Arbeitsrecht

Entschädigungsanspruch eines schwerbehinderten Bewerbers Nichteinladung vom öffentlichen Arbeitgeber zum Vorstellungsgespräch? Was war passiert? Der Kläger bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle im öffentlichen Dienst. Er fügte dem Bewerbungsschreiben eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises und einen tabellarischen Lebenslauf bei. Er wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt eine Absage. Der Kläger klagte daraufhin auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 15 II AGG in Höhe von mindestens drei Monatsgehältern.

Wie entschied das Bundesarbeitsgericht? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah es als erwiesen an, dass der Kläger im Auswahlverfahren wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt wurde und sprach ihm die begehrte Entschädigung zu. Der Kläger sei als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des AGG (§ 6 I 2 Alt. 1 AGG) anzusehen.

Der Begriff des Bewerbers im Sinne von § 82 Satz 2 SGB IX entspricht dem Bewerberbegriff nach § 6 I 2 Alt. 1 AGG. Der Begriff des „Bewerbers“ sei nicht restriktiv dahin auszulegen, dass der Bewerbung prüffähige neutrale Unterlagen, insbesondere Zeugnisse, beigefügt werden müssen, weil der öffentliche Arbeitgeber nur dann sachgerecht prüfen könnte, ob ein/e Bewerber/-in fachlich geeignet ist oder dies offensichtlich nicht der Fall ist. § 82 Satz 3 SGB IX regelt nicht den Bewerberbegriff.

Eine Einladung sei nicht entbehrlich gewesen, da er nicht fachlich ungeeignet gewesen sei. Nach § 82 Satz 2 SGB IX ist der öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber/-innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Bewerber/der schwerbehinderten Bewerberin die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Zur Beurteilung der fachlichen Eignung des Bewerbers sei allein auf das in der veröffentlichten Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil abzustellen. „Offensichtlich“ fachlich nicht geeignet nach § 82 Satz 3 SGB IX ist ein schwerbehinderter Mensch, wenn er insoweit „unzweifelhaft“ nicht dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspricht. Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung rechtfertigen es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich Zweifel im Vorstellungsgespräch ausräumen lassen können.

Den öffentlichen Arbeitgeber treffe in einem Prozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der/die schwerbehinderte Bewerber/-in offensichtlich fachlich ungeeignet ist. Der öffentliche Arbeitgeber muss daher bereits nach Eingang der Bewerbung prüfen und entscheiden können, ob er einen schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss oder ob er nach § 82 Satz 3 SGB IX von der Verpflichtung zur Einladung befreit ist. Diese Prüfung und Entscheidung muss der/die schwerbehinderte Bewerber/-in dem öffentlichen Arbeitgeber durch entsprechende Angaben zu seinem/ihrem fachlichen Leistungsprofil in der Bewerbung beziehungsweise den beigefügten Bewerbungsunterlagen ermöglichen. Kommt der/die Bewerber/-in dieser Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nach, geht dies regelmäßig zu seinen/ihren Lasten. Auch in einem solchen Fall besteht für den öffentlichen Arbeitgeber regelmäßig keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen (Orientierungssätze des Gerichts), BAG, Urteil vom 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 (LAG Hessen 2. Juni 2015 – 8 Sa 1374/14).

Was heißt das für Sie? Die Entscheidung konkretisiert die Grundsätze zur Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 82 Satz 2 SGB IX. Dieser muss anhand der Bewerbungsunterlagen prüfen, ob eine fachliche Nichteignung anzunehmen ist, um eine Nichteinladung zu begründen. Fehlen wichtige Unterlagen hierzu, geht dies zulasten des Bewerbers. Relevant ist aber nur das Anforderungsprofil in der Ausschreibung und nicht die Frage, ob der Bewerber etwaige Eingruppierungsvoraussetzungen der ausgeschriebenen Stelle erfülle.

