Organspende durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – arbeits- und sozialrechtliche Rahmenbedingungen

Besonders relevant wird dies, wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer Organe oder Gewebe spenden. In solchen Fällen treffen das Arbeitsrecht und das Sozialrecht in besonderer Weise aufeinander: Auf der einen Seite steht der Anspruch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Einkommenssicherung während der Arbeitsunfähigkeit, auf der anderen Seite die berechtigte Erwartung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, nicht mit den Kosten einer altruistischen Handlung ihrer Belegschaft belastet zu werden.

Die rechtlichen Grundlagen sind vor allen Dingen im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), im Transplantationsgesetz (TPG) und im Transfusionsgesetz (TFG) zu finden. Durch Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Bundessozialgerichts (BSG) werden diese Normen zum Teil konkretisiert.

1 Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Organspende Gemäß § 3 Abs. 1 EFZG besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für bis zu sechs Wochen, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner/ihrer Arbeitsleistung verhindert ist.

Seit der Einführung des § 3 a EFZG im Jahr 2012 ist dabei ausdrücklich geregelt, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung auch bei einer Arbeitsunfähigkeit infolge einer Organ- oder Gewebespende im Sinne der §§ 8 und 8 a TPG sowie bei einer Blutspende zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen im Sinne von § 9 TFG gilt. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung umfasst dabei das Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer bei der für ihr/ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zusteht. Dies umfasst auch vermögenswirksame Leistungen sowie Sachbezüge (zum Beispiel Firmenwagen).

Im Gegensatz zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist im Fall der Entgeltfortzahlung nach § 3 a Abs. 1 EFZG jedoch keine Wartezeit zu erfüllen. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch bei einer Spende gemäß §§ 8, 8 a TPG oder § 9 TFG kann daher bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses entstehen. Diese Regelung ist nur konsequent, denn der Zweck einer Wartezeit, nämlich eine Kostenentlastung für die Arbeitgeberin/den Arbeitgeber, ist durch den Erstattungsanspruch nach § 3 a Abs. 2 EFZG bereits berücksichtigt (siehe Ziffer 2). Darüber hinaus wird der Schutz der Spenderin/des Spenders und letztlich der Empfängerin/des Empfängers hierdurch gestärkt.

Wichtig ist, dass die spendenbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung der Spenderin/des Spenders ist. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer ohne die Krankheit hätte arbeiten müssen und können und keine anderen Gründe vorliegen dürfen, die ebenfalls zur Arbeitsverhinderung führen. Liegen noch andere Gründe vor, entfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

2 Erstattungsanspruch der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers § 3 a EFZG gewährt der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber einen Erstattungsanspruch gegen die Krankenkasse der Empfängerin/des Empfängers. Erstattet werden nicht nur die Lohnkosten, sondern auch sämtliche Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und zu betrieblichen Versorgungssystemen.

Bei der gesetzlichen Krankenversicherung übernimmt die Krankenkasse der Empfängerin/des Empfängers die Kosten in voller Höhe. Ist die Empfängerin/der Empfänger privat krankenversichert, ist das Versicherungsunternehmen erstattungspflichtig, allerdings nur im tariflichen Umfang. Streitigkeiten können hierbei entstehen, wenn der Versicherungsschutz der Empfängerin/des Empfängers lückenhaft ist. In einem solchen Fall könnte sich das Versicherungsunternehmen weigern, eine Erstattung vorzunehmen. Ob eine solche Weigerung berechtigt ist, ist sodann abhängig von den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Versicherungsunternehmen und Empfängerin/Empfänger.

Die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer ist verpflichtet, der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber die erforderlichen Nachweise über die Spende zur Verfügung zu stellen, damit die Erstattungsansprüche geltend gemacht werden können. Hierzu gehören sowohl ärztliche Bescheinigungen als auch die Bestätigung, dass die Spende nach § 8 Abs. 1 TPG beziehungsweise bei Blutspende nach § 9 Transfusionsgesetz erfolgt ist.

Gem. § 3 a Abs. 2 Satz 6 EFZG hat die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber unverzüglich die zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Angaben zu machen. Wenn eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer gegen die Mitwirkungspflicht nach § 3 a EFZG verstößt, kann die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber die Fortzahlung des Arbeitsentgelts verweigern. Zusätzlich können bei einem Verstoß gegen die Anzeigepflicht Schadensersatzansprüche sowie eine Abmahnung in Betracht kommen.

3 Krankengeldanspruch nach Ablauf der Entgeltfortzahlung § 44 a SGB V regelt den Krankengeldanspruch der Spenderin/des Spenders. Anspruchsvoraussetzung ist dabei nicht die Mitgliedschaft der Spenderin/des Spenders, sondern die der Empfängerin/des Empfängers. Die Krankenkasse der Empfängerin/des Empfängers tritt damit in eine Art „Garantenstellung“ ein.

Die Höhe des Krankengeldes beläuft sich auf die Höhe des vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig erzielten Nettoarbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze. Das Krankengeld ist also nicht wie im Krankheitsfall auf 70 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts beziehungsweise 90 % des Nettoentgeltes beschränkt.

4 Komplikationen Da eine Organspende grundsätzlich mit medizinischen Risiken verbunden ist, können auch Komplikationen auftreten. Diese Komplikationen können den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit verlängern oder sogar eine dauerhafte Erwerbsminderung nach sich ziehen. Die Spenderin/der Spender genießt in einem solchen Fall seit 2012 den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Versicherungsschutz für Spenderinnen und Spender umfasst dabei sämtliche gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Spende stehen und über die regelmäßig zu erwartenden körperlichen Einschränkungen hinausgehen. Eine zeitliche Begrenzung besteht dabei nicht.

Wie aus den dargestellten, gesetzlichen Regelungen erkennbar ist, werden nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch gesellschaftspolitische Zwecke verfolgt. Die gesetzlichen Regelungen sollen verhindern, dass potenzielle Spenderinnen und Spender aus Angst vor finanziellen Nachteilen von einer Spende Abstand nehmen, gleichzeitig sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber durch die Erstattungsregelungen entlastet werden.

Entnommen aus MT im Dialog 11/2025

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