Wann besteht ein Anspruch auf Abfindung?

Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz
Elske Müller-Rawlins
Wann besteht ein Anspruch auf Abfindung?
© Dan Race – stock.adobe.com
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Nach einer Kündigung besteht nicht automatisch ein Anspruch auf Abfindung.

Ein Abfindungsanspruch wird in der Regel nur dann begründet:

–    Nach § 628 BGB, wenn der Arbeitgeber Sie durch vertragswidriges Verhalten zu einer berechtigten fristlosen Kündigung veranlasst hat.

–    Nach § 113 BetrVG, wenn der Arbeitgeber von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund abweicht. Dann können Sie, wenn Sie infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung seiner Abfindungen zu verurteilen.

–    Nach § 112 BetrVG bei einem Sozialplan mit Abfindungsregelung.

–    Nach § 1 a KSchG. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung (0,5 Gehälter pro Beschäftigungsjahr) beanspruchen kann und setzt die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes voraus (§§ 1, 23 KSchG).

Bei der Kündigung nach § 1 a KSchG gilt es zu beachten, dass das Verstreichenlassen der Kündigungsfrist bei Hinzutreten weiterer Umstände nicht immer zu einer Abfindung führen muss. Dies zeigt eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Januar 2017, 7 Sa 210/16.

Was war passiert?

Der Arbeitnehmer hatte im September 2013 wegen der Betriebsschließung eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 30. September 2014 mit dem Hinweis nach § 1 a KSchG erhalten. Die Abfindungssumme sollte sich nach Berechnung des Arbeitgebers auf 53.120 Euro belaufen. Im Juli 2014 nahm der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers an, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Es wurde ein Vertrag zwischen dem Arbeitgeber, der Transfergesellschaft und dem Arbeitnehmer geschlossen, in dem es unter anderem hieß: „Es besteht Einigkeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien, dass das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt mit Ablauf des 30. September 2014 endet. Ohne den vorliegenden Aufhebungsvertrag wäre das Arbeitsverhältnis durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum gleichen Zeitpunkt beendet worden.“ Die Abfindung wurde mit 53.120 Euro beziffert.

In der Folge verlangte der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine höhere Summe als die im Aufhebungsvertrag festgelegten 53.120 Euro, da diese, nach seiner Ansicht, um 21.841,75 Euro höher sein müsste. Diesen Betrag klagte er ein.

Wie entschied das Gericht?

Das LAG Rheinland-Pfalz wies die Klage ab.

Der Abfindungsanspruch entstehe nicht bereits mit Verstreichenlassen der Klagefrist von drei Wochen, sondern gemäß § 1 a Abs. 1 Satz 1 KSchG erst wenn die Kündigungsfrist abgelaufen ist. „Setzen die Parteien einvernehmlich einen neuen Beendigungstatbestand und regeln sie die Abfindung neu, soll hierdurch das in Gang gesetzte Entstehen eines Abfindungsanspruchs aus § 1 a KSchG abgebrochen werden. Es kann nicht entscheidend darauf ankommen, welchen genauen Beendigungszeitpunkt die Arbeitsvertragsparteien im dreiseitigen Vertrag vereinbaren.“ Die Vertragsbeendigung erfolgte nach dem Willen der Parteien daher nicht durch die Kündigung, sondern aufgrund des Aufhebungsvertrags. Da die Abfindungshöhe im Aufhebungsvertrag verbindlich auf 53.120 Euro festgelegt worden war, gab es keine rechtliche Grundlage für die eingeklagte Mehrforderung von 21.841,75 Euro.

Was bedeutet das für Sie?

Erklärt eine der Vertragsparteien im Laufe der Kündigungsfrist eine weitere Kündigung, die das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet (zum Beispiel fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber, ordentliche Eigenkündigung des Arbeitnehmers mit kurzer Frist oder wie im Fall des LAG Rheinland-Pfalz einen Aufhebungsvertrag mit Beendigungsdatum und fixierter Abfindung), kann dies einen bestehenden Abfindungsanspruch zunichte machen. Das Arbeitsverhältnis endet dann aufgrund der nachgeschobenen Kündigung vor dem Zeitpunkt, in dem der Abfindungsanspruch entstehen würde oder schließt, wie hier die Geltendmachung einer höheren als der im Aufhebungsvertrag benannten Abfindung aus.

Auch ist zu beachten, dass die Abfindung in der Regel voll zu versteuern ist und bei Geltendmachung von Arbeitslosengeld I eine Sperrzeit auslösen (§ 158 SGB III) kann, die eine Verkürzung des Anspruches um regelmäßig zwölf Wochen zur Folge hat (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).

Wir empfehlen Ihnen stets durch die Rechtsabteilung prüfen zu lassen, ob die Kündigung berechtigt war. Wir beraten Sie gern, wie Sie strategisch vorgehen sollten, um eine Ihnen zustehende Abfindung in voller Höhe zu erhalten. Rufen Sie uns gern dienstags in der Zeit von 11 bis 16 Uhr an oder senden Sie uns eine Mail, einen Brief oder ein Fax.

Kanzlei HMR
E. Müller-Rawlins
Rechtsanwältin

Entnommen aus MTA Dialog 7/2017

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