„Bestmögliche Diagnosemöglichkeiten für die kleinen Patienten“

Interview mit Carl-Martin Junge
Die Fragen stellten Ludwig Zahn und Gisela Klinkhammer.
„Bestmögliche Diagnosemöglichkeiten für die kleinen Patienten“
CT IQon Spectral im Altonaer Kinderkrankenhaus. Frauke Meinken, Leitende MTRA (rechts), mit einer Patientin (Mitte) und Madeleine Fischer, Oberärztin pädiatrische Radiologie (links) Für alle: © AKK
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.


Das Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) hat vor Kurzem einen neuen Magnetresonanztomografen (MRT) erhalten. Bereits 2019 hatte die Klinik einen neuen Computertomografen (CT), das IQon Spectral CT von Philips, eingeführt. Carl-Martin Junge,Ärztliche Leitung pädiatrische Radiologie im AKK, berichtet im Interview mit MTA Dialog über die Erfahrungen mit diesen Geräten.

Sie haben das IQon Spectral CT von Philips in der pädiatrischen Radiologie eingeführt. Was waren die ausschlaggebenden Gründe und wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit diesem Gerät?

Für unsere kleinen Patienten* möchten wir die bestmöglichen Diagnosemöglichkeiten vorhalten, die Anschaffung dieses modernen Geräts war vor diesem Hintergrund eine konsequente Weiterentwicklung unserer pädiatrischen Radiologie.

Im Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) befindet sich die größte kinderorthopädische Abteilung Deutschlands. Aus ganz Europa kommen Kinder und Jugendliche, um sich im AKK behandeln zu lassen. Bei uns werden auch sehr herausfordernde und umfangreiche Operationen durchgeführt, die andernorts nicht zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel Operationen bei schwersten Skoliosen, Umstellungsosteotomien und Tumorrekonstruktionen. Für die detaillierte OP-Planung sind hochauflösende und zum Teil auch dreidimensionale Aufnahmen essenziell wichtig. Dies war eines der Hauptargumente für die Anschaffung des IQon Spectral CT.

Darüber hinaus sind auch die Ansprüche an eine spezifische kinderärztliche Traumaversorgung in Hamburg gestiegen. So beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Jahr 2018, dass Krankenhäuser je nach Ausstattung und Leistungsangebot eingruppiert werden sollen. Das Altonaer Kinderkrankenhaus verfügt über die höchste Stufe der Kindernotfallversorgung (Stufe 3). Das Vorhalten eines Computertomografen ist Voraussetzung, um diese höchste Zertifizierungsstufe zu erreichen. Zudem hat der Bedarf einer spezialisierten und möglichst strahlenreduzierten Diagnostik bei Notfallpatienten die Überlegungen für die Anschaffung dieses hochmodernen Computertomografen maßgeblich beeinflusst. Auch aufgrund unserer pädiatrischen Ausrichtung auf chronische Lungenerkrankungen – das Altonaer Kinderkrankenhaus versorgt unter anderem Patienten mit Mukoviszidose – war klar, dass wir ein CT-Gerät benötigen, das all unseren unterschiedlichen Anforderungsprofilen gerecht wird. Deswegen haben wir uns, trotz der geringeren zu erwartenden Fallzahlen als in anderen Akutkrankenhäusern, zugunsten der deutlich erweiterten diagnostischen Möglichkeiten und damit besseren Versorgung der Patienten entschieden.

Mit dem innovativen Spektraldaten-CT sind wir in der Lage, die in der pädiatrischen Radiologie sehr unterschiedlichen diagnostischen Fragestellungen deutlich umfangreicher und vor allem mit geringerer Strahlendosis zu beantworten. In einem Scandurchlauf mit dem IQon Spectral werden innerhalb von wenigen Sekunden und bei geringstmöglicher Strahlung mehrere Hundert Bilder vom untersuchten Körperteil aufgenommen. Knochen- und Gewebe-strukturen werden gleichzeitig aus verschiedenen Perspektiven und unter anderem in 3-D-Optik aufgezeichnet. Die umfangreichen und detaillierten Bildinformationen ermöglichen es uns, auch im Nachhinein für die Diagnosestellung wichtige Daten abzufragen und auszuwerten. Kurzfristige Wiederholungs- oder Ergänzungsuntersuchungen gibt es nicht. In Verbindung mit speziell für Kinder entwickelten strahlenreduzierten Untersuchungsabläufen kommen wir zu einer Vervielfachung unserer diagnostischen Möglichkeiten.

