Wie ist die Einschätzung von MTRA zur Digitalisierung/Automatisierung?

Statements
Mirjam Bauer und Michael Reiter
Statements
Rebecca Lauterbach © E. Hahne/DÄV
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.


Wie schätzen MTRA selbst die Lage ein, was bringt die Zukunft? Als Kernaussage aus diesen Statements lässt sich entnehmen: Die Zukunft bringt neue Anforderungen und neue Chancen für die MTRA. Wer sich fortbildet und engagiert, positioniert sich richtig für diese Entwicklung.

Rebecca Lauterbach, Präsidentin DVTA, Fachrichtung Radiologie/Funktionsdiagnostik:

In welcher Hinsicht wird künstliche Intelligenz (KI) Einfluss nehmen auf Befundung und Therapiestellung?

Sie wird vor allem in Regionen, die stärker vom Fachkräftemangel betroffen sind, dazu beitragen, den Versorgungsauftrag weiter zu gewährleisten. So ist die Telemedizin bereits heute eine elegante Lösung zur Patientenversorgung in strukturschwächeren Regionen. Adaptiert man diese Idee auf Gebiete, die Schwierigkeiten haben, (hochspezialisierte) Fachkräfte zu finden, ist dies sicher eine gute Basis zur Entwicklung einer Unterstützungsleistung. Viele Unternehmen, die an verschiedenen Standorten Patienten betreuen, nutzen „Support-MTRA“, die sich bei Bedarf auf viele Geräte und Standorte zuschalten können, um die Patientenuntersuchung beratend mitzubetreuen. Für die Anwender stellt dies eine besondere Unterstützung dar, weil schwierige und seltene Untersuchungen, beispielsweise die Cardio-MRT, gemeinsam mit erfahrenen Kollegen absolviert werden können.

Wie haben wir uns die Arbeit in der Radiologie unter diesen Einflüssen in, sagen wir, zehn Jahren vorzustellen? Wie verändern sich dadurch die Arbeitsprozesse insbesondere in Bezug auf MTRA – was fällt gegebenenfalls weg, was kommt hinzu?

Es ist schwer zu sagen, welchen technischen Fortschritt wir in zehn Jahren erreicht haben werden. Ich denke, es wird keinen abrupten Wechsel vom heutigen auf einen nächsten Stand geben. Sicherlich entfallen Aufgaben, doch ebenso wird Neues dazukommen: Der Bereich der System- und Geräteverantwortung wird ausgebaut werden. Der MTA-Beruf ist eine Schnittstelle zwischen Medizin und Technik, bei der einerseits qualitativ hochwertige Untersuchungen durchgeführt und andererseits die Geräteeinstellungen im Sinne des Patientenschutzes permanent optimiert werden. Beides ist nur mit einer intensiven technisch-physikalischen Ausbildung möglich und kann nicht durch andere Gesundheitsfachberufe ersetzt werden.

Wie sollten sich MTRA darauf vorbereiten?

Insbesondere im Bereich der Radiologie gibt es ein vielfältiges Fort- und Weiterbildungsprogramm durch Verbände, Gesellschaften, Hochschulen und Industrie. Berufsangehörige können entsprechend ihrer persönlichen Stärken Angebote wahrnehmen und sich weiterentwickeln. Wichtig ist dabei die Konzentration auf Kernkompetenzen: Ein Allround-MTRA für alle Arbeits- und Fachbereiche ist nicht sinnvoll, besser eine frühzeitige Spezialisierung.

Wo sehen Sie entstehende Chancen und Risiken – beispielsweise beim Gehalt, der Produktivität oder mehr Zeit für Patientenansprache?

Die Einteilung in Chancen und Risiken ist schwer vorzunehmen: Je nach Argumentationsstandpunkt können die genannten Punkte unterschiedlich verstanden werden. Eine große Entlastung sehe ich im Bereich der Bürokratie hin zu einer intensiveren Patientenbetreuung. Ferner bietet die Unterstützung durch beispielsweise Support-MTRA im Hintergrund (siehe oben) eine höhere Sicherheit für Anwender bei schwierigen und/oder seltenen Untersuchungen sowie eine stärkere Qualitätssicherung.

Können MTRA auf die Veränderungen der Arbeitsabläufe Einfluss nehmen?

Ja, im persönlichen Arbeitsumfeld können die Berufsangehörigen Einfluss nehmen. Durch kontinuierliche Fort- und Weiterbildung erleben MTRA den technischen Fortschritt real mit. Dies erleichtert die Einführung neuer Prozesse im Berufsalltag. Zudem ergeben sich dadurch verschiedene Arten der Mitgestaltung, in der Ideen entwickelt werden und individuelle Risiken einfließen.

