Arbeitsrecht in Zeiten von Corona

Gemäß der Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 und § 7 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) auf Infektionen mit dem erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretenen neuartigen Coronavirus („2019-nCoV“) besteht gemäß § 1 Abs. 1 auch beim Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie den Tod in Bezug auf eine Infektion, die durch das erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretene neuartige Coronavirus („2019-nCoV“) hervorgerufen wird, eine namentliche Meldepflicht der Ärzte gegenüber dem Gesundheitsamt. Bei einem Verdacht dann, wenn dies nach dem Stand der Wissenschaft sowohl durch das klinische Bild als auch durch einen wahrscheinlichen epidemiologischen Zusammenhang begründet ist. Die vom Robert Koch-Institut (RKI) auf der Grundlage des § 4 Abs. 2 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes veröffentlichte Empfehlung zu der in Abs. 1 Satz 1 genannten Krankheit ist dabei zu berücksichtigen.

Nach den Empfehlungen des RKI ( https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Empfehlung_Meldung.html ) sind aber nicht nur Ärzte, sondern auch Angehörige eines anderen Heil- oder Pflegeberufs und Leiter von Einrichtungen (vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 1–6 IfSG) zur Meldung verpflichtet, um frühzeitig Ausbrüche von COVID-19 zu erkennen und Maßnahmen zum Schutz vulnerabler Gruppen einleiten zu können. Die namentliche Meldung muss unverzüglich erfolgen und dem zuständigen Gesundheitsamt (zu finden über: https://tools.rki.de/PLZTool/ ) spätestens 24 Stunden, nachdem der Meldende Kenntnis erlangt hat, vorliegen. Eine Meldung darf wegen einzelner fehlender Angaben nicht verzögert werden (vgl. § 9 Abs. 3 IfSG). Der notwendige Meldeinhalt findet sich in den Empfehlungen des RKI.

Die Pflicht zum Fiebermessen beziehungsweise zu dessen Duldung wie auch Testungen auf COVID-19 können bei Arbeitnehmern/-innen auf Grundlage des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts gemäß § 106 GewO angeordnet werden. Es ist anerkannt, dass der Arbeitgeber in bestimmten Fällen, zum Beispiel Vorliegen von Verdachtsfällen, Arbeitnehmer war in einem Risikogebiet, das Unternehmen liegt in einer Region mit besonders viel Infizierten, behördliche Anordnung et cetera gute Argumente für ein derartiges Vorgehen hat. Bei Nichtbefolgen kann der Arbeitgeber die weitere Tätigkeit untersagen, die Weigerung zudem arbeitsrechtlich sanktionieren und er schuldet für diesen Zeitraum auch keinen Annahmeverzugslohn (Fuhlrott, GWR 2020, 107 ff). Es sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach §§ 87 Nr. 1, 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu beachten.

Ein Recht zur Arbeitsverweigerung unter Berufung auf die „Ansteckungsgefahr“ besteht grundsätzlich nicht. Bei vulnerablen Arbeitnehmern/-innen mit gesundheitlichen Vorerkrankungen können größere Risiken im Fall einer Infektion (zum Beispiel Schwangere) und eine begründete Angst vor Ansteckung jedoch im Einzelfall eine andere Beurteilung rechtfertigen. Arbeitnehmer benötigen dann aber aus Beweisgründen ein entsprechendes ärztliches Attest, um arbeitsrechtliche Konsequenzen einer unbegründeten Arbeitsverweigerung, wie zum Beispiel eine Abmahnung et cetera, zu vermeiden.

Auch ein Recht auf Homeoffice, sofern als Alternative zum Arbeiten im Büro denkbar, gibt es (derzeit) grundsätzlich noch nicht. Gleichwohl kann es für Arbeitgeber sinnvoll sein, zum Schutz der Arbeitnehmer sich auf eine vorübergehende Homeoffice-Tätigkeit zu einigen, insbesondere bei Vorliegen entsprechender behördlicher Empfehlungen, um sich nicht Schadensersatzansprüchen gemäß § 618 Abs. 3 BGB auszusetzen.

Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht gehalten, regelmäßig die Gefährdungsbeurteilungen des Arbeitsplatzes durch Fachexperten zu prüfen und hiernach angemessene Schutzmaßnahmen, zum Beispiel nach den TRBA 250, KRINKO oder RKI-Empfehlungen, zu treffen. Insbesondere Mitarbeiter in Arztpraxen, Kliniken, Laboren et cetera können daher die Zurverfügungstellung geeigneter Schutzkleidung verlangen, wenn sie mit potenziell Infizierten oder an COVID-19 Erkrankten in Kontakt kommen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß §§ 87 Abs. 1 Nr. 1, 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ist vom Arbeitgeber zu wahren. Auch ist der Arbeitgeber zur gesundheitlichen Aufklärung und Unterweisung in Schutzmaßnahmen verpflichtet, § 12 Abs. 1 ArbSchG. Kommt er dem nicht nach, besteht gegebenenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 618 Abs. 3 BGB.

Fernbleiben von der Arbeit Ein Fernbleiben der Arbeitnehmer/-innen ist gerechtfertigt, wenn – wegen des Kontakts mit Infizierten eine Quarantäne gemäß §§ 28, 30 IfSG angeordnet wird (sogenannte Anordnung einer häuslichen Absonderung). Der gesunde, sich in Quarantäne befindliche Arbeitnehmer erhält für den Zeitraum der Quarantäne maximal bis zu sechs Wochen sein Gehalt vom Arbeitgeber weitergezahlt (§ 56 Abs. V S. 1 IfSG). Der Arbeitgeber kann den Betrag der Entgeltfortzahlung bei der zuständigen Behörde beantragen (§ 56 Abs. V S. 2 IfSG). Für medizinisches Personal gelten gesonderte Empfehlungen des RKI für SARS-CoV-2-Kontaktpersonennachverfolgung für medizinisches Personal in Arztpraxis und Krankenhaus bei relevantem Personalmangel, die unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Grafik_Kontakt_HCW.pdf?__blob =publicationFile abrufbar sind und je nach Expositionsrisiko Ausnahmen von der Dauer der Quarantäne (sieben Tage Quarantäne) bei Kontaktpersonen 1 und der zu benutzenden Schutzausrüstung (Mund-Nasen-Schutz et cetera) zulassen. Ansonsten, das heißt ohne relevanten Personalmangel, gilt die Kontaktpersonennachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen für medizinisches Personal ( https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Grafik_Kontakt_HCW.pdf ).

Systemrelevanten Berufen, wie denen der MTA, steht grundsätzlich eine Notbetreuung wegen der Schul- und Kitaschließungen zu. Sofern Sie diese nicht sofort organisiert bekommen, können Sie für eine begrenzte Zeit von der Arbeit fernbleiben. Gemäß § 56 Abs. 1a IfSG können erwerbstätige Sorgeberechtigte, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten aufgrund des IfSG vorübergehend geschlossen oder deren Betreten untersagt werden, für ihre Kinder, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind, die sie nun selbst betreuen müssen, da keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sichergestellt werden kann, Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalls bis maximal sechs Wochen erhalten. Ferienzeiten sind davon ausgenommen (§ 56 Abs. 2 S. 4 IfSG). Der Arbeitgeber kann von der zuständigen Behörde eine Entschädigung dafür beantragen (§ 56 Abs. 5 IfSG). Der Betrag ist auf monatlich höchstens 2.016,00 Euro begrenzt. Diese Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2020.

Am 27. März 2020 ist eine Änderung zu § 69 Strahlenschutzverordnung in Kraft getreten, nach der bei beruflich exponierten Schwangeren oder Stillenden der Strahlenschutzverantwortliche dafür Sorge zu tragen hat, dass die Arbeitsbedingungen so angepasst werden, dass eine innere Exposition ausgeschlossen wird und die Exposition muss wöchentlich ermittelt sowie der betroffenen Person unverzüglich mitgeteilt werden.

Ist das Kind älter als zwölf Jahre, besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung nur, wenn Arbeitnehmer selbst erkrankt sind, unter behördlich angeordneter Quarantäne stehen oder die Norm des § 616 BGB – wie in den meisten Standardarbeitsverträgen – nicht abbedungen ist. In letzterem Fall wird dann in der Regel für fünf Tage eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers angenommen.

