Paradigmenwechsel in der MT-Lehrerbildung

Masterlehrgang „Master of Science in Health Science Education“
Angelika Thomas-Semm
Titelfoto zum Beitrag „Paradigmenwechsel in der MT-Lehrerbildung“
Dr. Denis Newiak, Medienwissenschaftler, Leiter des neuen Masterlehrgangs „Master of Science in Health Science Education“ © K. Friedrich
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Akademische Abschlüsse im Fach Pädagogik in den Gesundheitsberufen sind nicht nur Selbstzweck zur Weiterentwicklung des persönlichen Karrierewegs, wie es dem einen oder anderen vielleicht bisweilen erscheinen mag, sondern ab 1. Januar 2023 explizite Forderung im neuen MT-Berufe-Gesetz (MTBG).

Schulleitungen an Schulen mit dem Ausbildungsziel Medizinische Technolog*in in Laboratoriumsanalytik, Radiologie und Funktionsdiagnostik müssen künftig, gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 MTBG, mit einer abgeschlossenen pädagogischen Hochschulausbildung mindestens auf Masterniveau oder vergleichbarem Niveau qualifiziert sein. Lehrer*innen, gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2, müssen zukünftig neben ihrer MT-fachlichen Qualifikation mit Berufserfahrung zudem noch eine hochschulische pädagogische Qualifizierung, mindestens auf Bachelorniveau, vorweisen. Hinzu kommen Praxisanleiter*innen, mit einer mindestens 300 Stunden umfassenden pädagogischen Qualifikation, die kontinuierlich jeweils jährlich um weitere 24 Stunden fortgeschrieben werden muss. Diese werden künftig verpflichtend 15 Prozent der praktischen Ausbildung in den Abteilungen in enger Abstimmung mit den Schulen durchführen. Die vormals fächerbasierte Ausbildung wird mit dem neuen Gesetz von einer kompetenzbasierten abgelöst. Für diesen pädagogischen Paradigmenwechsel, der vor allem die Schulen in den alten Bundesländern vor gewaltige Aufgaben stellt, hat der Gesetzgeber allen bereits vor dem 1. Januar 2023 existierenden Schulen zur Erfüllung der neuen Qualifikations- und Organisationsstruktur eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2033 eingeräumt. Bis zu diesem Stichtag müssen alle Forderungen aus dem neuen MTBG umgesetzt sein. Dies mag als langer Zeitraum erscheinen. Da es jedoch bisher in der Regel an entsprechend akademisch qualifiziertem Lehrpersonal an den MT-Schulen mangelt, soll dieser Beitrag vielmehr als Einladung an all diejenigen verstanden werden, die sich schon lange mit dem Gedanken getragen haben, in den Lehrberuf einzusteigen. Jetzt wäre ein idealer Zeitpunkt dafür.

Zum Sommersemester 2021 nahm der neue Masterlehrgang „Master of Science in Health Science Education“ erstmals Studierende auf. Das fünfsemestrige berufsbegleitende Studium, in Kooperation mit der fh gesundheit Tirol in Innsbruck/Österreich und dem DIW-MTA e.V. – wobei der Unterricht je etwa zur Hälfte online und in Berlin stattfindet –, schließt mit einem international anerkannten Mastergrad „Master of Science in Health Science Education“ ab. Lehrgangsleiter ist Dr. Denis Newiak (Jahrgang 1988), Publizist, Film- und Medienwissenschaftler, unter anderem Lehrbeauftragter der Universität Potsdam und seit Mai 2021 Lehrbeauftragter der fh gesundheit Tirol im Masterlehrgang „Pädagogik in Gesundheitsberufen“ (www.denis-newiak.de).

 

„Spiel mit Altvertrautem und Neuem“

Dr. Denis Newiak nimmt Stellung zu seinen Beweggründen, die Lehrgangsleitung übernommen zu haben. Im Interview erklärt er, was ihn am Spiel mit Altvertrautem und Neuem reizt und welche Kompetenzen aus seiner Sicht heute von Lehrenden in den Gesundheitsberufen erwartet werden dürfen.

Was hat Sie daran gereizt, ein bisher erfolgreich bespieltes Terrain zugunsten eines fachfremden Genres zu tauschen?

