„Anpassung an das 21. Jahrhundert“

Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Gisela Klinkhammer
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
„Wir haben eine deutliche Zunahme an Arbeitsplätzen, aber eine nahezu konstante Anzahl an MTRA-Schulen/Ausbildungsplätzen und einen Bewerberrückgang.“ © DVTA/Eisele
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Trotz guter Angebote ist es vor allem für Mütter mit kleinen Kindern nach wie vor schwierig, Familie und Berufstätigkeit in Einklang zu bringen.

„Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch flexible Arbeitszeiten und Möglichkeiten der Kinderbetreuung.“ Mit diesem Angebot sucht eine Klinik in Bayern eine MTA-F, und ähnliche Formulierungen finden sich in fast allen Stellenangeboten für Medizinisch-technische Assistentinnen und Assistenten. Doch in der Realität ist es trotz guter Angebote nach wie vor schwierig, Familie und Berufstätigkeit in Einklang zu bringen. Vor allem Müttern mit kleinen Kindern gelingt es oft nicht, ganztägig arbeiten zu gehen. Die meisten von ihnen haben eine Teilzeitstelle.

Das belegen auch die Daten des Statistischen Bundesamtes. Im Jahr 2014 waren 62,3 Prozent aller Eltern mit Kindern unter sechs Jahren erwerbstätig. Dabei waren 94,1 Prozent der erwerbstätigen Väter vollzeitbeschäftigt, während nur 5,9 Prozent einer Teilzeittätigkeit nachgingen. Bei den Müttern war das Verhältnis umgekehrt. Von ihnen gingen 27,3 Prozent einer Vollzeit- und 72,7 Prozent einer Teilzeitbeschäftigung nach. Mit steigender Kinderzahl wächst auch der Anteil der Väter in Teilzeitjobs. 6,4 Prozent der Väter mit zwei Kindern im Vorschulalter haben eine Stelle mit reduziertem Stundenumfang. Wenn drei Kinder in der Familie leben, steigt der Anteil auf 7,8 Prozent.

Personen, die keine Kinder unter sechs Jahren haben, sind häufiger vollzeitbeschäftigt. Dabei liegt der Anteil der Frauen sogar über dem der Männer. Während 80 Prozent der Männer ohne Kinder im Vorschulalter einer Vollzeittätigkeit nachgehen, beträgt der Anteil bei den Frauen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sogar 82 Prozent. Mütter machen demnach nach der Geburt ihrer Kinder viel häufiger berufliche Abstriche als ihre Partner. „Es ist eine regelrechte Teilzeitfalle, in die Frauen tappen. Denn wir haben heute kaum Möglichkeiten, aus einem Teilzeitverhältnis wieder in einen Vollzeitjob zurückzukehren – und wenn bedeutete es einen riesigen Kraftakt“, sagte Christina Klenner vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung der „Süddeutschen Zeitung“.

Die Teilzeittätigkeit verstärkt den Fachkräftemangel

In den Gesundheitsberufen arbeiteten 670.000 Fachkräfte mit reduzierten Wochenstunden, teilte vor kurzem das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) mit. Dabei bringt die Entwicklung zahlreiche Probleme mit sich. „Frauen mit ,kleinen Teilzeiten’ und geringem Einkommen tragen ein höheres Risiko finanzieller Abhängigkeit, mangelnder Aufstiegsmöglichkeiten und unzureichender Sicherung“, betont das Bundesfamilienministerium. So bedeute sie häufig das Ende der Karriere für die Frauen. Außerdem führe Teilzeitarbeit auch zu geringeren Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Nicht zuletzt verstärkt die Teilzeittätigkeit den Fachkräftemangel. In frauentypischen Berufen bestehen, so das Institut der deutschen Wirtschaft, die größten Engpässe. Das gelte auch für „die medizinisch-technische Radiologie“. Doch gerade der Bereich des „radiologischen Arbeitsmarktes“ verzeichne zurzeit einen großen Wandel, teilte der DVTA mit: „Die Anzahl der Computertomographen und Magnetresonanztomographen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, ebenso hat sich die Zahl der niedergelassenen Strahlentherapien erhöht.

