Was ist Gesundheit? Interdisziplinäre Perspektiven aus Medizin, Geschichte und Kultur

Hardy-Thorsten Panknin
Titelbild zur Buchbesprechung: Was ist Gesundheit?
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Das Themenfeld Gesundheit ist nur schwer eingrenzbar, denn es wird von widersprüchlichen Erwartungen und Traditionen verzerrt; im Wesentlichen sind es kulturelle Einflüsse. Gesundheit, so besagt die Definition der Weltgesundheitsorganisation von vor 73 Jahren – nach wie vor aktuell –, sei nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, sondern ein Zustand vollkommenen physischen, psychischen und sozialen Wohlbefindens. Diese Definition ist bis heute höchst umstritten.

Gesundheit beruht besonders auf:

  • dem Erfahrungsschatz der klinischen, naturwissenschaftlich fundierten modernen Medizin ebenso wie
  • der Hoffnung der Menschen auf ein gelingendes Leben und
  • dem zwischenmenschlichen Hilferuf, dem Wunsch nach Heil und Heilung.

Handbücher, Ratgeber und Nachschlagewerke zum Thema „Gesundheit“ existieren in großer Fülle. Die vorliegende Monografie ist unter Federführung von Philip van der Eijk, Humboldt-Universität zu Berlin, Detlev Ganten, World Health Summit & Charité, Berlin, und Roman Marek, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Herausgeber), im Rahmen der Buchreihe Humanprojekt jüngst bei Walter de Gruyter erschienen. Die Schriftreihe schafft eine Plattform, um einen forschungsrelevanten, dabei aber auch öffentlich wirksamen, Dialog der Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften über die vielfältigen Dimensionen der Frage nach dem Menschen zu führen. Am 28. Januar 2020 veranstaltete die interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Zukunft der Medizin: Gesundheit für alle“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ein Symposium zum Thema „Verständnis(se) von Gesundheit“. Die Intension der Tagung soll die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Gesundheit höchst unterschiedlich interpretiert werden kann und dass es daher wichtig ist, hier Missverständnisse zu vermeiden. Der gedruckte Tagungsband vereint die meisten der an diesem Symposium gehaltenen Beiträge, sie wurden für die Publikation überarbeitet und aktualisiert. Zudem wurden noch weitere Beiträge einbezogen, um die Reflexion zu vertiefen und um Themenbereiche abzudecken, die im Symposium unterrepräsentiert waren. Auch die Probleme der durch COVID-19 bedingten Entwicklungen und ihre Konsequenzen für die Gesundheitsthematik wurden dabei berücksichtigt. In dem Werk wird unter anderem der Frage nachgegangen, wie die Medizin Krankheiten nicht nur immer optimaler therapieren kann, sondern wie sie außerdem besser imstande sein könnte, Gesundheit zu bewahren. Die Prävention – als Vorbeugung von Krankheiten – wurde schon seit der Antike betont und damit stellt sich die Frage, weshalb es so schwierig ist, sie in der medizinischen Versorgung und Praxis umzusetzen. Denn sowohl die heutige Hightechmedizin als auch die Ausbildung in den Gesundheitsberufen sind (leider) noch weitgehend auf die Diagnose und Behandlung von Krankheiten orientiert. Gesundheit ist dagegen vor allem dem Einzelnen überlassen. Zukünftige Gesundheitssysteme werden das ändern müssen. Die unterschiedlichen Buchbeiträge zeigen historische Kontinuitäten auf und verbinden diese mit kulturgeschichtlichen Besonderheiten aus allen Regionen der Welt: Europa, China, Indien, Afrika, Südamerika sowie mit philosophischen Aspekten, zum Beispiel der Frage der Verantwortung für die eigene Gesundheit. So ergibt sich ein holistischer Gesundheitsbegriff, aus dem neue Perspektiven für die evidenzbasierte Medizin erwachsen. Das Buch richtet sich daher ausdrücklich an ein breites Publikum. Es will nicht nur beschreiben und erklären, sondern auch zu einigen der Probleme Stellung nehmen, vor denen die Gesundheitsversorgung heutzutage steht und Empfehlungen aussprechen – an Mediziner, an Politiker, an Patienten und an andere Interessenvertreter im Bereich der Gesundheitsversorgung. Mehrere Beiträge weisen darauf hin, dass man aus der Vergangenheit, aus anderen Teilen der Welt oder aus anderen medizinischen Bereichen etwas mitnehmen kann und muss. Der leitende Gedanke ist hier die Überzeugung, dass man in der Medizin und in der Gesundheitspolitik gewisse Dinge berücksichtigen sollte, die notwendig sind, um zu einer (noch) erfolgreicheren und effektiveren Gesundheitsversorgung zu gelangen, so die Herausgeber. Zusammenfassend: ein wichtiges und gut lesbares Kompendium, das besonders allen Tätigen im Gesundheitssektor das gegenwärtige Verständnis von Gesundheit, Krankheit und Prävention erläutert.

Was ist Gesundheit? Interdisziplinäre Perspektiven aus Medizin, Geschichte und Kultur
Von: Philip van der Eijk, Detlev Ganten und Roman Marek (Hrsg.)
Die digitale Version des Buchs ist als Open Access erschienen und steht damit kostenlos auf der Website des Verlags zum Download zur Verfügung: www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110713336/html

 

Entnommen aus MTA Dialog 3/2022

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