Neue Entgeltordnung TVöD-VKA ab 1. Januar 2017 Da uns viele Anfragen zur neuen Entgeltordnung TVöD-VKA erreichen, wollen wir gerne die Antworten auf die häufig gestellten Fragen hier noch einmal zusammenfassen:

Eckeingruppierung der MTA-Berufe Die Eckeingruppierung der Beschäftigten in medizinisch-technischen Berufen (wie beispielsweise MTA) ist seit dem 1. Januar 2017 die Entgeltgruppe 8 mit Höhergruppierungsmöglichkeiten bis zur Entgeltgruppe 9b (siehe Anlage 5 Anhang 3 zum TVöD-VKA II.), sofern nicht Leitungs- oder Lehrtätigkeit ausgeübt wird.

Die Eckeingruppierung der Leitungskräfte Gesundheitsberufe (Anlage 5 Anhang 3 TVöD-VKA XIX.) richtet sich nach der Organisationsstruktur, das heißt, ob es sich um die Leitung einer kleineren organisatorischen Einheit mit nicht mehr als neun unterstellten Beschäftigten (Entgeltgruppe 9b), die Leitung einer größeren organisatorischen Einheit mit in der Regel nicht mehr als 16 unterstellten Beschäftigten (Entgeltgruppe 10) oder die Leitung einer besonders großen Einheit mit mehr als 24 Beschäftigten (Entgeltgruppe 11), mit Heraushebung bei besonderer Verantwortung (Entgeltgruppe 11) handelt. Die Stellvertreter sind in der Regel der Entgeltgruppe unter der Leitung zugeordnet, zum Beispiel ständige Vertreter/-innen einer größeren organisatorischen Einheit (Entgeltgruppe 9c).

Bei den Lehrkräften (Anlage 5 Anhang 3 TVöD-VKA XXI.) ist die Eckeingruppierung die Entgeltgruppe 9c und abhängig von der Qualifikation oder Funktion die Entgeltgruppen 10–15 erreichbar.

Überleitung Die Überleitung in die Entgeltordnung erfolgt unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit, das heißt, ohne Antrag bleiben Sie in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Entgeltgruppe nebst allen Zulagen et cetera.

Sollte sich nach der neuen Entgeltordnung eine höhere Entgeltgruppe als bisher ergeben, gilt diese höhere Entgeltgruppe nicht automatisch, sondern nur auf Antrag. Dieser Antrag ist in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 zu stellen. Ein Antrag auf Höhergruppierung aufgrund des Inkrafttretens der neuen Entgeltordnung wirkt immer ab dem 1. Januar 2017. Aufgrund der Rückwirkung auf den 1. Januar 2017 bleiben zwischenzeitlich eintretende Stufenveränderungen im Jahr 2017 unbeachtlich.

Zu beachten ist, dass mit einer Höhergruppierung auch weitere Veränderungen im Entgelt verbunden sein können, wie zum Beispiel die Anrechnung eines individuellen Strukturausgleichs oder die Veränderung der Höhe der Jahressonderzahlung oder zum Beispiel dadurch, dass die Höhergruppierung nicht stufengleich erfolgt, sondern dass die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe neu zu laufen beginnt. Wenn Sie also kurz vor einem Stufenaufstieg in der bisherigen Entgeltgruppe standen, kann die Höhergruppierung nachteilig sein.

Aus diesem Grund ist zu empfehlen, dass Sie sich beraten lassen und nicht voreilig einen Antrag stellen, weshalb auch die lange Frist von einem Jahr gilt.

Es gilt zu beachten, dass die bisherige Entgeltgruppe 9 durch die neuen Entgeltgruppen 9a, 9b und 9c ab 1. Januar 2017 ersetzt wurde.

Die Überleitung aus der sogenannten kleinen Entgeltgruppe 9 in die neue Entgeltgruppe 9a erfolgt automatisch. Sie stellt keine Höhergruppierung dar, das heißt, es ist kein Antrag erforderlich. Die zurückgelegten Stufen und Stufenlaufzeiten werden übernommen. Es kommen besondere Überleitungsregelungen zur Anwendung, da die neue Entgeltgruppe 9a nun sechs Stufen hat.

Wer in die normale Entgeltgruppe 9 eingruppiert ist und für die der Anhang zu § 16 (VKA) TVöD keine besonderen Stufenregelungen vorsieht, wird unter Beibehaltung der Stufe und Stufenlaufzeit in die Entgeltgruppe 9b zum 1. Januar 2017 übergeleitet. Auch hier ist kein Antrag erforderlich.