Was tut der DVTA im Hinblick auf Fortbildung/Qualifizierung und auf die Neugestaltung der Arbeitswelt in dieser Hinsicht?

Unsere Hauptaufgabe liegt darin, die Politik von einer Novellierung des MTA-Gesetzes sowie der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (MTA-APrV) dringend zu überzeugen. Beide wurden Anfang der 1990er-Jahre zuletzt geändert. Die Inhalte sind weder fachlich noch didaktisch zeitgemäß. Zudem sind auch die Rahmenbedingungen absolut veraltet: Es gibt keine Teilzeitausbildung, die Lehre muss an Schulen in Präsenz erfolgen – und die Berufsbezeichnung suggeriert, dass MTA nur assistieren. Im Gegenteil: MTA arbeiten in ihrem Tätigkeitsfeld eigenständig und eigenverantwortlich.

Statement von Gabriele Hauke, MTRA aus Hannover/DIAKOVERE. Sie erklärt ihre Sicht aus Radiologie und Forschung

Gabriele Hauke | © privat

Ich arbeite als leitende MTRA in einer orthopädischen Klinik vorwiegend konventionell. Schon heute haben wir oft Probleme, weil wir mit den neuen Röntgengeräten „schwierige“, also behinderte oder unruhige Patienten nicht ausreichend versorgen können. Auch modernste Technik und robotergesteuerte Anlagen können nicht alle Patienten versorgen. In meinem Alltag sehe ich vor allem einen hohen Kosten- und Arbeitsdruck. Die Kliniken müssen kostendeckend arbeiten, um zu überleben. Das ist in allen Bereichen sichtbar, auch beim Kampf um MTRA-Stellen. Das Arbeitsvolumen steigt, die Zeiträume für die Ausübung der Tätigkeit werden immer kürzer und die Techniken anspruchsvoller. Neue Röntgenanlagen erfordern aufwendige Schulungen.

So müssen MTRA künftig ihre fachliche Kompetenz steigern, um neue Techniken zu erlernen. Dabei sollte man auf seine Work-Life-Balance achten: gute Arbeit leisten, seine eigene Gesundheit berücksichtigen und vielleicht auch einmal ein Seminar zur Achtsamkeit oder Entspannung besuchen. Arbeitszeiten, die zum Privatleben passen, schaffen Zufriedenheit und Identifikation mit dem Unternehmen. Ferner bewirken neue Arbeitsmodelle wie Home-Office-Tage oder Gleitzeit für leitende MTA eine steigende Motivation.

Der Einsatz von KI bietet Chancen durch Verkürzung der Arbeitsabläufe. So können Roboter Routineabläufe übernehmen und auf diese Weise MTRA entlasten. Ferner steigert er die Produktivität in Kliniken und Praxen, denn Untersuchungen können 24/7 durchgeführt werden. Auch in der Befundung hilft KI zur schnellen Diagnosestellung mit daraus resultierender zeitnaher Therapie. Dies führt zur Kostensenkung in Kliniken (und bei Krankenkassen) durch Verkürzung der Patientenverweildauer. Vielleicht führt sie zu einem völlig neuen Aufgabengebiet und einer neuen Berufsdefinition, einem „hochspezialisierten radiologischen Medizininformatiker“.

Allerdings gibt es auch Risiken durch KI, beispielsweise durch eine Fehleinschätzung der Patienten oder falsche Behandlung. Möglich ist auch ein Verlust der individuellen Versorgung insbesondere bei schwierigen Patienten (siehe oben). Vielleicht werden Arbeitsplätze abgebaut, allerdings entstehen auch neue . . . Auf jeden Fall wird es in 20 Jahren neue Techniken geben, die die aufwendige konventionelle Diagnostik ersetzen. Ich denke da beispielsweise an einen Ganzkörper-Scanner ohne den Einsatz von Röntgenstrahlung.

Tina Hartmann zur KI im Hinblick auf MTRA-Schulen und Berufsanerkennung

Tina Hartmann | © S. Hanke/DÄV

Welchen Veränderungsdruck sehen Sie persönlich in Ihrem Alltag beziehungsweise für die Schule?