Im Mammographie-Screening sind circa 2.000 MTRA beschäftigt, die interventionelle Radiologie hat ihr Leistungsspektrum ausgeweitet. Das heißt, wir haben eine deutliche Zunahme an Arbeitsplätzen, aber eine nahezu konstante Anzahl an MTRA-Schulen/Ausbildungsplätzen und einen Bewerberrückgang.“###more###

Größere Attraktivität der Ausbildungsbedingungen

Das IW empfiehlt eine Ausweitung der Arbeitszeit, um derzeitigen Engpässen entgegenzuwirken. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nur 15 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten ihre Arbeitszeit tatsächlich aufstocken möchten. Die Möglichkeiten, aber auch der grundsätzliche Wunsch die Arbeitszeit auszuweiten, könnte nach Ansicht des IW größer ausfallen, wenn die Infrastruktur zur Kinderbetreuung an Kindertagesstätten und Schulen weiter ausgebaut würde.

Außerdem sieht das Institut der deutschen Wirtschaft in der Gewinnung von mehr Männern für die eher frauentypischen Berufe im Gesundheitswesen eine Chance, um Engpässe abzubauen. „Allerdings stehen dem nach wie vor tradierte Rollenbilder und ein vergleichsweise unflexibles Berufswahlverhalten der jungen Menschen gegenüber“, befürchtet das IW.

Der DVTA sieht in einer größeren Attraktivität der Ausbildungsbedingungen eine Möglichkeit, um den Fachkräftemangel zu beheben. Er fordert das „Bundesgesundheitsministerium als Hüter des MTA-Gesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für technische Assistenten in der Medizin dazu auf, hier für Anpassung an das 21. Jahrhundert zu sorgen. Teilzeitausbildung, Legalisierung des Homburger Modells (Fernstudium), Ausbildungsvergütung und hochschulische Ausbildung sind alles denkbare Wege. Das Notfallsanitätergesetz von 2014 zeigt, dass es geht.“

Pflege älterer Familienangehöriger

Viele Mütter in Elternzeit haben oft auch Schwierigkeiten, unmittelbar nach Ablauf der Elternzeit in den Beruf zurückzukehren. „In den ostdeutschen Bundesländern beeinträchtigen zwischenzeitliche Betriebsschließungen in nicht unerheblichem Maße die Rückkehr von Müttern an ihren alten Arbeitsplatz. In den westdeutschen Bundesländern machen fehlende Kinderbetreuungsangebote und ungünstige Arbeitszeiten eine Rückkehr oft unmöglich“, heißt es im Gender Datenreport des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Der Gender Datenreport weist außerdem darauf hin, dass sich „das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur im Hinblick auf die Frage der Versorgung von Kindern, sondern auch im Hinblick auf die Unterstützung und Pflege älterer Familienangehöriger stellt“.

Neue Herausforderungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bringt auch die stärkere Flexibilisierung der Arbeit mit sich. So sind nach Angaben des Bundesfamilienministeriums 55 Prozent der Beschäftigten der Ansicht, dass sich bei der Arbeit im Homeoffice Beruf und Freizeit zu stark vermischen. 28 Prozent der Befragten gaben an, dass sie durch Stress am Arbeitsplatz, hohen Leistungs- und Zeitdruck sowie ständige Erreichbarkeit oft oder immer an die Grenzen der Belastbarkeit geführt werden.###more###

Memorandum "Familie und Arbeitswelt"

Im vergangenen Jahr hat Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wirtschaft das Memorandum „Familie und Arbeitswelt – Die neue Vereinbarkeit“ unterzeichnet. Das Memorandum betont die Gleichwertigkeit von beruflichen und familiären Aufgaben. In zehn Leitsätzen verpflichten sich Politik und Wirtschaft, die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.

Darin werden unter anderem „verlässliche Arbeitszeitmodelle für Männer und Frauen“ gefordert. Die partnerschaftliche Aufgabenverteilung von Beruf und Familie setze bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige, bezahlbare Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, auch in Randzeiten und Ferien, voraus. Für immer mehr Unternehmen gehöre zu einer familienbewussten Personalpolitik auch die Vermittlung familienunterstützender Dienstleistungen; „sie ermutigen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, diese in Anspruch zu nehmen“.

Entnommen aus MTA Dialog 10/2016

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