Bundesärztekammer und Hilfsorganisationen: Einsatz für wirksame Krisenintervention

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Ein staatlich organisiertes medizinisches Hilfswerk ist eine notwendige Ergänzung, um die gesundheitliche Versorgung in Krisengebieten schnell und unbürokratisch zu helfen. hydebrink/fotolia
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Die Bundesärztekammer und Hilfsorganisationen haben eine engere Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Strategien für eine effizientere Krisenintervention beschlossen.

„Ebola hat Deutschland und der Weltgemeinschaft vor Augen geführt, dass wir bei der nächsten Pandemie besser vorbereitet sein müssen. Wir müssen jetzt die Strukturen schaffen, damit wir im Ernstfall schnell und unbürokratisch helfen können.“ Das sagte Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), bei einem Treffen der BÄK mit Hilfsorganisationen und ärztlichen Verbänden in Berlin. Die Beratungen waren der Auftakt für eine engere Zusammenarbeit der Organisationen bei der Entwicklung von Strategien für eine effizientere Krisenintervention.

Montgomery begrüßte ausdrücklich die Einrichtung eines medizinischen Notfallkorps der Europäischen Union gegen weltweite Epidemien. Ein staatlich organisiertes medizinisches Hilfswerk sei eine notwendige Ergänzung, um die gesundheitliche Versorgung in Krisengebieten gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen schnell und unbürokratisch zu unterstützen. Deutschland wird sich an dem Projekt mit der Bereitstellung eines mobilen Isolationskrankenhauses des Deutschen Roten Kreuzes, mit einem mobilen Labor sowie mit logistischer Unterstützung beteiligen.

 „Dies allein wird aber nicht reichen. Wir müssen dringend administrative Hindernisse für Helfer beseitigen“, forderte der BÄK-Präsident. Es müsse sichergestellt sein, dass Helfer im Schadensfall sicher in ihre Heimat zurückgebracht werden. Zudem seien sozialversicherungsrechtliche Probleme zu lösen, damit keine Lücken etwa bei der Altersvorsorge der Freiwilligen entstehen. Nötig seien auch arbeitsrechtliche beziehungsweise tarifvertragliche Regelungen, die eine begrenzte Freistellung von Arbeitnehmern ermöglichen. Rudolf Henke, Erster Vorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, konstatierte, dass es im deutschen Recht bislang keine Freistellungsregelung gebe. Bestehende Gesetze, wie das Arbeitsplatzschutzgesetz oder die tarifvertraglichen Regelungen für Sonderurlaub müssten nachjustiert werden.

Dr. Volker Westerbarkey, Vorstandsvorsitzender von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, sieht ebenfalls dringenden Handlungsbedarf. Seine Organisation war bei der Ebola-Epidemie in Westafrika im Einsatz, lange bevor die Weltgesundheitsorganisation den Pandemiefall ausrief. Westerbarkey forderte für Ärzte in Einsatzgebieten eine Statusanerkennung als humanitärer Helfer, was ihnen eine soziale Absicherung wie zum Beispiel durch Berufsgenossenschaften deutlich erleichtern würde. An die Ärztekammern richtete sich seine Forderung, Einsätze in Krisengebieten als Weiterbildungszeit anzuerkennen. Die Bundesärztekammer sicherte zu, dafür alle Möglichkeiten im Rahmen der Novelle der (Muster)-Weiterbildungsordnung zu prüfen.###more###

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) zeigte die hohen, aber unbedingt notwendigen Qualifikationsanforderungen für Helfer bei Auslandseinsätzen auf. „Wichtig ist es, dass die Helfer langfristig an die Organisationen gebunden werden, um im Ernstfall schnell reagieren zu können. Von den mehr als 4.000 Menschen, die sich nach einem Aufruf des Deutschen Roten Kreuzes, des Bundesgesundheitsministeriums und der Bundesärztekammer während der Ebola-Krise als Helfer zur Verfügung stellen wollten, konnten letztlich aufgrund unzureichender Eignung, falscher Vorstellungen und Motivationen sowie mangelnder zeitlicher Flexibilität nur rund 100 in die Krisengebiete geschickt werden“, sagte Thomas Schade vom DRK. Hilfsorganisationen müssten deshalb kontinuierlich potenzielle Helfer rekrutieren. Deshalb müsse auch in Nichtkrisenzeiten für das Thema sensibilisiert werden.

Auch Bettina Rademacher von Ärzte der Welt betonte, dass weiterhin Handlungsbedarf bestehe, selbst wenn eine Pandemie abgeklungen sei oder die akuten Folgen einer humanitären Katastrophe überwunden seien. Die Organisation unterstützt die betroffenen Länder insbesondere beim Aufbau beziehungsweise Wiederaufbau von Gesundheitseinrichtungen. „Funktionierende Gesundheitssysteme sind die beste Pandemieprävention“, sagte sie. In Liberia beispielsweise müssten Ambulanzen, Labordienste und Isolationsräume aufgebaut werden. Nötig sei zudem eine funktionierende Logistik für die Lieferung medizinischer Hilfsmittel. Rademacher kritisierte, dass für den Wiederaufbau der von Ebola betroffenen Gesundheitssysteme nur unzureichend Geld für Nichtregierungsorganisationen zur Verfügung gestellt werde. „Als die Pandemie ihren Anfang nahm, war die Weltgemeinschaft mit medizinischer Hilfe zu spät. Heute müssen wir aufpassen, dass wir beim Wiederaufbau von Gesundheitsstrukturen in den betroffenen Ländern nicht zu spät sind.“

Die Bundesärztekammer kündigte an, sich auf Bundesebene sowie auf internationaler Ebene für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Helfer und Hilfsorganisationen einsetzen zu wollen.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesärztekammer vom 26.02.2016

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