Ich wünsche mir eine Anbindung des klassischen Schul-Settings – also Tafel, Hefte, Bücher, Vorlesung – an moderne Lehr-/Lern-Formen mit einem hohen Eigenengagement der Schülerinnen und Schüler. Dabei sollten medienpädagogische Konzepte eingebunden werden, das setzt allerdings erst einmal die entsprechende Weiterbildung beim Lehrpersonal voraus. Die Lernenden sollten verstärkt in die kritische Auseinandersetzung mit Umwelt, Medien und sich selbst gebracht werden. Daneben halte ich eine verstärkte Einbindung von psychologischen und soziologischen Themen im Unterricht für wichtig, um zu verstehen, was Patienten brauchen und welche Veränderungen das Berufsbild künftig mit sich bringt. Für mich persönlich bedeutet das: Einerseits will ich den Anschluss nicht verlieren, andererseits sollte man auf eigene Gesunderhaltung achten und sich abgrenzen vom zunehmenden Druck der Reizüberflutung und den Stressfaktoren, denen wir freiwillig in Alltag und Freizeit ausgesetzt sind.

Wie wollen/werden Sie sich auf die Zukunft vorbereiten?

Beruflich sinnvoll erachte ich die Weiterbildung, wie erwähnt, und die Expertensuche für Medienpädagogik. Gern möchte ich neue Konzepte entwickeln oder bestehende erweitern, wer mag, kann sich gern bei mir melden! Liebe Kolleginnen und Kollegen, haltet eure Augen offen, Networking ist hier ganz wichtig, allein kann man nicht alles im Auge behalten und reagieren. Zwischenmenschliche Kommunikation und Teamarbeit werden immer wichtiger!

Vergleich Deutschland/Schweiz – Benjamin König-Nettelmann, Leitender dipl. Radiologiefachmann HF, Klinik für Radio-Onkologie, UniversitätsSpital Zürich (USZ)

Benjamin König-Nettelmann | © privat

Welchen Veränderungsdruck sehen Sie persönlich in Ihrem Alltag?

Auch im Gesundheitswesen steht die Wirtschaftlichkeit immer mehr im Fokus unseres täglichen Handelns. Die Herausforderung dabei ist, dass der Patient mit seinen persönlichen Wünschen und Anliegen nicht zu kurz kommt. Wir dürfen bei ihm nicht den Eindruck erwecken, dass es sich um Fließbandarbeit handelt und er nur eine abrechnungsfähige Nummer ist. Allerdings ist auch der Dienstleistungsgedanke beim uns anvertrauten Patientenkollektiv in der Strahlentherapie gestiegen. Jeder erwartet eine qualitativ hochwertige Behandlung auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik und stimmige äußere Faktoren wie Ambiente, Freundlichkeit und Flexibilität des Personals. Patienten müssen das Gefühl bekommen, zu jeder Zeit im Mittelpunkt zu stehen, auch wenn sich die Krankenhäuser im direkten Wettbewerb zueinander befinden und letztlich die Fallzahlen pro Quartal ausschlaggebend sind.

Dies ist eine schwierige Aufgabe, da die personellen und zeitlichen Ressourcen immer knapper werden, dies betrifft auch uns MTRA. Die direkten Vorgesetzten sollten auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen und diese langfristig an das Unternehmen binden, da sonst Wissensverluste durch Fluktuation nicht ausgeschlossen sind. Die Fachkräftegewinnung wird eine immer größere Herausforderung, da es im Verhältnis zu den freien Stellen nicht genügend Bewerber gibt. Auf der anderen Seite muss die Klinikleitung eine zentrale Strategie – und Marketing – verfolgen, damit das Unternehmen mit seinen individuellen Angeboten einen festen Platz auf dem Markt hält und sichert.

Wie wollen/werden Sie sich auf die Zukunft vorbereiten?

Eine Prognose hängt stark von der technischen Weiterentwicklung der Großgeräte und der Einführung der KI ab. Das Gesundheitswesen hat sich rasant und beeindruckend entwickelt. Ferner beobachte ich ein zunehmendes Kostenwachstum in der Krankenversorgung, und zwar länderübergreifend. Das hängt vor allem mit der Demografie und der allgemeinen Preisentwicklung zusammen. Persönlich nehme ich aus diesen Fakten mit: Es sollten genügend finanzielle Rückstellungen für gut ausgebildetes Fachpersonal vorhanden sein, weil das Personal von administrativen Aufgaben befreit werden muss, um sich mehr auf den Patienten zu fokussieren.

In welcher Hinsicht wird KI Einfluss nehmen auf Befundung und Therapiestellung?

Die Befundung erfolgt künftig via Ferndiagnose ohne direkten Ansprechpartner vor Ort, zur Bündelung von Ressourcen. So erleichtert dies die Arbeitsabläufe und ermöglicht mehr Zeit für die Patienten.

Wie verändern sich die Arbeitsprozesse insbesondere in Bezug auf MTRA?

Im MTRA-Beruf lassen sich nur manche Arbeitsbereiche wie die Dokumentation und die Nachverarbeitung von Untersuchungen durch die Einführung der KI abschaffen. Erfahrene MTRA an den Großgeräten gerade auch in der Radio-Onkologie werden weiterhin zwingend erforderlich sein, so wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Ich denke, es werden nicht mehr so viele MTRA vor Ort arbeiten und viele Aufgaben werden zentral von einem Stützpunkt aus gesteuert.

Welche neuen Technologien und Geräte werden in der Routine zum Einsatz kommen?

Die Geräte werden sich in Bezug auf die Aufnahmequalität und die applizierte Strahlung immer weiterentwickeln. Ferner wird es immer mehr Untersuchungsmöglichkeiten geben ohne oder mit einer sehr geringen Dosis und mit innovativen Untersuchungsprotokollen. Eventuell werden auch neue Medikamente entwickelt, durch die bestimmte Krebserkrankungen vielleicht kurativ geheilt werden können oder ihre Entstehung gänzlich verhindert wird.

Wie sollten sich MTRA darauf vorbereiten?

Eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung in unserem hochtechnisierten Beruf ist für MTRA zwingend erforderlich. Man sollte neuen Techniken offen gegenüberstehen und Nährwert daraus ziehen. Falsch wäre es, alles generell abzulehnen, denn künftig werden Neuerungen sicher flächendeckend implementiert. Ich rate allen, den Prozess der Einführung aktiv mitzugestalten, damit dem Berufsstand der MTRA zudem Gehör verschafft wird.

Können MTRA auf die Veränderungen der Arbeitsabläufe Einfluss nehmen?

Ja, indem sie sich von Anfang an damit beschäftigen und eigene Ideen aktiv einbringen, um die Entwicklung für unseren künftigen Arbeitsbereich sinnstiftend mitzugestalten.

Was tut der DVTA im Hinblick auf Fortbildung/Qualifizierung und auf die Neugestaltung der Arbeitswelt in dieser Hinsicht?

Der Berufsverband bietet vielseitige Information und Kommunikation in Richtung seiner Mitglieder. Er setzt sich für die Modifizierung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung ein, da diese veraltet ist und zwingend angepasst werden muss. Daneben bietet er ein auf alle Bereiche zugeschnittenes Fort-/Weiterbildungsprogramm, um sich gut auf neue Technologien und Herausforderungen des Berufslebens vorzubereiten.

Jenny Kloska, akademisierte MTRA, Haus der Technik, Essen

Jenny Kloska | © Alex Muchnik/DÄV

Welchen Veränderungsdruck sehen Sie im Alltag?

Ich bin nicht auf einem klassischen Gebiet der MTRA tätig, sondern in der Lehre außerhalb der MTRA-Ausbildung, und hier speziell im Bereich des Strahlenschutzes: In diesem Bereich spüre ich den Veränderungsdruck vor allem in ständigen technischen und gesetzlichen Neuerungen, die ich vermitteln muss. Darüber hinaus muss ich mich als Lehrkraft zunehmend mit elektronisch gestützten Lernformen auseinandersetzen.

Wie wollen/werden Sie sich auf die Zukunft vorbereiten?

Meine Vorbereitung ist ein stetig fortlaufender Prozess. Ich bilde mich ständig auf dem Gebiet der Methodik und Didaktik weiter und engagiere mich in Fachverbänden, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben.

In welcher Hinsicht wird KI Einfluss nehmen auf Befundung und Therapiestellung?

Die KI wird den Radiologen die Arbeit erleichtern und Normalbefunde sicherer/verlässlicher erstellen sowie unerfahrenen Ärzten Unterstützung bieten. Außerdem könnten aus Datenbanken weltweit vernetzter Kliniken Therapieschemata abgefragt beziehungsweise vorgeschlagen werden und Therapien somit individueller an den Patienten angepasst werden.

Wie haben wir uns die Arbeit in der Radiologie unter diesen Einflüssen in, sagen wir, zehn Jahren vorzustellen?

Wenn die Radiologie es schafft, die Veränderungen anzunehmen, wird sie als Fachrichtung weiter existieren – mit Experten auf dem Gebiet der Bildgebung. Der Radiologe setzt künftig seine Kapazitäten eher im Bereich der interventionellen Radiologie ein, wird also vermehrt therapeutisch tätig. Wenn die Radiologie es nicht schafft, die KI-Befundung für sich als Alleinstellungsmerkmal herauszuarbeiten, werden auch andere Fachrichtungen diese unterstützende Befundung nutzen. Dies könnte dazu führen, dass immer mehr Teilgebietsradiologen auch eigene Geräte betreiben. Dieser Trend zeichnet sich heute bereits ab.

