Kooperation von Pathologen und Humangenetikern

Molekulare Tumorboards
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Tumorboards
Ärzte bei der Beratung auremar/ Fotolia
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Spezialisten mit molekulargenetischer Erfahrung fahnden nach Behandlungen für seltene und austherapierte Krebserkrankungen.

Die Zukunft der Pathologie liegt in den molekulargenetischen Untersuchungen von Tumorgewebe. Immer schneller kommen Wissenschaftler den Geheimnissen von Tumorerkrankungen auf die Spur. Das Wissen, welche Genmutationen welche Krebserkrankungen verursachen und wie sie sich ausbreiten, eröffnet die Chance für eine individuelle Therapie des einzelnen Patienten. Durch die rasante Wissensentwicklung sind neue Plattformen wie die molekularen Tumorboards gefragt, in denen sich Spezialisten mit molekular-genetischer Erfahrung austauschen.

Da jeder Tumor einzigartig ist wie der einzelne Mensch, werden Patienten an bundesweit 1.260 spezialisierten Krebszentren behandelt. Dies sichert eine strukturierte, qualitätsorientierte und an den aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft ausgerichtete Behandlung. Regelmäßig finden dort wie auch in großen Kliniken die Tumorboards statt. In diesen kommen zur Besprechung der bestmöglichen Therapie die behandelnden Ärzte eines Patienten zusammen. Das sind je nach Krankheitsbild Onkologen, Radiologen, Chirurgen, Pathologen und weitere Fachmediziner wie Gynäkologen, Urologen oder Pneumologen.

„Im Zuge der Überleitung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse in die Praxis  gewinnt eine spezialisierte Form der Tumorboards, die molekularen Tumorboards, an Bedeutung“, erklärt Prof. Dr. Arndt Hartmann, Direktor des Pathologischen Institutes am Universitätsklinikum Erlangen. „Hier kommt hochspezifische, aktuelle Expertise zusammen. Ziel ist es, Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium oder mit seltenen Tumorerkrankungen eine effektive Behandlung zu ermöglichen. In den molekularen Tumorboards erörtern wir beispielsweise, wie medizinische Innovationen auf kurzem Weg für den einzelnen Patienten genutzt werden können, diskutieren mögliche Parallelen zwischen Tumor-Entitäten und suchen nach Lösungen für offene Fragen. Die ersten sehr guten Erfolge in der Praxis belegen die Bedeutung dieser noch jungen Plattform für fachlichen Austausch.“

Bezug zur histomorphologischen Diagnostik

Die Humangenetiker und Pathologen, die in den Boards kooperieren, verfügen alle über viel Erfahrung mit molekulargenetischen Tests. Die besondere Rolle der Pathologie erläutert Prof Hartmann: „Molekularpathologie braucht immer den Bezug zur histomorphologischen Diagnostik und damit den Pathologen mit seinen Erfahrungen hinsichtlich der Interpretation von Gewebeveränderungen, Aussagen über die Entwicklungsprognose des Tumors und seine Therapieempfehlung.“ ###more###

Die medizinischen Erkenntnissprünge in den letzten zwei Jahrzehnten sind gewaltig. Erst 2001 wurde das menschliche Genom entschlüsselt. Wissenschaftler sind heute so weit, dass sie die verschiedensten Tumoren molekularbiologisch und genetisch identifizieren und klassifizieren können. Hierbei wird in einem ersten Schritt zunächst das genetische Profil des Tumors erstellt, anschließend anhand des Tumorverhaltens die Erkrankung molekularen Subtypen zugeordnet.

Was heute topaktuell ist, kann allerdings schnell überholt sein. Wurde beispielsweise das Lungenkarzinom bis vor wenigen Jahren lediglich in zwei Diagnosen eingeteilt, kleinzelliges und nichtkleinzelliges Lungenkarzinom, kennt man heute mindestens zwei Dutzend genetisch unterschiedliche Varianten.

Die Zeichen stehen auf Wachstum

„Bei allen Innovationen stellen sich uns immer noch sehr viele Fragen. Deshalb suchen wir in den molekularen Tumorboards unter anderem nach Parallelen. Verschiedene Tumor-Entitäten verfügen teilweise über die gleichen genetischen Veränderungen, so dass die Tumoren möglicherweise auch auf die gleichen zielgerichteten Therapien ansprechen“, führt Prof. Dr. Florian Haller vom Universitätsklinikum Erlangen aus. „Um ein Beispiel zu nennen: In Studien wurden die in einem Teil der Ovarialkarzinome nachweisbaren Mutationen der BRCA1- und BRCA2-Gene untersucht und speziell für diese Fälle ein neuer Wirkstoff entwickelt. Ovarialkarzinome mit BRCA1/2-Mutationen sprechen auf diese neu entwickelte Therapie an, die sich diese Mutationen im Tumorgewebe zunutze macht. Im Rahmen unserer molekulargenetischen Untersuchungen an Tumoren für das molekulare Tumorboard am Computer-Chemie-Centrum Erlangen konnten wir vergleichbare Mutationen auch in Prostata- oder Bauchspeicheldrüsenkarzinomen nachweisen. Diese Patienten profitieren möglicherweise auch von der Therapie, die eigentlich für das Ovarialkarzinom entwickelt wurde.“

Die Arbeit in den molekularen Tumorboards konkretisiert der Spezialist so: „Wir beschäftigen uns in den Boards auch mit Anhaltspunkten für vererbte Tumorerkrankungen, diskutieren Interpretationen für genetische Veränderungen oder suchen nach Erklärungen, wenn die molekulargenetische Analyse von Tumorgewebe keine Ergebnisse liefert.“

Die Zeichen der molekularen Tumorboards stehen auf Wachstum. Auf ihrem Weg warten noch zahlreiche Herausforderungen wie die Frage beispielsweise nach Qualitätsstandards, neuen Studienkonzepten oder der Etablierung kostengünstiger individueller Therapien in der Praxis.

Quelle: DGP, April 2017



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