Neuerungen bei Arbeitsunfähigkeit: Aufgrund einer entsprechenden Verständigung des GKV-Spitzenverbands mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) kann nunmehr bei Atemwegserkrankungen auch nach telefonischer ärztlicher Konsultation für die Dauer von 14 Tagen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass es sich um eine leichte Erkrankung der oberen Atemwege handelt. In solchen Fällen ist die telefonische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) auch möglich, wenn der Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus besteht. Alle Regelungen gelten ebenfalls für die Ausstellung einer ärztlichen Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei der Erkrankung eines Kindes. Die Anzeigepflichten des Arbeitnehmers und das Recht des Arbeitgebers, auch schon am ersten Tag der Erkrankung ein ärztliches Attest verlangen zu dürfen, bleiben hiervon unberührt.

Der Arbeitgeber darf Arbeitnehmer zum Beispiel bei Verdachtsfällen im Betrieb von der Arbeitspflicht freistellen. Anders als bei einer behördlich angeordneten Quarantäne sind die betroffenen Arbeitnehmer damit frei, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen soweit durch staatliche Vorgaben in Zeiten von Corona gestattet. Weist der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin durch ärztliches Attest nach, dass keine Coronaerkrankung vorliegt, ist er/sie weiter zu beschäftigen.

Arbeitszeit Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz wurden durch die meisten Länder durch Ausnahmebewilligungen für die Sonn- und Feiertagsarbeit sowie durch Abweichungen von der täglichen Höchstarbeitszeit für gewisse Tätigkeiten, wie auch die im Gesundheitswesen, gemäß § 15 Abs. 2 ArbZG zugelassen, um die intensivere Arbeit im Gesundheitswesen zu ermöglichen. Die für Sie maßgebende Änderung finden Sie unter: www.dvta.de . Darüber hinaus kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung in außergewöhnlichen Notfällen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Trag-weite im Sinne des § 5 Abs. 1 IfSG, wie der Coronapandemie, Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz erlassen.

Der Arbeitgeber kann im Rahmen der gesetzlichen, arbeits- und tarifvertraglichen Grenzen aufgrund seines Direktionsrechts gemäß § 106 BetrVG Überstunden und weitere Schichten anordnen. Die Vorschriften des Arbeitsschutzrechts zu Ruhezeiten, Pausenzeiten und Höchstarbeitszeit sind einzuhalten (§ 3 ff. ArbZG). Auch ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zu wahren (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG). Sofern es zu internen Umsetzungen von mehr als einem Monat kommt, ist die Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG als Versetzung zu beachten.

Soll auch an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden, ist die Beantragung einer behördlichen Ausnahmegenehmigung gemäß § 15 Abs. 2 ArbZG erforderlich, sofern der Tarifvertrag dies nicht schon zulässt. Ausnahmegenehmigungen kommen in Betracht, wenn sie „im öffentlichen Interesse dringend nötig werden“, das heißt, wenn ohne Ausnahmeregelung der Allgemeinheit oder einem erheblichen Teil der Bevölkerung ein nicht nur geringfügiger Schaden droht (ErfK/Wank, 20. Aufl., 2020, § 15 ArbZG, Rn. 8). Dies dürfte zum Beispiel bei Betrieben, die etwa Schutzkleidung oder Desinfektionsmittel produzieren, zu bejahen sein, wie auch im Krankenhaus, um die Versorgung in Zeiten der Coronakrise zu gewährleisten.

Personalmangel Gerade in Zeiten von Corona sind Arbeitnehmer, insbesondere auch MTA, durch Arbeitsverdichtung belastet. Arbeitnehmer sollten auch an sich denken und rechtzeitig Überlastungsanzeigen stellen, da es dem Arbeitgeber nicht hilft, wenn Sie wegen Überlastung aus physischen oder psychischen Gründen krank werden. Den Arbeitgeber trifft auch in Zeiten von Corona die Pflicht, Arbeitnehmer vor derartigen Belastungen, soweit möglich, zu schützen. Auch haben die Arbeitnehmer die Pflicht, dem Arbeitgeber Gesundheitsgefährdungen anzuzeigen (§ 16 I ArbSchG). Der Arbeitgeber kann gerade auch in Krisenzeiten, wie den jetzigen, Arbeitnehmer, die entsprechend qualifiziert sind, in anderen Bereichen einsetzen, um diese Belastungsspitzen abzupuffern. Dies gebietet auch seine Organisationspflicht.

