Seuchen und Pandemien – die die Welt verändert haben

Buchbesprechung
Hardy-Thorsten Panknin
Seuchen und Pandemien – die die Welt verändert haben
Das Buch sollte zur Pflichtlektüre von Heranwachsenden in Schulen werden.
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Infektionserkrankungen wie Cholera, Pest, Tuberkulose, Syphilis, Malaria, Typhus, Diphtherie und Pocken, um hier nur einige aufzuzählen, bedrohten über Jahrhunderte die menschliche Kultur. In den westlichen Industrieländern änderte sich die Situation erst im 19. Jahrhundert.

Die Gründe waren: Kenntnisse der Übertragbarkeit der Krankheitserreger, Infektionsverhütung durch Isolierung der infizierten Patienten, günstige Ernährung und ihre hygienische Zubereitung, funktionsfähige Sanitäranlagen und keimfreie Wasserversorgung, die Entwicklung von Impfstoffen und ihre Applikation sowie im Besonderen die Einführung der antimikrobiellen Chemotherapie in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit ihren zahlreichen antiinfektiven Substanzen. Dank der Antibiotikatherapie sind wir uns der Bedrohlichkeit der unterschiedlichen Krankheitserreger wie auch der zunehmenden Resistenzentwicklung von unterschiedlichen Antibiotikasubstanzklassen nicht mehr bewusst. Potenziell gefährliche und resistente Mikroorganismen können jederzeit durch die globale Mobilität des Menschen unbemerkt in allen Ländern dieser Welt eingeschleppt werden. Wir erleben diese bedrohliche Situation gegenwärtig besonders bei der HIV-Infektion, Tuberkulose und COVID-19-Krankheit durch SARS-CoV-2. Infektionskrankheiten bedrohen unser Leben von Geburt an bis zum Tode; ein Faktum, was leider zu häufig vergessen wird – mit teilweisen katastrophalen Folgen. Infektionskrankheiten sind aus der Geschichte in prähistorischer und historischer Zeit nicht wegzudenken.

Von Mary Dobson, Medizinhistorikerin und Expertin für die Geschichte tropischer und ansteckender Krankheiten, wurde jüngst ihre sehr gelungene Monografie „Seuchen und Pandemien – die die Welt verändert haben“ neu überarbeitet und verlegt. Die Krankheiten, um die es in ihrer Monografie geht, haben die Geschichte der Menschheit in den letzten Jahrtausenden auf vielfache Weise berührt: Die Pest raffte im 6. Jahrhundert viele Millionen Menschen dahin, im 14. Jahrhundert fielen ihr gar 50 Prozent aller Europäer zum Opfer. Ebola versetzte nicht nur Teile Afrikas, sondern auch alle anderen Kontinente in Schrecken, da befürchtet wurde, dass die tödliche Virusinfektion auch zu uns kommen könnte. Dies zeigt, wie verletzlich unsere Welt immer noch – trotz unserer Fortschritte in Diagnostik, Therapie und Prävention – ist. Seit 1952 breitet sich das Zika-Virus über die ganze Welt aus und schädigte vor allem ab 2015 in Lateinamerika Föten im Mutterleib. Viele unbekannte Viren und Bakterien schlummern noch im auftauenden Permafrost oder gelangen in die Zivilisation, weil die Menschen immer mehr ländliche Gebiete bewirtschaften und mit Krankheitsüberträgern aus dem Tierreich in Kontakt kommen. Im Großen und Ganzen ist aber dieses Buch aus historischer Perspektive geschrieben. Es sind auch eine Reihe von Krankheiten aufgenommen worden, unter denen einige der ärmsten Länder der Welt noch heute schwer zu leiden haben. Kontagiöse Krankheiten, besonders die HIV-Infektion und COVID-19, sind neu für die menschliche Gesellschaft. Einige Krankheiten sind gekommen und wieder gegangen; so war es – historisch betrachtet – immer. Alle Buchkapitel bieten einen groben Überblick über die jeweilige Infektionskrankheit, ihr Auftreten in der Geschichte und ihre Auswirkungen auf die menschliche Gesellschaft sowie eine Schätzung, wie viele Menschen in Vergangenheit und Gegenwart betroffen waren beziehungsweise sind. Beleuchtet werden auch die oft bemerkenswerten und gelegentlich außergewöhnlichen Leistungen bei der Identifizierung, Vorbeugung und Behandlung einer Krankheit. Die begleitenden Zitate und Bilder sollen eine Nuance vom Leid, dem Schmerz, dem Elend und der Verunsicherung vermitteln, die die Menschen in Zeiten der Krankheit im Lauf der Jahrhunderte erlebt haben – aber auch das Engagement und die Zielstrebigkeit von Männern wie Frauen bei der Suche nach einer Lösung hebt Dobson in ihrer Einleitung besonders hervor.

Zusammenfassend: Das Buch mit seinen zahlreichen Bildern ist eine Bereicherung für den interessierten Leser, der sich ein visuelles Bild von Leid, Schmerz und Verdammung unserer Ahnen im historischen Kontext von den mannigfaltigen gemeingefährlichen Infektionen machen will. Das Buch sollte zur Pflichtlektüre von Heranwachsenden in Schulen werden; denn aus der Historie wurden uns erst die Ursachen und auch die Prävention von den gemeingefährlichen Infektionen offenbart. Alle Ausbildungseinrichtungen im Gesundheitswesen müssen sich vermehrt dem Thema Infektionskrankheiten stellen; denn Infektionen sind das größte Gesundheitsproblem des Menschen. Das Buch schließt im historischen Kontext die Lücke.

Seuchen und Pandemien – die die Welt verändert haben
Von: Mary Dobson, 272 Seiten, ca. 250 Abb., Hardcover, NATIONAL GEOGRAPHIC Verlag, 2021, ISBN: 978–3–86690–765–2, Preis: 34,99 Euro

Entnommen aus MTA Dialog 10/2021

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