Mikroplastik: Graffiti-Sprühfarben belasten Böden

Mehrere Hunderttausend Teilchen pro Kilogramm
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Graffiti
Belastungen durch Graffiti? © Mirko Raatz, stock.adobe.com
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Sie sind in vielen Städten Trend: Graffiti. Ein Forschungsteam der Freien Universität Berlin weist nun jedoch sehr starke Mikroplastik-Belastung durch Graffiti- und Anstrichfarbe in Böden nach. Eingesetzt wurde eine neue Methode zur Messung.

Das Thema Mikroplastik gewinnt zunehmend an Bedeutung und Aufmerksamkeit, nicht erst, seit die Partikel auch im menschlichen Körper gefunden wurden. Insgesamt wächst in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für Mikroplastik als problematische Kontaminante. Bislang wurde vor allem in Gewässern die zunehmende Verunreinigung durch Kunststoffteilchen nachgewiesen. Aber auch die Bodenbelastung durch Mikroplastik rückt immer stärker in den Fokus. Ein Forscherteam des Biologieprofessors Matthias C. Rillig von der Freien Universität Berlin hat nun erstmals eine extrem hohe Belastung des Bodens mit Mikroplastik durch Graffiti-Sprühfarbe nachgewiesen. Bei Bodenproben nahe der berühmten Graffitiwände im Berliner Mauerpark fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehrere Hunderttausend Teilchen von Mikroplastik pro Kilogramm trockenem Boden vor. Das sei die höchste Mikroplastikkonzentration, über die jemals in der wissenschaftlichen Literatur berichtet wurde. Ähnlich hohe Mikroplastik-Belastungen dürfte es punktuell auch durch Anstrichfarbe geben, die industriell eingesetzt wird, vermuten die Forscherinnen und Forscher.

Bisher unbemerktes Erbe an Belastungen?

„Unsere Ergebnisse liefern erste Hinweise darauf, dass die Sprühlackierung, eine Technik mit einem breiten Anwendungsspektrum von der Industrie bis zur Kunst, ein bisher unbemerktes Erbe an umweltbelastender Mikroplastik in Böden hinterlässt“, betonte der Biologe Rillig. Ziel des Forschungsprojektes seines Teams sei es gewesen, herauszufinden, ob und wie viel Mikroplastik durch Sprühfarbe in den Boden eingetragen wird. Die Forscherinnen und Forscher entwickelten dafür eine neue Methode, bei der Mikroplastikpartikel, die von Sprühfarbe stammen, von Mikroplastikpartikeln anderen Quellenursprungs getrennt werden können. Das gängige Protokoll für den Nachweis von Mikroplastik wurde anpasst, denn Pigment-Mikroplastikteilchen sind schwerer als andere Plastik-Teilchen und werden dadurch in den derzeit üblichen Nachweismethoden nicht erfasst, weil ein Schritt der Extraktion auf der geringen Dichte des Plastiks basiert. Dann wurden Bodenproben aus verschiedenen Stellen und Tiefen im Berliner Mauerpark entnommen und mit dem neuen Extraktionsverfahren analysiert. Dabei zeigte sich, dass Mikroplastik vom Graffitisprühen im Boden vorhanden war und das zum Teil in sehr hohen Teilchenzahlen. Die gefundenen Teilchenzahlen sind mehr als eine Größenordnung über den Konzentrationen, die man in belasteten Böden findet.

Weitere Regulierungen gefordert

„Angesichts der großen Menge an Lack-Mikroplastikpartikeln, die wir in dieser Fallstudie finden, schlagen wir dringend vor, dass die ökologischen Auswirkungen von Lack-Mikroplastik im Boden ein Schwerpunkt zukünftiger Studien sein sollten“, sagte Rillig. Die Ergebnisse legten auch nahe, dass Sprühlackierung und ähnliche industrielle Prozesse in Bereichen reguliert werden sollten, in denen dies noch nicht der Fall sei. Das Forscherteam plädiert zudem für eine Überwachung der Spritzlackierung größerer Strukturen, die in geschlossenen Räumen nicht beschichtet werden können, um das Risiko einer Umweltkontamination zu verringern. Die Auswirkungen von Sprüh- und Anstrichfarbe auf Bodenlebewesen seien noch unklar und müssten ebenfalls untersucht werden, betonten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Literatur:
Xu Y, Rillig MC, Waldman WR: New separation protocol reveals spray painting as a neglected source of microplastics in soils. Environ Chem Lett (2022), DOI: doi.org/10.1007/s10311-022-01500-2.

Quelle: idw/FUB

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