Wie verändern sich dadurch die Arbeitsprozesse insbesondere in Bezug auf MTRA?

Für die MTRA bedeutet es, dass die technische Durchführung von CT, MRT oder Angiografie weiter durch vorgefertigte Programme auf ein recht einfaches Anwenderlevel heruntergebrochen wird. So können mehrere Geräte von einer Konsole aus durch einen Spezialisten gesteuert werden, die Betreuung vor Ort kann also von weniger qualifizierten Kräften vorgenommen werden. Die Ausweitung der Schnittbilddiagnostik auf die Teilgebietsradiologie könnte jedoch auch verursachen, dass der Radiologe nicht mehr der einzige Arbeitgeber für MTRA bleibt.

Welche neuen Technologien werden zum Einsatz kommen?

Möglicherweise werden weitere Verfahren zum Einsatz kommen, die zur Bildgebung keine ionisierende Strahlung mehr benötigen. Die Schnittbilddiagnostik wird einen größeren Stellenwert in der Routinediagnostik bekommen, während die konventionelle Bildgebung weiter zurückgedrängt wird.

Wie sollten sich MTRA darauf vorbereiten?

MTRA sollten sich darauf einstellen, nicht mehr überwiegend am Patienten, sondern auch in interdisziplinären Teams zu arbeiten. Große Bedeutung erhält darüber hinaus das persönliche Verständnis und Engagement auf dem Gebiet der Medizininformatik, insbesondere der Algorithmen in der KI und dem Rapid Prototyping.

Wo sehen Sie entstehende Chancen und Risiken?

Es ergibt sich für MTRA die Chance, sich auf dem Arbeitsmarkt als die einzigen Fachleute für die technische Durchführung in der Bildgebung zu behaupten, egal für welchen Arbeitgeber. Spezialisten, möglichst mit Studium, werden in allen Fachrichtungen gesucht und auch entsprechend honoriert, besonders bei hochgradiger Spezialisierung.

Können MTRA auf die Veränderungen der Arbeitsabläufe Einfluss nehmen?

Auf die allgemeine technische Entwicklung beziehungsweise Digitalisierung der Arbeitswelt können sie dies sicher nicht. Eine Veränderung benötigt immer viel Energie und persönliches Engagement von Einzelpersonen oder Teams. Unser Ziel sollte es sein, gemeinsam mit den Arbeitgebern neue eigenständige Arbeitsfelder zu entwickeln oder Abläufe zu verändern. Der Einfluss der MTRA wird, aufgrund der meist wirtschaftlichen Interessen der Arbeitgeber, wohl insgesamt eher gering sein.

Was tut der DVTA im Hinblick auf Fortbildung/Qualifizierung und auf die Neugestaltung der Arbeitswelt in dieser Hinsicht?

Die Fortbildungen sollten sich mehr mit den Themen Medizininformatik und Zukunftstechnologien beschäftigen. Langfristig werden nur Studiengänge die benötigten Kompetenzen vermitteln können, zudem machen vorerst lediglich akademische Abschlüsse einen Sprung auf der Karriereleiter möglich.

Ute Zillmann, MTRA-Schulleitung, Universitätsklinikum Essen

Ute Zillmann | © privat

Welchen Veränderungsdruck sehen Sie persönlich in Ihrem Alltag und für die Schule?

Die fortschreitende Digitalisierung und die technische Weiterentwicklung führen zu einer Vielzahl von neuen Anforderungen an das Fachpersonal, der sich die Ausbildung wie auch die Fort- und Weiterbildung stellen müssen. Zeitgemäße Lehr- und Lernprogramme, die unter Einsatz von digitalen Medien die Qualifizierungsanforderungen des MTRA-Personals abdecken, sind notwendig.

Diese Entwicklung macht sich in allen Einsatzbereichen – Radiologische Diagnostik, Nuklearmedizin und Strahlentherapie bemerkbar. Insbesondere wird dies in der Therapie von Patienten mittels Bestrahlungstechnik deutlich, in der wir durch den technischen Fortschritt einen hohen Handlungsbedarf sehen.

Die Arbeitsabläufe in den Abteilungen werden zunehmend automatisiert und sind somit komplexer. Diese Automatisierung macht es für einen Auszubildenden schwierig, die einzelnen Komponenten eines Arbeitsablaufes nachzuvollziehen. Die Nachvollziehbarkeit beziehungsweise das Verständnis für den elementaren Zusammenhang einzelner physikalischer Details in einem Arbeitsschritt sind jedoch Voraussetzung dafür, diese Prozesse zu verstehen und zu erlernen.

