteckung ist bislang einzigartig, da frühere Studien nur Patienten einschlossen, die bereits Symptome aufwiesen oder sich schon mehrere Wochen zuvor angesteckt hatten.

Langjährige internationale Kooperationen zahlen sich aus

„Die Durchführung dieser Studie war eine große Herausforderung“, sagt Dr. Inge Kroidl, klinische Forschungs-Koordinatorin der „RV 217“ genannten Studie in Tansania. „Wir hatten enorme Zweifel, ob diejenigen Studienteilnehmer, die sehr mobilen und teilweise stigmatisierten Hochrisikogruppen angehörten, wohl bereit dazu wären, an einer derart komplexen Studie teilzunehmen.“ Die langjährige Kooperation des Münchener Tropeninstitutes unter Leitung von Prof. Michael Hoelscher mit dem Mbeya Medical Research Center in Süd-Tansania hatte in vorangegangen Studien die Basis für eine derartige Untersuchung gelegt. Auch in den drei weiteren Ländern bestanden langjährige Forschungserfahrungen des Studienleiters Dr. Merlin Robb, Walter Reed Army Institute of Research.

Akute Phase der HIV-Infektion gibt Aufschluss über die Immunabwehr

Informationen zur frühen Phase der HIV-Infektionen, die durch die aktuelle Studie gesammelt werden, dienen einem besseren Verständnis der Immunabwehr und sollen zu Optimierungen der Impfstrategien führen. Details über den Verlauf der HIV-Viruslast sowie zur Reaktion der Immunabwehr in der Akutphase der Infektion konnten die Wissenschaftler in der RV 217-Studie sammeln. So konnte erstmalig der Zeitraum zwischen Infektion und dem Höchstwert der Viruslast genauer beschrieben werden, in dem es zur Ausbreitung von Zelltypen kommt, die entscheidend für den weiteren Verlauf der HIV-Infektion sind.

Die Zeit vom ersten Nachweis der HIV-RNA bis zum Peak der Viruslast betrug im Mittel 13 Tage. Zwischen Maximalwert und dem Tiefstwert der Viruslast, dem sogenannten Set-Point, wurden wiederum 31 Tage gemessen. Der weitere Krankheitsverlauf des HIV-infizierten Patienten wird vom Set-Point bestimmt, denn die Höhe der Viruslast bleibt nach Erreichen des Set-Points für eine lange Zeit gleich. Die Höhe der Viruslast zu diesem Zeitpunkt entscheidet über einen raschen oder eher langsamen Verlauf der HIV-Infektion. Der Set-Point wird in den ersten Tagen der HIV-Infektion definiert, und der Verlauf der chronischen HIV-Erkrankung über die nächsten Jahre wird in diesen ersten Tagen determiniert. Informationen über Interaktionen zwischen dem Immunsystem und dem Virus, die die Höhe des Set-Points beeinflussen könnten, sind daher von außerordentlicher Relevanz.

Ziel ist die Heilung von HIV

Die RV 217-Studie wurde 2009 begonnen und rekrutiert weiterhin Teilnehmer. Circa die Hälfte der neuinfizierten HIV-Patienten wurde während der akuten Phase antiretroviral behandelt. Der Vergleich von den früh behandelten Patienten mit den oben genannten 50 Patienten, die sich neu angesteckt hatten, erlaubt Schlüsse über mögliche Effekte dieser Therapie. In Zusatzstudien (RV 398 u.a.) werden innovative Therapiekonzepte z. B. mit monoklonalen Antikörpern getestet. „Langfristiges Ziel dieser Untersuchungen, die wir innerhalb des DZIF auch im Rahmen einer deutschen Kohorte verfolgen, ist es, Strategien zur Eliminierung der HI-Viren im Körper zu erreichen und durch eine frühe HIV-Therapie eine langfristige Remission, möglicherweise auch Heilung, der HIV-Infektion zu erreichen“, sagt Dr. Arne Kroidl, verantwortlich für die klinische HIV-Forschung an der DZIF International Clinical Trials Unit des Tropeninstitutes München. (DZIF, red)

Literatur:

1. Robb ML, Eller LA, Kibuuka H, et al.: Prospective Study of Acute HIV-1 Infection in Adults in East Africa and Thailand. N Engl J Med 2016;374:2120-30.
DOI: 10.1056/NEJMoa1508952.

2. Eller MA, Goonetilleke N, Tassaneetrithep B, et al.: Expansion of Inefficient HIV-Specific CD8 T Cells during Acute Infection. J Virol 2016;90:4005-16.
DOI: 10.1128/JVI.02785-15

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige