Entscheidungen in der letzten Lebensphase

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Kommunikation
Gespräche sollen dazu beitragen, Übertherapien zu vermeiden. istock/Eva Katalin Kondor
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Wissenschaftler aus München und Heidelberg haben eine Leitlinie entwickelt, die Krebspatienten, Angehörige und Behandlungsteams unterstützen soll, frühzeitig und wiederholt offene Gespräche zu führen.

Die moderne Medizin hat die Anzahl der Behandlungsmöglichkeiten in nahezu jeder Krankheitssituation vergrößert. Dadurch sind Patienten, medizinisches und pflegerisches Personal stärker als bisher gefordert, aktiv zu entscheiden, welche Maßnahmen sinnvoll sind und welche nicht. Wissenschaftler aus München und Heidelberg haben eine Leitlinie entwickelt, die Krebspatienten, Angehörige und Behandlungsteams unterstützen soll, frühzeitig und wiederholt offene Gespräche zu führen. Dadurch kann der Patient seine Situation am Lebensende realistischer einschätzen und dem Arzt die eigenen Wünsche besser mitteilen.

Das gemeinsame Projekt des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und des Universitätsklinikums München wurde mit dem Lohfert-Preis 2016 ausgezeichnet.
Das NCT Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe.

Die Lohfert Stiftung zeichnet jährlich praxiserprobte und nachhaltige Konzepte in der Medizin aus, die den Menschen, seine Bedürfnisse und seine Interessen in den Mittelpunkt rücken. Das Ziel der 2010 gegründeten Stiftung ist es, den Weg des stationären Patienten im Krankenhaus, die Kommunikation in den Kliniken und die Patientensicherheit zu verbessern. Lohfert-Preisträger 2016 sind Eva Winkler vom NCT Heidelberg und Pia Heußner vom Universitätsklinikum München mit ihrem Projekt "Therapiebegrenzung: Verbesserung der gemeinsamen Entscheidungsfindung mit onkologischen Patienten". Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert.

93 Prozent der Krebspatienten wollen am Lebensende mitbestimmen

Am Lebensende entscheiden sich viele Patienten für mehr Lebensqualität und gegen weitere lebensverlängernde Maßnahmen. Es gibt aber auch Menschen, die eine Maximaltherapie wünschen, selbst wenn die Hoffnung nur noch sehr gering und ein Nutzen nicht mehr wahrscheinlich ist. Andere wollen ihre Prognose lieber gar nicht wissen. Es kommt auch vor, dass Patienten nicht nach ihren Wünschen gefragt oder diese nicht dokumentiert werden. Wenn dann die weitere Behandlung geplant werden soll, kann es zu Konflikten zwischen den Betroffenen und dem medizinischen Personal kommen.

Laut einer Untersuchung der Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg und des NCT Heidelberg gaben 93 Prozent der 194 befragten Krebspatienten an, dass sie am Lebensende mitbestimmen wollen. Doch nur 61 Prozent der Befragten fühlten sich auch tatsächlich ausreichend einbezogen.

Mit dem Ziel, den Entscheidungsprozess in der letzten Lebensphase zu verbessern, startete im April 2012 eine Interventionsstudie. Die Wissenschaftlerinnen Eva Winkler und Pia Heußner leiteten das von der Deutschen Krebshilfe geförderte Projekt. Die Wissenschaftlerinnen entwickelten auf Basis der Studienergebnisse gemeinsam mit verschiedenen Berufsgruppen der Medizinischen Klinik und Poliklinik III in München einen Leitfaden für den klinischen Alltag. Die Anleitung hilft dem Behandlungsteam, den Patientenwunsch kennenzulernen und zu berücksichtigen. Sie gibt darüber hinaus Tipps für schwierige Gesprächssituationen.

Pflege an die Bedürfnisse des Patienten anpassen

"Eine große Herausforderung ist es, die Leitlinie so zu gestalten, dass sie im Klinikalltag gut handhabbar ist und einen tatsächlichen Mehrwert bringt", berichtet Winkler. Die Gespräche sollen dazu beitragen, Übertherapien zu vermeiden. Der Patient soll in der letzten Lebensphase Behandlungen weniger als Last, sondern mehr als Nutzen empfinden.

"Eine gemeinsame Entscheidungsfindung wahrt den Patientenwillen. Die Pflege kann an die Bedürfnisse der Patienten angepasst werden", erklärt Winkler. "Wir wissen heute, dass eine vorausschauende Behandlungsplanung, die den Patienten früh auf Entscheidungen am Lebensende vorbereitet, Angst und Depressionen verringern und damit die Lebensqualität für den kranken Menschen verbessern kann."

Wie genau die Leitlinie sich im klinischen Alltag am Universitätsklinikum Großhadern in München bewährt, wird derzeit untersucht. Mit dem Preisgeld wollen die Wissenschaftlerinnen die Leitlinie stetig verbessern und sie in weiteren Kliniken einführen. Für das NCT Heidelberg soll der Leitfaden ebenfalls angepasst und angewendet werden.


Quelle: idw/Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg

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