Gleichermaßen sind die möglichen Folgen einer Handlung den Handlungskomponenten nicht mehr zuzuordnen. Das bedeutet, dass man Fehler zwar wahrnimmt, die Ursache aber keinem konkreten Ablaufelement zuordnen kann, da diese Elemente digital gesteuert sind. Dies erschwert eine Fehleranalyse besonders für die Personen, die den Arbeitsprozess erlernen sollen beziehungsweise gerade neu einsteigen. Nur sehr erfahrenes Personal hat die Fachkompetenz zu einer grundlegenden Ursachensuche bei Fehlern. Fehler bedeuten jedoch gleichzeitig ein erhöhtes Patientenrisiko. Schon kleinste Fehler im Behandlungsprozess, zum Beispiel in der Strahlentherapie, haben durch die zunehmend komplexe Technik weitreichende Konsequenzen für den Patienten, die Geräte und die Organisation. In der heutigen Strahlentherapie kann bei der punktgenauen Bestrahlung ein kleinster Fehler in der Bestrahlungsplanung oder Bestrahlungsvorbereitung zu gravierenden Veränderungen für den Patienten führen, nämlich zu einer unerwünschten Dosisverteilung oder der unnötigen Belastung von Risikoorganen. Geringfügige Kollisionen von Bestrahlungsgerät und Tisch führen zu einem massiven Geräteausfall, bedingt durch die notwendigen physikalischen Kontrollmessungen. Die Konsequenzen im Unternehmen sind Verzögerungen in der Patientenversorgung, Verlängerung von Liegezeiten und erhöhten Personalkosten durch Überstunden.

Ähnliches lässt sich auch auf andere radiologische Bereiche übertragen, deren Prozesse in ähnlichem Maße digitalisiert sind beziehungsweise ähnlich empfindliche Geräte aufweisen.

Die derzeitigen Aus-, Fort- und Weiterbildungen finden primär am Patienten statt und erlauben keine Fehlertoleranz. Die sensible moderne Technik und die patientenbedingte Auslastung von Geräten und Fachpersonal lassen keine Möglichkeiten des Experimentierens zu und gestatten ein nur sehr eingeschränktes selbstständiges Einüben von Arbeitsabläufen. Gleichzeitig sind Arbeitsprozesse einer stetigen Veränderung unterworfen und der Auszubildende wie auch das Fachpersonal müssen im Sinne eines lebenslangen Lernens in diesen Veränderungen geschult werden. Für die Ausbildung ergibt sich aus der mangelnden Fehlertoleranz die Konsequenz, dass die Auszubildenden viele Handlungen nur eingeschränkt oder gar nicht ausführen dürfen.

Die Auszubildenden haben unterschiedlichste Voraussetzungen beziehungsweise setzen Erlerntes anders um. Die bestehenden Lehr- und Lernkonzepte am Patienten erlauben wenig individuelle Förderung, da technische und zeitliche Ressourcen dafür nicht zur Verfügung stehen. Eine zusätzliche Herausforderung stellt die Integration von Migranten in den Arbeitsprozess dar – und zwar im Hinblick auf unterschiedliche sprachliche Voraussetzungen und den damit verzögerten Lernerfolg.

Fazit: Auf den Schulen und dem Lehrerkollegium lastet ein hoher Anpassungsdruck, dem wir mit den bisherigen Maßnahmen nicht gerecht werden können.

Wie werden Sie sich beziehungsweise die Auszubildenden auf die Zukunft vorbereiten?

Den Auszubildenden muss diese Problemlage erklärt werden. Ihnen muss präsent sein, dass aufgrund der Digitalisierung Prozessabläufe und Fehleranalysen nicht mehr transparent sind. Dadurch entwickeln die Auszubildenden einen verantwortungsvollen Umgang mit der Technik und dem Patienten. Die Bedeutung von Plausibilitätsprüfungen muss hervorgehoben werden. Technik ist gut und wichtig, bedarf aber auch der Kontrolle.

Die Digitalisierung muss stärker in den Ausbildungsprozess verankert werden. Benötigt werden patientenferne, aber realitätsnahe Lernprogramme im Sinne virtuellen Lernens, mit denen der Lernende die Arbeitsabläufe der radiologischen Untersuchungen sowie der Bestrahlungsplanung und Bestrahlung in Ruhe nachvollziehen kann. Der Lernende muss die Handlungen experimentell erfassen und Fehler machen dürfen, um daran die Konsequenzen falscher Arbeitsabläufe abzuleiten. Versuch und Irrtum, als heuristische Methode der Problemlösung, sollen technikschonend einsetzbar sein.

Welchen Einfluss hat die KI auf Befundung und Therapie?