Unsere Wünsche und Anforderungen, die wir an die Anschaffung des Geräts gestellt haben, haben sich in jeder Hinsicht, sowohl bezüglich der Strahlenreduzierung als auch der neuen diagnostischen Möglichkeiten, absolut bewahrheitet. Die Entwicklung von standardisierten Untersuchungsabläufen und Verfahren speziell für die pädiatrische CT-Diagnostik haben wir sozusagen von null an begonnen und sie ist noch lange nicht abgeschlossen. Es gibt wohl eine Vielzahl von Untersuchungsstandards und erprobten Untersuchungsabläufen für erwachsene Patienten, aber Kinderkliniken haben in der Regel keine eigenen CT-Geräte und wenn, dann nicht mit den umfangreichen diagnostischen Möglichkeiten, die unser „High-End-Gerät“ bietet. Deshalb nehmen wir bei der Standardisierung der Untersuchungen auch eine gewisse Vorreiterrolle ein.

Wie lange hat es gedauert, die Vorgaben für die Untersuchungsabläufe speziell für Kinder maßzuschneidern? Gab es hier besondere Herausforderungen?

Wir waren im Jahr 2019 die erste Kinderklinik in Europa, die so ein hochmodernes Spektraldaten-CT angeschafft hat. Aus diesem Grund gab es auch kaum eine Möglichkeit, auf Erfahrungsberichte anderer pädiatrischer radiologischer Abteilungen zurückzugreifen. Lediglich eine Kinderklinik in den USA hat einen IQon Spectral CT im Einsatz. Deren Erfahrungen werden bei der Erarbeitung unserer Protokolle mitberücksichtigt. Da die Anforderungen an die Bildgebung jedoch von Krankenhaus zu Krankenhaus anders gelagert sind, waren wir – und sind es immer noch – gefordert, mit viel Überlegung und dem besonderen Augenmerk auf den in der Kinderradiologie für die Patienten immens wichtigen Strahlenschutz Routinen und Standardisierungen zu entwickeln, die uns die enormen diagnostischen Möglichkeiten, die der neue CT bietet, auch erschließen. Insbesondere in der Kinderradiologie achten wir mit größter Sorgfalt und intensiv auf die maximale Reduzierung der mit einer CT-Untersuchung zwangsläufig verbundenen Röntgenstrahlung. Auch hierbei hilft uns die neue Konstruktion des IQon Spectral mit einer bereits gerätetypisch sehr niedrigen Strahlendosis.

MRT Ingenia Ambition X im Altonaer Kinderkrankenhaus. Durch die Gantry ist die „In-Bore-Lösung“ (Videofunktion) zu sehen.

Sie haben außerdem den Ingenia Ambition X MRT eingeführt. Was waren hier die ausschlaggebenden Gründe und wie sind Ihre Erfahrungen mit diesem Gerät?

Vor mehr als 13 Jahren haben wir im AKK mit der MRT-Diagnostik begonnen. Wir haben uns damals zur Anschaffung eines offenen Hochfeld-MRT entschieden, den Panorama 1T von Philips. Viele Jahre leistete dieses Gerät treue Dienste und die Compliance der Patienten war aufgrund der offenen Bauweise sehr gut. Mehr als 15.000 Untersuchungen wurden durchgeführt und die MRT-Technik fest im Altonaer Kinderkrankenhaus etabliert. In den 13 Jahren, die wir das Gerät in der Anwendung hatten, ist die Entwicklung der MR-Technik vorangeschritten, sodass es für uns eine logische Konsequenz war, ein neueres und modernes Gerät anzuschaffen. Auch bei dieser Neuanschaffung haben wir die maximale Ausbaustufe gewählt, die alle Möglichkeiten der modernen Technik erschließt. Die Wahl fiel auf den Ingenia Ambition X MRT aus dem Hause Philips.

