Welche Hygienekonzepte gelten für Fortbildungen?

Sofern der Arbeitgeber die Fortbildung inhouse für seine Beschäftigten durchführt, besteht schon ein Schutzkonzept dergestalt, dass die Beschäftigten in Krankenhäusern, Arztpraxen, Laboratorien (weitere Institutionen siehe § 20 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Infektionsschutzgesetz [IfSG]) für den Zugang einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis, ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie sich im ersten Schwangerschaftsdrittel befinden, oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können, vorlegen müssen (§ 20 a Abs. 2 IfSG), da ihnen ansonsten der Zugang zur Einrichtung verwehrt werden kann, wenn ein Beschäftigungsverbot nach § 20 a II 4 IfSG (neu eingestellte Beschäftigte ab 16. März 2022) besteht oder ein behördliches Betretens- oder Tätigkeitsverbot vorliegt. Für nur vorübergehend in der Einrichtung tätige Dozierende gilt § 20 a IfSG nicht. Im Rahmen seines Hausrechts kann der Arbeitgeber aber Vorgaben für Dozierende wie Kunden, Geschäftspartner und Besucher für den Zugang zur Arbeitsstätte sowie für das Verhalten in der Arbeitsstätte machen, um beispielsweise eine Ungleichbehandlung von Betriebsangehörigen und Betriebsfremden bei Maßnahmen des Infektionsschutzes zu vermeiden.

Sofern es sich um einen externen Seminarbetrieb handelt, liegt es, nach Auslaufen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, in der Eigenverantwortung der Teilnehmenden, sich selbst und andere zu schützen.

Gleichwohl können auch Seminarveranstalter von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und konkrete Vorgaben machen, zum Beispiel wenn eine relevante Ansteckungsgefahr in Innenräumen besteht, da der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann oder dass eine Teilnahme nur möglich ist, wenn man keine Coronasymptome hat und die Teilnehmenden gebeten werden, sich entweder vor Anreise testen zu lassen oder ein Testangebot vor Ort wahrzunehmen.

Als Minimum sollte man die AHAL-Regeln wahren, das heißt Abstand, Hygienemaßnahmen wie Handdesinfektion und Nießetikette, Alltagsmasken und Lüften. Auch sollten sich die Teilnehmenden über Beschränkungen im Hotel beziehungsweise im jeweiligen Bundesland rechtzeitig vor Anreise informieren.

Haftet ein Seminaranbieter, wenn es zu einer Coronainfektion durch das Seminar kommt? Hier kommt es auf die individuelle Regelung an. Corona wird als höhere Gewalt angesehen. Je nach Formulierung der Vertragsklauseln kann bereits der Ausbruch des Coronavirus selbst oder aber jedenfalls eine behördliche Anordnung der Absage des Seminars als höhere Gewalt einzustufen sein, was zu einer Haftungserleichterung für die Vertragsparteien führen kann. Erfolgt die Absage durch die Behörde, liegt sogenannte Unmöglichkeit vor, sodass der Seminarveranstalter gegenüber den Teilnehmenden nach § 275 BGB nicht mehr zur Durchführung des Seminars verpflichtet ist und die Teilnehmenden die Rückzahlung bereits an den Seminarveranstalter erbrachter Zahlungen fordern (§ 326 BGB) können; sofern nichts Abweichendes vertraglich vereinbart wurde.

Bei Absage ohne behördliche Anordnung aufgrund erhöhter Ansteckungsgefahr für Teilnehmende könnte dies durch die Verkehrssicherungspflicht gedeckt sein. Sofern der Seminaranbieter durch das Durchführen der Seminare eine besondere Gefahrenlage für Dritte schafft, hat er die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um die Schädigung oder Gefährdung Dritter zu verhindern. Dabei kann die Verkehrssicherungspflicht über das durch öffentlich-rechtliche Vorschriften und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr Geforderte hinausgehen. Ist dann die Absage einer Seminarveranstaltung das einzige Mittel, die Gefährdung einer Ansteckung oder Verbreitung des Coronavirus zu verhindern, dürften Schadensersatzansprüche nicht gerechtfertigt sein. Zudem kann sich der Seminarveranstalter auch darauf berufen, dass die „Teilnahme auf eigene Gefahr“ erfolgt, worauf er deutlich aufmerksam machen sollte.

Fazit Bei Seminarveranstaltungen ist es wichtig, das Kleingedruckte zu lesen, um für den Fall einer Absage nicht auf Kosten sitzen zu bleiben. Welche Maßnahmen Sie zu Ihrem eigenen Schutz treffen, liegt aktuell in Ihrer Eigenverantwortung, sofern nicht der Seminarveranstaltende von seinem Hausrecht Gebrauch macht und Schutzmaßnahmen empfiehlt oder fordert.

Sollte es gleichwohl zu einer Ansteckung kommen, ist zu prüfen, ob hier zivilrechtliche (bei nachweisbarer Kausalität) oder strafrechtliche Ansprüche (bei zumindest fahrlässiger Herbeiführung) denkbar sind.

Kein automatisches Beschäftigungsverbot für Impfverweigerer? Was war passiert?

Ein Auszubildender war fristlos gekündigt worden, nachdem dieser, auch im Testzentrum des beklagten Krankenhauses, seine Maske unter die Nase zog und auf eine Anweisung, seine Maske ordnungsgemäß aufzusetzen, nicht gleich reagierte. Der Auszubildende war nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft oder genesen, noch hatte er eine Kontraindikation aufzuweisen.

Wie entschied das Arbeitsgericht Bonn?

Das Arbeitsgericht Bonn entschied, dass die fristlose Kündigung mangels Abmahnung nicht wirksam ist und dem Auszubildenden ein Annahmeverzugslohn, auch ohne Vorlage eines Impf- und Genesenennachweises nach § 20 A II 1 IfSG zusteht, da kein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht. Das unmittelbare Verbot der Beschäftigung von Impfverweigerern et cetera gelte nur bei Neueinstellungen ab dem 16. März 2022. Durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom Dezember 2021 ist geregelt, dass seit dem 16. März 2022 in Arztpraxen sowie Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen nur noch Personen arbeiten dürfen, die gegen COVID-19 geimpft oder genesen sind. Beschäftigte, die entsprechende Nachweise nicht beibringen, sind vom Arbeitgeber dem örtlichen Gesundheitsamt zu melden. Strittig war, ob das Arbeitsverbot automatisch greift oder erst dann, wenn das örtliche Gesundheitsamt ein „Betretungsverbot“ für die jeweiligen Beschäftigten für die Einrichtung ausgesprochen hat, in der sie oder er arbeitet. Das Arbeitsgericht Bonn urteilte, dass erst das Gesundheitsamt ein Betretungs- und damit auch Beschäftigungsverbot aussprechen muss.

Was heißt das für Sie?

Es bedeutet, dass für den Fall, dass der geschuldete Nachweis nicht erbracht wird, zu differenzieren ist, wann die Einstellung erfolgt ist, da das gesetzliche Beschäftigungsverbot erst bei Neueinstellungen ab dem 16. März 2022 greift und zuvor eine Feststellung des Zugangs- und Beschäftigungsverbots durch das Gesundheitsamt erforderlich ist.

Da es sich um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt, bleibt abzuwarten, ob dies auch vom Bundesarbeitsgericht so gesehen wird.

Entnommen aus MTA Dialog 7/2022

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