Eine Beratungspflicht des Arbeitgebers besteht nicht In der Rechtsprechstunde werden uns viele Schreiben zugeleitet, dass der Arbeitgeber seiner Beratungspflicht nicht nachkomme.

Hierzu ist festzuhalten, dass Sie keinen Anspruch auf eine Beratung durch den Arbeitgeber haben, ob eine Antragstellung günstig ist. Sie haben auch keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Ihnen darstellt, wie sich das Entgelt bei Stellung des Antrags entwickeln würde.

Der Arbeitgeber muss Ihnen aber auf Wunsch mitteilen, in welcher Entgeltgruppe Sie eingruppiert sind, welche Stufenlaufzeit bisher in dieser Entgeltgruppe zurückgelegt wurde, wann in der bisherigen Entgeltgruppe der nächste Stufenaufstieg stattfinden würde und ob Sie einen Anspruch auf die Zahlung eines Strukturausgleichs haben. Von diesem Anspruch sollten Sie Gebrauch machen, damit für Sie geprüft werden kann, ob sich ein Antrag auf Höhergruppierung lohnt.

Stufengleiche Höhergruppierung ab März 2017 für Umgruppierung et cetera Ab dem 1. März 2017 tritt die stufengleiche Höhergruppierung in Kraft. Die bisherige betragsmäßige Höhergruppierung wird dadurch abgelöst.

Achtung: Die stufengleiche Höhergruppierung gilt insbesondere für Umgruppierungen, nicht aber für Höhergruppierungen infolge des Inkrafttretens der Entgeltordnung.

Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit – Weisungsrecht Da uns viele Anfragen zu diesem Thema erreichen, haben wir Ihnen nachstehend die Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts aus dem Urteil vom 2. November 2016 – 10 AZR 596/15 G zusammengefasst:

1. Während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Weisungsrecht gemäß § 106 GewO in Bezug auf die Arbeitspflicht als Hauptleistungspflicht und die Erscheinenspflicht zu einem Personalgespräch als damit zusammenhängende Nebenleistungspflicht.

2. Der Arbeitgeber hat die Pflicht zur Rücksichtnahme auf Ihre Rechte und Rechtsgüter. Diese gebietet dem Arbeitgeber, die Erteilung von Weisungen an arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer auf dringende betriebliche Anlässe zu beschränken.

3. Dieser dringende betriebliche Anlass für die Weisung an arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer, mit dem Arbeitgeber ein kurzes Personalgespräch zu führen, kann zum Beispiel „gegeben sein, wenn der Arbeitnehmer über Informationen zu wichtigen betrieblichen Abläufen oder Vorgängen verfügt, ohne deren Weitergabe dem Arbeitgeber die Fortführung der Geschäfte erheblich erschwert oder gar unmöglich würde. Voraussetzung für eine solche Weisung ist allerdings stets, dass das Personalgespräch nicht auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit aufschiebbar und dem Arbeitnehmer zumutbar ist. Der Arbeitgeber darf den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer nur dann anweisen, zu dem Personalgespräch im Betrieb zu erscheinen, wenn die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann.“ (BAG, Urteil vom 2. November 2016 – 10 AZR 596/15, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Juli 2015 – 6 Sa 2276/14)

(Anmerkung: Alle Personenbezeichnungen der Artikel sind stets weiblich wie männlich zu verstehen.)

Entnommen aus MTA Dialog 3/2017

Arbeitsrecht

Entschädigungsanspruch eines schwerbehinderten Bewerbers

Nichteinladung vom öffentlichen Arbeitgeber zum Vorstellungsgespräch?

Was war passiert?

Wie entschied das Bundesarbeitsgericht?

Online-Angebot der MT im Dialog

Stellen- und Rubrikenmarkt

Arbeitsrecht

Entschädigungsanspruch eines schwerbehinderten Bewerbers

Nichteinladung vom öffentlichen Arbeitgeber zum Vorstellungsgespräch?

Was war passiert?

Wie entschied das Bundesarbeitsgericht?

Sie wollen den ganzen Text lesen?

Online-Angebot der MT im Dialog

Stellen- und Rubrikenmarkt