Zur Abmilderung von Personalmangel ist auch der Einsatz von Leiharbeitnehmern denkbar (§ 14 Abs. 3 AÜG). Auch hier sind die Beteiligungsrechte des Betriebsrates zu wahren.

Befristete Arbeitszeiterhöhungen sind ebenfalls möglich. Diese befristeten Vertragsänderungen unterliegen einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 305 ff. BGB. Der sachliche Grund der befristeten Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen dürfte in der aktuellen Situation zum Beispiel im vorübergehenden Personalbedarf zu sehen sein.

Befristete Einstellungen können sachgrundlos gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG erfolgen. Denkbar wären Zeiträume von wenigen Monaten bis zu zwei Jahren. Bei bereits zuvor im Unternehmen Beschäftigten käme eine Befristung mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG wegen vorübergehenden Bedarfs der Arbeitsleistung infrage. Es sind aber die Beteiligungsrechte des Betriebsrates nach § 99, 92 BetrVG zu wahren. Die Möglichkeit der Durchführung einer vorläufigen personellen Maßnahme eröffnet § 100 BetrVG.

Brechen hingegen Aufträge weg, da zum Beispiel alle nicht notwendigen Operationen et cetera verschoben werden, kann durch den Arbeitswegfall eine Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich sein. Die Arbeitnehmer erhalten dann gemäß § 615 BGB weiterhin aufgrund der Grundsätze der Betriebsrisikolehre ihr Gehalt als Annahmeverzugslohn, da sie ihre Arbeitsleistung ja erbringen wollen, der Arbeitgeber sie aber nicht annimmt. Etwas anderes kann nur gelten, wenn durch das aktuelle Coronageschehen eine wirtschaftliche Existenzgefährdung des Arbeitgebers eintritt. In derartigen Notlagen wird der Arbeitgeber von dieser Annahmeverzugslohnzahlung frei.

Unbezahlter Urlaub kann nur einverständlich zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden. Das Verbrauchen von regulären Urlaubsansprüchen oder Freistellungen unter Anrechnung auf den Urlaub können ebenfalls nicht einseitig angeordnet werden. Betriebsferien können zwar vom Arbeitgeber – bei bestehendem Betriebsrat in Zusammenarbeit mit diesem – angeordnet werden, bedürfen aber einer rechtzeitigen Ankündigung von mindestens einigen Monaten, damit der Arbeitnehmer sich hierauf einstellen kann. Sie dürften daher vorliegend kein geeignetes Mittel sein.

Derartige wirtschaftliche Folgen können durch Kurzarbeitergeld abgefedert werden. Voraussetzung dafür ist, dass dies in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Arbeitsvertrag vorgesehen ist. Im TV-L, TVöD und AVR finden sich dazu jedoch derzeit noch keine Regelungen. Im Bereich TVöD-VKA haben die Gewerkschaften und Arbeitgeber Tarifverhandlungen dazu aufgenommen. Bestehen derartige Regelungen nicht, kann eine Regelung über Kurzarbeit nur einvernehmlich zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden. Zudem sind für die Einführung von Kurzarbeit und den Erhalt von Kurzarbeitergeld entsprechende Anträge an die jeweils zuständigen Agenturen für Arbeit erforderlich (§§ 95 ff. SGB III).

Voraussetzung dafür ist, dass ein erheblicher, vorübergehender und nicht vermeidbarer Arbeitsausfall droht. Die Arbeitsagenturen sehen das Coronavirus in der Regel als „unabwendbares Ereignis“ im Sinne von § 96 SGB III an. Zudem hat das am 13. März 2020 in Kraft getretene „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ einige Erleichterungen bei der Einführung von Kurzarbeit zugelassen. Ein „erheblicher Arbeitsausfall“ ist nun gegeben, wenn zehn Prozent (statt bisher ein Drittel) der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer vom Entgeltausfall betroffen sind. Auch wird auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden (i. S. v. § 96 Abs. 2 Nr. 2 SGB III) zur Vermeidung von Kurzarbeit verzichtet. Zudem können den Arbeitgebern, die von diesen nach den bisherigen Regelungen zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge erstattet werden. Die Arbeitnehmer erhalten dann für die ausgefallene Arbeitszeit Kurzarbeitergeld. Ein entsprechender Rechner findet sich auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit unter: https://www.arbeitsagentur.de/finanzielle-hilfen/kurzarbeitergeld-arbeitnehmer.