Newiak: Die Frage ist berechtigt, schließlich habe ich keinen klassischen gesundheits- und medizinbezogenen Berufsweg gewählt. Ich habe nach dem Studium der Medienwissenschaft auch meine Promotion in diesem Forschungsfeld angesiedelt. Ich habe aber versucht, mich nie nur hinter Theorien zu verstecken, sondern die praktischen Implikationen der Medienforschung ins Blickfeld zu rücken. Ganz besonders interessiere ich mich etwa für Fragen der Digitalität in der modernen Gesellschaft und welche Chancen und Herausforderungen sich durch neue Technologien, etwa durch virtuelle Begegnungs- und Lernräume, aber auch durch künstliche Intelligenz ergeben.

Wenn man sich die Trends anschaut, die auch in der Didaktik und Pädagogik und nicht zuletzt in der Ausbildung zu Gesundheitsberufen derzeit eine Rolle spielen, kommt man um das Digitale nicht mehr herum: Die Veränderungen im Bildungs- und Hochschulbereich, die durch die Coronakrise initiiert wurden, werden uns noch lange erhalten bleiben und sich noch weiter entwickeln, da stecken wir noch in den Kinderschuhen. Man denke nur an den Boom im Blended Learning, webbasierte Trainings und Simulationsgeräte. Die Möglichkeiten sind endlos, es muss nicht immer nur die Zoom-Konferenz sein, aber man muss eben den Umgang mit den vielfältigen, zum Teil technisch anspruchsvollen Alternativen lehren. Von daher ist es nur auf dem ersten Blick ein anderes Terrain. Ich unterrichte an der Hochschule, seit ich 23 Jahre alt bin und habe großes Vergnügen daran, mich vor dem Hintergrund meiner Fachqualifikation auch in neue Themen einzuarbeiten. Denn lebenslanges Lernen macht nicht vor den Türen der Universitäten halt. Auch die Formen virtueller Lehre haben in meinem Unterricht, theoretisch und praktisch, schon lange vor der Coronapandemie eine wichtige Rolle gespielt.

Wo liegen für Sie die (persönlichen) Herausforderungen und gibt es Schnittmengen, die Vertrautes mit Neuem verbinden?

Newiak: Bei der Bemühung um einen ansprechenden und zielorientierten Unterricht spielt es meines Erachtens zunächst keine vordergründige Rolle, in welchem Fachgebiet man sich bewegt. Es ist vielmehr gerade in hoch spezialisierten Berufen ein ewiges Dilemma, dass die besten Expert*innen nicht immer auch gute Lehrende sind. Es ist keinem klugen Kopf in die Wiege gelegt, sich vor einer größeren Personengruppe so geordnet und klar zu artikulieren, dass andere die Inhalte gut verstehen und dadurch Lernstoff auch verinnerlichen. Man muss als angehende Lehrkraft auch erst selbst lernen, seine Unterrichtsvorbereitung effizient zu organisieren, mit der knappen Kontaktzeit zu den Lernenden zu wirtschaften und mit Störungen im Unterricht umzugehen – vom klassischen Gespräch mit dem Nachbarn bis hin zu entstehenden Konflikten. Und dann soll der Unterricht noch methodisch vielfältig, gut strukturiert und das Lernergebnis leicht prüfbar sein. Natürlich stellen sich in der Pädagogik für Gesundheitsberufe spezifische Fragen, die von unserem engagierten Dozierenden-Team auch praxisnah unterrichtet werden. Wer allerdings einen Blick in unseren Lehrplan wirft, wird zu 90 Prozent Lehrveranstaltungen finden, die sich auch in Pädagogik-Studiengängen ohne gesundheitsberuflichen Zusammenhang wiederfinden lassen. Der große Vorteil für die angehenden Master ist natürlich, dass sie sich in einer Kohorte mit Studierenden wiederfinden, die aus ihrem unmittelbaren beruflichen Umfeld stammen und daher ein ähnliches Erkenntnisinteresse mitbringen. Man kann sich super vernetzen und auch gemeinsam an alltagsnahen Beispielen lernen. Zugleich höre ich von den Studierenden immer wieder, dass sie es als sehr bereichernd empfinden, dass sie auch mal Input von Leuten bekommen, die nicht ihr halbes Leben in der Klinik oder im Labor verbracht haben und auch mal eine dysfunktionale Routine hinterfragen und kreative Lösungsvorschläge für scheinbar unlösbare Probleme einbringen. Natürlich ist ein medizinisches Grundverständnis unumgänglich, das ich durch meine ehrenamtliche Tätigkeit als Sanitäter für die DLRG mitbringe, und natürlich durch die vielen Krankenhaus-Fernsehserien, die ich während der Arbeit an meiner Dissertation in den letzten fünf Jahren gesehen habe! (lacht)

Welche Kompetenzen sollen Absolvent*innen des von Ihnen geleiteten Studiengangs erkennbar auszeichnen?