Der Einfluss wird zunehmend mehr. Das ist jedoch nicht negativ zu werten, es macht nur eine Qualifizierung zur Prüfung der Prozesse notwendig.

Wie sehen Sie die Arbeit in der Radiologie in zehn Jahren?

Ich denke, eine (Vor-)Befundung durch KI wird normal sein und individualisierte Untersuchungsprotokolle beispielsweise mit stark angepasstem Dosismanagement werden flächendeckend eingesetzt. Ferner wird durch die Zusammenarbeit zwischen KI und MTRA eine Optimierung und Individualisierung von Untersuchungsabläufen sowie Aufnahmetechniken erreicht. Zudem erfolgt eine Delegation ärztlicher Tätigkeit an MTRA, dabei werden Standardverfahren beziehungsweise Vorgehensweisen wegfallen.

Wie sollen MTRA sich darauf vorbereiten?

Durch Integration von Virtual Reality (VR) in Aus-, Fort- und Weiterbildung bereiten sie sich auf die künftigen Herausforderungen genauso vor wie durch stetige Fortbildungen mit hohem Praxisbezug durch den Einsatz patientenferner digitaler Lernprogramme. Auch der Besuch von Kongressen und der Austausch mit der Industrie helfen!

Chancen und Risiken der KI?

Chancen sehe ich vor allem in einem interessanten, zukunftsorientierten und innovativen Arbeiten: Das spricht künftige Generationen vermehrt an. Es wird bessere Einsatzmöglichkeiten für akademisierte MTRA geben, Dosisoptimierungen und verbesserte Kontrollmechanismen für die eigene Arbeitsweise. Risiken sehe ich nur, wenn die KI verwendet wird, um den Patientendurchfluss zu erhöhen!

Welche Einflussnahme auf die Veränderungen sehen Sie durch MTRA?

MTRA haben gute Möglichkeiten der Einflussnahme, da sie hochqualifizierte Fachkräfte sind. Das Berufsbild ist nicht durch andere Berufsgruppen ersetzbar, fachliche Kenntnisse und damit Expertise bleiben gefragt. Allerdings ist hier auch Mut zur Einflussnahme gefordert und die Bereitschaft, sich mit den neuen Techniken praktisch und theoretisch auseinanderzusetzen.

Was tut der DVTA im Hinblick auf Fortbildung/Qualifizierung und auf die Neugestaltung der Arbeitswelt in dieser Hinsicht?

Der DVTA muss das Thema digitalisierte Arbeitswelt vermehrt in der Fort- und Weiterbildung aufnehmen, Foren zum Austausch der Lehrenden zur Bewerkstelligung dieser Herausforderung halte ich für wünschenswert.

Stefanie Becht, Leitende MTRA und QMB, undJens Hausmann, MSc, mit leitender Funktion Bereich Systembetreuung Teleradiologie, MTRA, BG Unfallkrankenhaus Berlin

Stefanie Becht und Jens Hausmann | © Dorothea ScheurlenDGPh/Unfallkrankenhaus Berlin (ukb)

In welcher Hinsicht wird künstliche Intelligenz Einfluss nehmen auf Befundung und Therapiestellung?

In Teilbereichen kann die künstliche Intelligenz die Befundung bereits ergänzen. Aktuell gibt es Projekte, bei denen große Datenmengen zur Analyse herangezogen werden, um KI für die Befundung zu entwickeln und zu erproben. Gegebenenfalls kann dadurch eine Verkürzung der Zeit von der Diagnose bis zur Behandlung erreicht werden. Vielleicht kann KI sogar die Diagnostik ergänzen, beispielsweise bei der Durchführung von Untersuchungen an Großgeräten.

Wie haben wir uns die Arbeit in der Radiologie unter diesen Einflüssen in, sagen wir, zehn Jahren vorzustellen?

Heute schon sichtbar ist, dass die Digitalisierung zur Vereinfachung von Abläufen beim rasterlosen Röntgen führt. Ferner bringt sie mehr Effizienz, denn der Einsatz von Flachdetektoren reduziert Wege und spart somit Zeit. Am MRT erleichtern automatisierte Untersuchungsprotokolle die Arbeit. Eine Zentralisierung der Radiologen wird kommen, dementsprechend fallen Radiologen als direkte Ansprechpartner vor Ort weg. In diesem Fall wird der Aufwand bei Rückfragen größer, wie es bei einer hohen Anzahl an Teleradiologie-Untersuchungen bereits sichtbar ist. Künftige Prozesse werden darauf ausgerichtet, noch effizienter zu sein. Der direkte Patientenkontakt bleibt bis auf Weiteres bestehen, aber vielleicht wird nach der Lagerung in Zukunft der Rechner die Untersuchung und Rekonstruktion durchführen. So bestünde die Möglichkeit der parallelen Durchführung zweier Untersuchungen, vorausgesetzt, die Räumlichkeiten sind in unmittelbarer Nähe.

Welche neuen Technologien werden zum Einsatz kommen?

Dazu gehören auf jeden Fall weitere Dosisreduktionsverfahren, automatisierte Untersuchungstechniken an Großgeräten und Automatisierung rund um weitere Gerätefunktionen – beispielsweise in Vor- und Nachbereitung. Zudem werden immer mehr Untersuchungen zur Gewinnung von Daten und Befundung automatisch ausgewertet. Datenerhebungsphasen am Patienten verkürzen sich bei gleichzeitig steigender Datenauswertungsvielfalt am Datensatz zur Gewinnung von Daten zur Befundung – ein Beispiel ist die Errechnung verschiedener MRT-Sequenzen aus einem „Superdatensatz“.

Wie sollten sich MTRA darauf vorbereiten?

MTRA sollten einen engen Draht zur Wirtschaft halten, um Informationen zu Innovationen zu bekommen. Pflicht ist eine theoretische und praktische Weiterbildung (lebenslang!), zudem wird eine Spezialisierung gezielter Kollegen zu Key-Usern erfolgen, die zentral als Ansprechpartner und Kommunikatoren in den Abteilungen dienen.

Wo sehen Sie entstehende Chancen und Risiken?

Die aktuelle demografische Entwicklung zeigt ein steigendes Patientenaufkommen bei gleichzeitig sinkender Personalverfügbarkeit. Eine zunehmende Zahl unbesetzter MTRA-Stellen zielt auf mehr Effizienz pro MTRA ab. Dabei entsteht das Risiko, dass auf den steigenden Bedarf an emotionaler Fürsorge für den Patienten zunehmend keine Rücksicht mehr genommen werden kann. Der Bedarf an Automatisierung ist auch in der Medizin eine weitere Chance, doch zieht dies gleichzeitig steigende Erwartungen an die Berufsgruppe MTRA nach sich: durch immer höher spezialisierte Geräte und Untersuchungsmethoden und -techniken wie Dual-Source-CT, Interventionen-Angiografie, Hybridsysteme et cetera. In der aktuellen Entwicklung sehen wir steigende Erwartungen bei konstantem Gehalt.

Können MTRA auf die Veränderungen der Arbeitsabläufe Einfluss nehmen?

Hier ist zu unterscheiden nach den Anpassungen der Arbeitsabläufe, die auf geräteseitigen Anforderungen wie akkubetriebene Geräte, notwendige Kalibrierung et cetera basieren beziehungsweise nach den neuen Möglichkeiten in der Diagnostik, beispielsweise zur Erweiterung des Untersuchungsspektrums. Weitere Anpassungen der Arbeitsabläufe basieren auf den Forderungen der klinischen Umgebung, etwa: Wie schnell muss das Bild im PACS verfügbar sein, wie schnell muss ein CT durchgeführt werden? Anpassungen im Workflow aufgrund technischer Innovationen sind zunächst geräteseitig bedingt, diese müssen MTRA in den Workflow einbinden.

Veränderungen hinsichtlich der Diagnostik und der klinischen Umgebung werden wohl gemeinsam mit den Radiologen und gegebenenfalls nach Rücksprache mit den Klinikern erarbeitet. Idealerweise geben wir als MTRA Feedback an Gerätehersteller, wie Systeme effizienter arbeiten könnten, beispielsweise im Rahmen eines Requirement Engineerings.

Fest steht: Alle Anpassungen in Prozessen durch Innovation erfordern eine klare und offene Kommunikation gegenüber den anderen Berufsgruppen.

Was tut der DVTA in dieser Hinsicht?

Der DVTA bietet Fort-/Weiterbildungen an, das breite Spektrum reicht von Gerätetraining über KI bis hin zu Untersuchungsmethoden. Der Verband sollte aus unserer Sicht als Interessenvertretung seiner Mitglieder gegenüber Dritten wie Politik und Arbeitgebern auftreten. Aus dieser Perspektive passiert zu wenig. Themen, die der Verband als Sprachrohr diskutieren sollte, sind:

•    Sind wir noch „nur“ Assistenten?

•    Akademisierung von Spezialisten?

•    Wie ist es um die Akzeptanz von (akademischen) Weiterbildungsqualifikationen beim Arbeitgeber gestellt?

•    Die Qualifikation widerspiegelnde Tarifgestaltung.

Entnommen aus MTA Dialog 4/2019

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige