Fortgeschrittener Gebärmutterhalskrebs: Radiochemotherapie bleibt Therapiestandard

Zervixkarzinom
lz
CIN3
Zervikalbiopsie, CIN3 Ed Uthman, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/
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Eine neue Studie [1] untersuchte, ob bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Gebärmutterhalskrebs eine der Standardtherapie vorgeschaltete Chemotherapie das Rückfallrisiko senkt und das Überleben verbessert. Das war nicht der Fall.

Jedes Jahr erkranken in Deutschland circa 4.500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom), die meisten erhalten die Diagnose im Alter zwischen 40 und 59 Jahren. In circa 90% der Fälle wird dieser Krebs durch eine Infektion mit HP-Viren (Humane Papillomviren) ausgelöst. Die prophylaktische Impfung gegen die auslösenden HP-Viren wird daher für alle Kinder bzw. Jugendlichen (auch für die Jungen!) im Alter von 9-14 Jahren empfohlen und ist eine Kassenleistung. Die Virusübertragung erfolgt über die Mund- und Genitalschleimhaut. Durch die Früherkennungsuntersuchung beim Frauenarzt werden Krebsvorstufen und Frühformen oft schon im Alter von 20-40 Jahren entdeckt und sind dann in der Regel heilbar. Bei einem in das Gewebe bereits eingewachsenen (invasiven) Zervixkarzinom liegt die 5-Jahres-Überlebensrate auch noch bei circa 69%, was bedeutet, dass fünf Jahre nach Diagnose dieser Spätstadien fast 7 von 10 Patientinnen noch leben [2].

Cisplatin als sogenannter Radiosensitizer

In Frühstadien (IA bis IIA) wird in Deutschland in der Regel operiert; gemäß den Leitlinien [3] entsprechen die Therapieergebnisse der Radiochemotherapie denen der Operation. Um das Rückfallrisiko zu senken, wird im Rahmen der Radiochemotherapie parallel zur Bestrahlung das Zytostatikum Cisplatin als sogenannter Radiosensitizer verabreicht, d. h. es macht die Krebszellen strahlensensibler.

Ab IIB Radio(chemo)therapie als Ersttherapie

In den lokal etwas fortgeschritteneren Stadien IB und II sind sowohl die Operation als auch die Radio(chemo)therapie möglich – beide Therapieverfahren führen dann zu prinzipiell gleichwertigen Langzeitergebnissen. Ab dem Stadium IIB wird auch in Deutschland immer eine Radio(chemo)therapie als Ersttherapie empfohlen. „Zielsetzung der Behandlung ist auch hier eine Heilung der Patientin“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der DEGRO. Auch in den lokal fortgeschrittenen Stadien (ab Stadium III) sowie bei Lymphknotenbefall oder Inoperabilität wird die Radio(chemo)therapie als erste Therapieoption eingesetzt.

Neue Phase-II-Studie

Eine aktuell publizierte Phase-II-Studie [1] evaluierte die Wirksamkeit und Sicherheit einer neoadjuvanten, d. h. der Standard-Radiochemotherapie vorgeschalteten, zusätzlichen Chemotherapie. Die Autoren sind dabei von einer Rezidivrate von 40% in den FIGO Stadien IIB-IVA ausgegangen und haben den Effekt der zusätzlichen neoadjuvanten Chemotherapie zur Standard Radiochemotherapie randomisiert untersucht. 107 Patientinnen mit einem lokal fortgeschrittenen Tumor (Stadium IIb bis IVa oder Lymphknotenbefall) wurden randomisiert und erhielten entweder die Standard-Radiochemotherapie (n=52, Kontrollgruppe) oder vorab drei Therapiezyklen einer neoadjuvanten Chemotherapie mit Cisplatin/Gemcitabin (n=55), gefolgt von der Standardradiochemotherapie (wöchentlich Cisplatin plus Beckenbestrahlung). Primärer Endpunkt war das progressionsfreie 3-Jahres-Überleben, sekundäre Endpunkte waren die Ansprechrate, die lokal-regionale Tumorkontrolle über drei Jahre, das 3-Jahres-Gesamtüberleben, Therapiesicherheit und Lebensqualität. Die Nachbeobachtungszeit lag median bei 31,7 Monaten.

(neoadjuvante) Chemotherapie verschlechterte die Therapieergebnisse

Die vorgeschaltete (neoadjuvante) Chemotherapie verschlechterte jedoch die Therapieergebnisse der Radiochemotherapie. Das progressionsfreie 3-Jahres-Überleben wurde von 60,4% bei der Radiochemotherapie auf 40,9% durch die zusätzliche neoadjuvante Chemotherapie signifikant gesenkt (p= 0,03). Dies führte dazu, dass die neoadjuvante Chemotherapie außerdem mit einem schlechteren Gesamtüberleben assoziiert (60,7% versus 86,8% ; p=0,006) war. Ein komplettes Therapieansprechen betrug mit neoadjuvanter Chemotherapie und Radiochemotherapie 56,3% und 80,3% in der Kontrollgruppe mit alleiniger Radiochemotherapie. Die Nebenwirkungsrate war insgesamt in beiden Gruppen ähnlich; in der Gruppe mit neoadjuvanter Chemotherapie gab es jedoch häufiger einen Abfall des Magnesiumspiegels im Blut sowie chemotherapiebedingte Neuropathien, d. h. eine Schädigung peripherer Nerven (besonders in den Beinen, die typischerweise mit Kribbeln, Schmerzen und/oder Sensibilitätsausfällen einhergeht).

Präsident der DEGRO gegen vorgeschaltete Chemotherapie

„Die Studie unterstreicht wie bei anderen soliden Tumoren zum Beispiel in der Kopf-Hals-Region oder dem Bronchialkarzinom den Stellenwert einer frühzeitig eingeleiteten lokalen Radiochemotherapie. Eine vorgeschaltete Chemotherapie verbesserte nicht die Therapieergebnisse und sollte daher nicht eingesetzt werden.“, resümiert Herr Univ.-Prof. Fietkau, Präsident der DEGRO. „Es ist natürlich notwendig, Untersuchungen durchzuführen, um Therapieverbesserungen zu erreichen. Diese werden aber vermutlich nicht durch eine vorgeschaltete Chemotherapie gelingen, sondern andere Therapiestrategien wie zum Beispiel eine zusätzliche adjuvante Immuntherapie müssen evaluiert werden.“

Quelle: DEGRO

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