Newiak: Wer zu uns in den Studiengang kommt, hat häufig Lust, andere für den eigenen Beruf zu begeistern, sein eigenes Wissen weiterzugeben, sich dabei beruflich selbst weiter zu qualifizieren, was natürlich auch mit besseren Lohnansprüchen verbunden sein kann. Daher soll das Studium dazu befähigen, genau das zu tun: einen Unterricht für die nächste Generation der Gesundheitsberufe gestalten zu können, der „ankommt“ und Freude bereitet, den Lernenden wie auch den Lehrenden selbst. Wer sich an seine eigene Schulzeit und Ausbildung zurückerinnert, weiß, dass die eigene Motivation zum Lernen ganz entscheidend vom „Lehrkörper“ und dessen Fertigkeiten abhängt: Ein spannendes Thema kann in einem langatmigen Unterricht plötzlich schrecklich anöden. Ein hingegen auf den ersten Blick sehr theoretisches, kompliziertes oder scheinbar langweiliges Fach kann aber für Begeisterung sorgen, wenn der Lehrende es versteht, seine Faszination auf die Lernenden zu übertragen. Das fällt aber nicht vom Himmel: Als angehender Lehrender tendiert man dazu, den Aufwand und die Fertigkeiten für die Vorbereitung eines guten Unterrichts zu unterschätzen. Gute Lehrer*innen und Dozent*innen sind nicht einfach nur Wissensvermittler*innen: Sie müssen wissen, wie man eine große Gruppe so moderiert, dass alle zu Wort kommen, niemand „auf der Strecke“ bleibt und zugleich möglichst keiner Däumchen dreht. Dazu braucht man nicht nur Führungskompetenzen, etwa im systematischen Umgang mit unausweichlichen Konflikten. Gute Lehrkräfte sind gute Redner*innen, wissen um die Macht einer guten Präsentation und sind Organisationsexpert*innen. Vor allem sind Lehrende, von denen man sich gern unterrichten lässt, Vorbilder (für die Studierenden und Auszubildenden, aber auch für die eigenen späteren Lehr-Kolleg*innen), Mentor*innen und Weggefährt*innen auf einem prägenden Lebensabschnitt. Mit diesen verschiedenen Rollen und den ihnen entsprechenden Anforderungen umgehen zu lernen, ist eine Fertigkeit, die man eintrainieren muss. So ist es eine logische Konsequenz, angesichts der mit der Digitalisierung noch wachsenden Herausforderungen an eine kompetente Lehrtätigkeit, dass die Pädagogikausbildung akademisiert wird. Ein guter Lehrender wird man nicht über Nacht oder bei einem Crashkurs. Genau deswegen braucht es berufsbegleitende Studiengänge wie den Master „Pädagogik in Gesundheitsberufen“, die das beruflich fachliche fundiert mit wissenschaftlich pädagogischem Zukunftswissen verbinden.

 

Mastereinstiegsprogramm

Sollten Sie noch nicht über die Zugangsvoraussetzungen zum berufsbegleitenden Masterstudiengang verfügen, so können Sie das Mastereinstiegsprogramm M112 am DIW-MTA besuchen. Die Anmeldung hierzu erfolgt über unsere Kommunikationsplattform Stud.IP (studip.diw-mta.de/). Bei weiteren Fragen hilft Ihnen auch gerne die Geschäftsstelle des DIW-MTA unter info@diw-mta.de weiter.

Bewerben Sie sich jetzt!

Die Anmeldung für den fünfsemestrigen Masterstudiengang „Pädagogik in Gesundheitsberufen“ (Master of Science in Health Science Education) ist noch bis zum 15. Mai 2022 möglich!

Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an die Kolleg*innen der fh gesundheit (Tirol) unter www.fhg-tirol.ac.at/page.cfm oder an info@diw-mta.de.

Entnommen aus MTA Dialog 4/2022

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