Das volldigitale 1,5-Tesla-System kann die Untersuchungszeit um die Hälfte verkürzen**, dies ermöglicht die Compressed SENSE Funktion, eine neue Beschleunigungstechnologie. Leider wurde die offene Bauweise zugunsten höherer Auflösungen und stabilerer Magnetfelder allgemein aufgegeben, sodass wir nur noch die Wahl zwischen konventionellen Tunnelsystemen hatten. Die Öffnung („Bore“) am neuen Gerät ist mit 70 cm Durchmesser besonders groß, sodass Platzangst von vornherein vermieden wird. Das Gerät bietet außerdem die Möglichkeit, dass die Kinder während der Untersuchung ein Video anschauen können. Dank dieser sogenannten In-Bore-Lösung ist die Compliance auch bei jüngeren Kindern deutlich höher und eine entspannte und ruhige Lagerung, die für hochauflösende Bilder notwendig ist, wird sehr oft ohne Sedierung erreicht. Mit dem Ingenia Ambition X haben wir umfangreiche patientenorientierte Hilfestellungen bekommen, die die „Angst vor der Röhre“ fast komplett reduzieren. Dies ist bei einem MRT-Gerät besonders wichtig, da die Patienten während einer Untersuchung länger in „der Röhre“ verbleiben müssen als es bei Untersuchungen im Computertomografen der Fall ist. Insgesamt stellt die hochmoderne Technik des Geräts einen Quantensprung zu herkömmlichen Magnetresonanztomografen dar. Ich freue mich sehr, dass wir als erste Kinderklinik in Europa einen Ingenia Ambition X MRT angeschafft haben.

Was sagen die MTRA zu den beiden Geräten?

Wir, sowohl Ärzte als auch MTRA in der pädiatrischen Radiologie, haben uns natürlich ganz besonders gefreut, die vielen neuen Möglichkeiten beider Geräte zu nutzen. Die MTRA haben in unserem Hause eine ganz besondere Beziehung zu den kleinen Patienten. Sie hatten keinerlei Probleme, diese an die Geräte heranzuführen. Für die Aufklärungsarbeit gegenüber Patienten und Eltern haben wir einen Erklärfilm produziert. Dieser informiert kindgerecht über Gerätetechnik und Untersuchungsablauf im CT. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass dieser Film, bereitgestellt auf einem Tablet-PC, uns in der Patientenansprache sehr unterstützt und auch die Compliance verbessert.

Was mich persönlich besonders gefreut hat, war die konsequente Zuwendung der Mitarbeiter zu der hier im Hause ganz neuen CT-Technologie. Aufgrund des sehr großen Einsatzes unserer MTRA und der Unterstützung der Firma Philips durch entsprechende Schulungsmaßnahmen für unser gesamtes Team ist die Umstellung auf die neuen Geräte ohne Schwierigkeiten gelungen. Inzwischen sind beide Geräte voll integriert und werden mit einer großen Selbstverständlichkeit täglich benutzt.

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf die pädiatrische Radiologie in Ihrem Hause ausgewirkt?

Mit dem Beginn der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ist die Nachfrage nach radiologischen Untersuchungen natürlich auch zurückgegangen. Selbst lange im Voraus geplante Untersuchungstermine wurden abgesagt oder von den Patienten nicht wahrgenommen. Auch Untersuchungen bei Notfallpatienten, etwa die unfallchirurgischen Fälle, zeigten eine Reduzierung. Dies liegt darin begründet, dass das Patientenaufkommen in unserer Zentralen Notfallambulanz während der Krise geringer war als normalerweise üblich. Leider sind viele Patienten ohne Absage eines Termins nicht zur geplanten Untersuchung erschienen. Dieser Umstand erforderte einen deutlich erhöhten Aufwand an telefonischen Rückfragen bei Patienten als in der Zeit vor der Pandemie.

Wie reagieren die behandelten Kinder auf die Coronavirus-Meldungen?

Unsere Erfahrung ist, dass die kleinen Patienten das Coronavirus kaum als Bedrohung empfanden. In der Aufgeschlossenheit oder Unsicherheit gegenüber den verschiedenen radiologischen Untersuchungen war hier kein Unterschied festzustellen. Eltern waren in der Regel bereits so gut vorinformiert, dass umfangreiche Aufklärungen und vor allem Erklärungen in Bezug auf das Coronavirus und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen nur selten notwendig waren.

Carl-Martin Junge, Ärztliche Leitung pädiatrische Radiologie im Altonaer Kinderkrankenhaus

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Formen. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten dennoch für beiderlei Geschlecht.

** Im Vergleich zu Philips-MRT-Systemen ohne Compressed SENSE

Entnommen aus MTA Dialog 8/2020

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige