CO2-Rechner für Kliniken vorgestellt

Pilotprojekt in Freiburg
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CO2 Rechner für Kliniken vorgestellt
© fovito/stock.adobe.com
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Das Thema CO2-Fußabdruck gewinnt auch im Gesundheitswesen an Bedeutung. Ein Open-Access-Rechner kann helfen, Vergleichsdaten zu generieren.

Laut der Studie "Health care climate footprint report" ist der Gesundheitssektor für 4,4 Prozent der globalen Nettoemissionen (2 Gigatonnen CO2 Äquivalent/Jahr) von CO2 verantwortlich. Die Studie besagt, dass der US-Gesundheitssektor mit einem Anteil von 7,6 Prozent an den nationalen Emissionen der größte Einzelemittent sei. In Deutschland betrage der Anteil entsprechend 5,2 Prozent. Im EU-Durchschnitt seien es 4,7 Prozent. Krankenhäuser haben einen wesentlichen Anteil daran, allerdings sind die Emissionen bislang nur unzureichend erfasst. Deshalb hat das Universitätsklinikum Freiburg gemeinsam mit dem Öko-Institut e.V. unter Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) einen Open-Access-CO2-Rechner entwickelt. Er wurde am 22. Mai 2023 veröffentlicht.

Ermittlung der CO2-Bilanz pro Bett

Mit dem vorgestellten Rechner können Krankenhäuser detailliert und nach internationalen Standards ihre CO2-Bilanz erstellen. Damit wird eine bessere Vergleichbarkeit unterschiedlicher Gesundheitseinrichtungen möglich. Die Emissionen des Universitätsklinikums Freiburg, die dem laufenden Krankenhausbetrieb zugerechnet werden können, beliefen sich im Untersuchungsjahr 2019 auf 104.000 Tonnen CO2-Äquivalente. Das entsprach bei 1.616 Betten einem CO2-Ausstoß von 64,36 Tonnen CO2 pro Krankenhausbett. Die CO2-Bilanz enthält Emissionen im Bereich Energie, Mobilität, Ernährung, aber auch solche, die bei Herstellung und Transport von Medikamenten und medizinischen Verbrauchsmaterialien entstehen.

Vergleich zwischen Kliniken ermöglichen

„Wir sind uns der großen Verantwortung bewusst, die Krankenhäuser als energieintensive Einrichtungen tragen. Deshalb setzen wir seit vielen Jahren auf nachhaltige Strategien. Mit dem Open-Access-CO2-Rechner und der Veröffentlichung unserer CO2-Bilanz gehen wir wichtige Schritte, um den Gesundheitssektor insgesamt nachhaltiger zu machen“, sagt Prof. Dr. Frederik Wenz, Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Freiburg. „Nur wenn die Krankenhäuser die zentralen Stellschrauben kennen, können sie konkret etwas verändern. Damit schaffen wir Transparenz und ermöglichen den Vergleich zwischen Kliniken“, so Wenz weiter.

Auswertung von Verbrauchsdaten aus 2019

Von den 104.000 Tonnen CO2 des Universitätsklinikums Freiburg entsteht mit rund 53.000 Tonnen CO2-Äquivalenten der größte Anteil bei Herstellung, Transport und Nutzung von Gütern und Dienstleistungen, die das Klinikum einkauft. Bei der Eigenproduktion von Wärme, Kälte und Strom, die im Klinikum genutzt werden, entstehen etwa 33.000 Tonnen CO2-Äquivalente. Etwa 5.000 Tonnen der Emissionen entfallen auf Transporte von Patientinnen und Patienten. Zusätzlich entstehen bei der Produktion von Fernwärme für weitere Landeseinrichtungen wie die Universität Freiburg im Heizkraftwerk des Klinikums rund 41.000 Tonnen Treibhausgase. Für diese Bilanz hat das Öko-Institut Verbrauchsdaten des Universitätsklinikums Freiburg aus dem Jahr 2019 ausgewertet.

Informationen der Zulieferer fehlen oft

„Während unsere internen Zahlen im Bereich Energie sehr präzise sind, konnten uns die wenigsten Pharmaunternehmen und andere Zulieferer Auskunft über die Klimabilanz ihrer eigenen Produkte geben. Hier ist es noch ein weiter Weg zu einer lückenlosen Klimabilanz“, sagt Prof. Dr. Andy Maun, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin und CAFOGES-Projektleiter. Das Universitätsklinikum Freiburg ist Unterzeichner der WIN-Charta und treibt den Umbau zum nachhaltigen Krankenhaus seit vielen Jahren voran. So würden durch die Nutzung von Motor- und Abgaswärme im Heizkraftwerk jährlich rund 5.000 Tonnen CO2 eingespart. Klimaschädliche Narkosegase seien in der Anästhesie ersetzt, reduziert und, wo möglich recycelt worden, was zu einer Reduktion um mehr als 450 Tonnen CO2-Äquivalente jährlich beitrage. Baumaßnahmen wie die passive Gebäudekühlung mit Schwarzwaldgrundwasser, der Einsatz von regionalem Holz als Baustoff und der Ausbau großer Photovoltaik-Anlagen trügen ebenfalls zur Ressourcenschonung bei. Anreize für eine ökologische Mitarbeitermobilität sowie Anpassungen in der Gastronomie am Klinikum und der Verwaltung trügen ebenfalls zur CO2-Reduktion bei. Der kürzlich von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gepflanzte Freiburger Uniklinik-Wald binde zudem über die Gesamtlebensdauer rund 1.000 Tonnen CO2.

Greenhouse Gas Protocol Grundlage für CO2-Rechner

„Wir sind auf einem guten Weg zum nachhaltigen Klinikum, aber wir haben auch noch viel vor uns. Ein wichtiger Erfolgsfaktor dabei sind unsere 15.000 Mitarbeiter/-innen: Sie tragen durch innovative Ideen bei und indem sie selbst klimafreundlich handeln“, sagt Wenz. Der kostenlose Open-Access-CO2-Rechner wurde vom Universitätsklinikum Freiburg in enger Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut e.V. im Projekt CAFOGES (Carbon Footprint im Gesundheitswesen) entwickelt. Grundlage des Rechners ist das für Industrieunternehmen international anerkannte Greenhouse Gas Protocol. „Wir haben exemplarisch die CO2-Bilanz von Produkten und Prozessen im Universitätsklinikum hochgerechnet. Damit stellt unser Ansatz eine wissenschaftliche und frei verfügbare Ergänzung zu den üblichen Top-Down-Methoden dar, deren Berechnungen meist nur auf Finanzdaten beruhen“, so Maun. Das CAFOGES-Tool hilft hierdurch, die Genauigkeit der CO2-Bilanzen zu verbessern. Der Rechner wird kontinuierlich weiterentwickelt, um ihn präziser und nutzerfreundlicher zu gestalten.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) förderte die Entwicklung des Excel-Tools zur Berechnung von Treibhausgasemissionen im Rahmen des Forschungsprojekts „CAFOGES - Carbon Footprinting im Gesundheitswesen“ mit 125.000 Euro. Der Gesundheitssektor müsse viel stärker als bisher von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft beachtet werden, um klimaschädliche Treibhausgase (THG) wie Kohlendioxid (CO2), Energieverbrauch und somit die Erderwärmung zu minimieren, so die DBU. „Wir müssen dieses ungenutzte Reduktions-Potenzial im Kampf gegen die Klimakrise verstärkt nutzen“, sagte DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.

Zur Website zum Projekt „Carbon Footprint im Gesundheitswesens – CAFOGES“ mit Klimabilanz des Universitätsklinikums Freiburg geht es hier.
 

Zusammenfassung:
  • In Deutschland beträgt der CO2-Anteil des Gesundheitswesens etwa 5,2 Prozent.
  • Ein Open-Access-CO2-Rechner für Krankenhäuser steht zur Verfügung.
  • Damit soll eine CO2-Vergleichbarkeit zwischen Kliniken ermöglicht werden.

Quelle: Universitätsklinikum Freiburg/DBU

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