Als letztes Mittel sind auch betriebsbedingte Kündigungen gemäß § 1 II S. 1, 3. Var. KSchG denkbar.

Ist ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer, also mehr als zehn Prozent, von den Maßnahmen betroffen, sind in Betrieben mit Betriebsräten Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen durchzuführen (§ 111 ff. BetrVG). Bei Erreichen der Schwellenwerte des § 17 KSchG ist zudem an die Erstattung einer Massenentlassungsanzeige und gegebenenfalls deren Beratung mit den Arbeitnehmervertretungen zu denken.

Fazit Auch in Zeiten von Corona gelten die bisherigen Regelungen des Arbeitsrechtes grundsätzlich weiter und wurden befristet nur insoweit angepasst, um die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten, den Gesundheitsschutz gleichwohl zu gewährleisten und die Arbeitnehmer gegen finanzielle Risiken so gut wie möglich abzusichern.

Was heißt das für Sie als MTA?

MTA erbringen in Zeiten von Corona Spitzenleistungen im Kampf gegen das Coronavirus. Sie sollten gleichwohl darauf achten, dass Sie Ihre eigene Gesundheit im Auge haben, die erforderlichen Schutzmaßnahmen einfordern und sich vor Überlastung durch zu hohe Arbeitszeiten und Arbeitsverdichtung rechtzeitig durch eine Überlastungsanzeige schützen. Im eigenen Interesse sollten Sie für Ihre Höchstleistungen und den unermüdlichen Einsatz einen Bonus in Höhe von mindestens monatlich 500 Euro, wie auch von Verdi vorgeschlagen, fordern.

Sofern Kurzarbeit im Raume stehen sollte, darf dies nicht einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden, und es sind die Voraussetzungen zur Vermeidung von Kurzarbeit wie zum Beispiel der Abbau von Überstunden oder das einvernehmliche Einbringen von Urlaub vorab zu prüfen.

Bei Fragen rund um Corona wie auch sonst zu arbeits- und berufsrechtlichen Fragen wenden Sie sich gerne an unsere Rechtsanwältinnen im Rahmen der Rechtsprechstunde des DVTA.

Es gibt einen Verordnungsentwurf, der das BMG zur „Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs“ bevollmächtigen soll, wozu „Arzneimittel, deren Wirk-, Ausgangs- und Hilfsstoffe, Medizinprodukte, Labordiagnostika, Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung sowie Produkte zur Desinfektion“ gehören sollen, sodass dieses die betreffenden Produkte selbst oder durch von ihnen beauftragte Stellen „beschaffen, lagern, herstellen und in den Verkehr bringen“ dürfen. Begründet wird dies damit, dass die „zentrale Verteilung und damit bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung“ sichergestellt werden soll. Auch soll es temporäre Änderungen des Transfusionsgesetzes geben, sodass das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) „ermächtigt“ wäre, im Einvernehmen mit dem Robert Koch-Institut (RKI) und mit Zustimmung des BMG „Eignungs-, Tauglichkeits- und Rückstellungskriterien für Vollblut, Blutbestandteile und Plasma spendende Personen“ abweichend vom Transfusionsgesetz festzulegen und auf seiner Internetseite bekanntzumachen. So soll der Kreis der Blutspender altersmäßig von 17 bis 70 Jahre erweitert werden und auch Personen, nach einer Erkrankung mit grippeähnlichen Symptomen, einschließlich einer Influenzaerkrankung, Blut spenden dürfen, wenn diese Grippesymptome seit 14 Tagen verschwunden sind.

Sobald die Verordnung erlassen ist, werden wir mehr darüber berichten.

Anwaltskanzlei HMR, E. Müller-Rawlins, Rechtsanwältin

Entnommen aus MTA Dialog 5/2020

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