Fehlinvestitionen Hightech-OP?

Medica Education Conference
Kli
Hybrid-OP
Mittlerweile verfügen auch mittlere und kleinere Krankenhäuser über Hightech-Operationsräume.
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Kliniken sollten ausreichend Zeit und Aufwand investieren, damit der Hybrid-OP am Ende die Anforderungen aller Nutzer erfüllt.

Immer mehr Kliniken in Deutschland modernisieren ihre Operationssäle. Der sogenannte Hybrid-OP erweitert den Arbeitsplatz des Chirurgen um bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel die Angiographie oder Computertomographie und stellt ihm manchmal auch ein robotisches Assistenzsystem zur Seite. Die „Hightech“-Ausrüstung kann aber schnell zu einer Fehlinvestition werden, wenn sie das Personal wegen fehlender Fortbildungen nicht bedienen kann, betont Clemens Bulitta, der an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden das Institut für Medizintechnik leitet, im Vorfeld der „Medica Education Conference“ 2016.

Viele Operationen werden heute„minimalinvasiv durchgeführt. Die Gallenblase entfernt der Chirurg über kleine Öffnungen in der Bauchwand. Bei der Prostat-Operation hilft ein Roboter, den der Chirurg von einem Nebenraum aus steuert. Herzchirurgen reparieren Klappen über einen Katheter in der Leistenarterie. Gefäßchirurgen setzen komplexe Gefäß-Prothesen über Katheterverfahren ebenfalls über die Leistenarterie ein. Diese Eingriffe erfordern eine hochwertige Ausrüstung mit „Highend“-Geräten, die sich in der Vergangenheit nur große Universitätskliniken leisten konnten.

Mittlerweile verfügen auch mittlere und kleinere Krankenhäuser über Hightech-Operationsräume. Bulitta schätzt, dass es in mehr als 200 Kliniken in Deutschland einen Hybrid-OP gibt. In den kleinen Kliniken reicht das Geld zumeist nur für eine Einheit. Gefäßchirurg, Neurochirurg, Traumatologe, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg, Urologe und Allgemeinchirurg müssen sich den Raum teilen. Jeder bringt seine eigenen Ansprüche und Geräte ein. „Die interdisziplinäre Nutzung erhöht die Komplexität im Projekt“, sagt Bulitta. Schon die Planung wird zu einer Herausforderung.

Ausbildung des Personals

Die Kliniken sollten daher ausreichend Zeit und Aufwand investieren, damit der Hybrid-OP am Ende die Anforderungen aller Nutzer erfüllt. Bulitta führt aus: „Wir raten zu einem einzigen ,Masterplan“, der sich am klinischen Workflow orientiert und alle Gewerke wie Medizintechnik, technische Gebäudeausstattung und Bau berücksichtigt.“ Building-Information-Modeling, also eine Gebäudedatenmodellierung, die am Computer alle Schritte durchspielt, verbessert die Planung, ist aber noch kein Standard. Pragmatisch hilft daher derzeit am besten eine Visualisierung der 2D-Pläne in 3D. In den Planungsprozess sollten alle relevanten Interessengruppen umfassend einbezogen werden.

Für die Kliniken ist ein Hybrid-OP mit enormen Investitionskosten verbunden, die nur bei einer optimalen Auslastung amortisiert werden können. Dies kann nach Erfahrung von Bulitta nur gelingen, wenn das Personal entsprechend ausgebildet ist. „Viele Kliniken denken bei der Planung nur an die Investitions- und Betriebskosten, vergessen dabei aber die Qualifizierungskosten für das Personal“, sagt der Experte.

Nicht nur die Hightech-Geräte seien anspruchsvoll in der Bedienung. Bulitta erläutert: „Das Personal muss auch die Grundlagen der modernen Bildgebung und Nachverarbeitung, die Möglichkeiten des Strahlenschutzes, die Patientenlagerung sowie die Organisation der Bestellung und der Lagerung interventioneller Materialien kennen.“ Hinzu kämen Kenntnis in Material- und Instrumentenkunde sowie die erforderlichen Grundkenntnisse der medizinischen Aspekte der Prozeduren. „Wegen der Herausforderungen in der interdisziplinären Zusammenarbeit sind zudem spezifische Kommunikationstrainings sinnvoll“, fügt der Experte hinzu.

Wenn das Personal nicht ausreichend geschult ist, können später viele geplante Operationen nicht durchgeführt werden. „Im schlimmsten Fall ist der Hybrid-OP angefüllt mit ungenutztem teurem Hightech-Spielzeug“, warnt Bulitta. Darunter habe dann nicht nur der Patient zu leiden, dem eine optimale Behandlung vorenthalten wird. Auch für die Klinik könne der Hybrid OP zu einer teuren Investitionsruine werden. Vermeiden lässt sich das nach Überzeugung von Bulitta nur, wenn der Hightech-OP von Anfang an als ein Gesamtsystem mit dem darin tätigen Personal geplant werde.

Über die "Medica Education Conference"

Die "Medica Education Conference" ist eine interdisziplinäre Fortbildungsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und der Messe Düsseldorf, die unter dem Motto „Wissenschaft trifft Medizintechnik“ vom 14. bis 17. November 2016 in Düsseldorf stattfindet. Sie findet parallel zur MEDICA, der Weltfachmesse für Medizintechnik, täglich, von Montag bis Donnerstag, von 9.00 bis 15.30 Uhr, statt.


Quelle: Medica Operation Conference , 14.11.2016

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