„Back-up“-System bei Nervenzellen entdeckt

Ausfälle der Energieversorgung kompensieren
lz
Nervenzellen_Adobe.jpg
© Solvod, stock.adobe.com
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.


Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in präklinischen Untersuchungen entdeckt, dass Nervenzellen über ein Notfallsystem verfügen, um bei Störungen in der Energieversorgung funktionsfähig zu bleiben.

In ihren präklinischen Untersuchungen wies das Forschungsteam um Matej Hotka und Helmut Kubista von der Abteilung für Neurophysiologie und -pharmakologie des Zentrums für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien drei Regulationssysteme je Gehirnnervenzelle (Neuron) nach. Falle eines dieser Systeme aus, übernehme ein anderes und gewährleiste, dass die Energiebereitstellung je nach Anforderung in ausreichendem Ausmaß ablaufe. Konkret handelt es sich um das Glycerin-3-Phosphat-Shuttlesystem (G3PS), das die Wissenschafter/-innen als essentielles Back-up identifizierten. Bislang wurde das Vorhandensein dieses biochemischen Transportmechanismus in Neuronen von der Forschung infrage gestellt, da dort ein anderes System (Malat-Aspartat-Shuttle, MAS) vorherrscht. Laut der aktuellen Studie sei das G3PS aber auch in Nervenzellen lebenswichtig.

Einsatz folgt einer Hierarchie

Wie die Forscher/innen darüber hinaus beobachteten, folgt der Einsatz des Notfallsystems in den Neuronen einer Hierarchie: Während sich die ersten beiden Regulationsmechanismen ihre Back-up-Pflichten teilen, trete das dritte erst dann auf den Plan, wenn die zwei anderen nicht ausreichend funktionieren. „Ein Grund dafür liegt sehr wahrscheinlich darin, dass die Beteiligung von System Nummer drei mit einem ungünstigen Nebeneffekt verbunden ist“, erklärt Helmut Kubista. „Es führt zur Bildung von Sauerstoffradikalen, die in hohen Mengen Schädigungen der Nervenzellen nach sich ziehen können. Darum springt es vermutlich nur dann ein, wenn der Energiebedarf über die beiden anderen Systeme nicht gedeckt werden kann.“

Weder Unter- noch Überversorgung

Nervenzellen sind für die Verarbeitung und Übertragung von Informationen im Körper zuständig. Die Energie, die die Neuronen für den Ablauf dieser aufwendigen Prozesse benötigen, wird ihnen zu einem wesentlichen Teil von den Mitochondrien zur Verfügung gestellt. Diese „Kraftwerke“ müssen ihre Treibstoffproduktion allerdings an die jeweiligen energetischen Bedürfnisse der Zellen anpassen. Das nun identifizierte Zusammenspiel der drei Regulationssysteme stelle dabei sicher, dass es hier weder zu einer Unter- bzw. Überversorgung noch zu einem Ausfall kommt.

Die in der Studie entdeckte Rolle des G3PS zur akuten Abwehr neuronaler Notfälle könnte einen Beitrag zur Erforschung verschiedener Funktionsstörungen des Gehirns leisten, wie sie z. B. durch angeborene Defekte im MAS-Regulationsmechanismus herbeigeführt werden. So könnten unter anderem neue Erkenntnisse und Therapieansätze für eine Form frühkindlicher epileptischer Enzephalopathie folgen, falls sich G3PS auch in Neuronen des menschlichen Gehirns nachweisen lässt.

Literatur:
Dhoundiyal A, Goeschl V, Boehm S, Kubista H, Hotka M: Glycerol-3-phosphate shuttle is a backup system securing metabolic flexibility in neurons. Journal of Neuroscience, DOI: doi.org/10.1523/JNEUROSCI.0193-22.2022.

Quelle: MedUni Wien

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige