Wirkstoff gegen Fettleberhepatitis

In Studie hochwirksam und gut verträglich
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Neue Möglichkeit der Behandlung von Fettleber.
Innovativer Wirkstoff hemmt die Entzündung und Vernarbung der Leber. SciePro, stock.adobe.com
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Wissenschaftler/-innen haben ein neuartiges Medikament mitentwickelt, mit dem sich die nicht-alkoholische Fettleber-Entzündung effektiv behandeln lassen könnte. Die innovative Fettsäure erwies sich in klinischer Studie als hochwirksam und gut verträglich.

Die nicht-alkoholischen Fettlebererkrankungen stellen in den westlichen Industrienationen mittlerweile die häufigste Ursache für erhöhte Leberwerte dar. Wissenschaftler/-innen des Instituts für Translationale Immunologie der Universitätsmedizin Mainz haben nun ein neuartiges Medikament mitentwickelt, mit dem sich die nicht-alkoholische Fettleber-Entzündung effektiv behandeln lassen könnte: die modifizierte Omega-3-Fettsäure Icosabutat. In der laufenden klinischen Phase 2b-Studie „ICONA“ scheinen sich die positiven Ergebnisse zu bestätigen: Der Wirkstoff verhinderte die Entzündung und Vernarbung der Leber. Bislang gibt es noch keine etablierte Therapie und kein zugelassenes Medikament gegen die nicht-alkoholische Fettleber-Entzündung. Dies könnte ein Durchbruch für die Behandlung dieser Erkrankung sein.

Nicht-alkoholische Fettleber nimmt zu

Weltweit leiden in den Industrieländern immer mehr Menschen an Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise Adipositas, gestörtem Fettstoffwechsel oder auch Typ 2-Diabetes mellitus. Viele dieser Patienten entwickeln eine Leberverfettung, die als nicht-alkoholische Fettleber (NAFL) bezeichnet wird. Allein in Deutschland haben etwa 30 Prozent der Bevölkerung eine NAFL. Die NAFL verursacht keine Beschwerden. Rund jeder sechste NAFL-Patient entwickelt jedoch eine Fettleber-Entzündung, die sogenannte nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH).

Bisher keine medikamentöse Therapie

Wird die Fettleber-Entzündung chronisch, führt sie zu einer Leber-Fibrose. Dabei vermehrt sich das kollagene Bindegewebe in der Leber und die Leber vernarbt. Folgeerkrankungen einer durch eine NASH entstandenen Fibrose können Leberzirrhose (Schrumpfleber), Leberversagen und sogar Leberzellkrebs sein. Die bisherige Behandlung einer NAFL und einer NASH zielt zunächst darauf ab, die Ernährung der Betroffenen umzustellen und mehr körperliche Bewegung zu verordnen. Damit soll unter anderem eine Gewichtsabnahme erreicht werden. Diese kann die NASH verbessern. Wie auch bei der Behandlung von Adipositas gelingt die Gewichtsabnahme jedoch bei den meisten NASH-Patienten oft nur unzureichend. Eine medikamentöse Therapie steht aktuell nicht zur Verfügung. Zwar wird in der Forschung an zahlreichen Wirkstoffen gearbeitet, jedoch scheiterte deren Zulassung häufig an der unzureichenden Wirksamkeit oder weil sie unerwünschte Nebenwirkungen hervorriefen.

Erste Erfolge sichtbar

„Wir haben gemeinsam mit der Firma Northsea Therapeutics ein potentielles Medikament gegen die NASH entwickelt und mit Hinblick auf seine Wirksamkeit ausgiebig in vitro und in vivo getestet: die strukturell-modifizierte Omega-3-Fettsäure Icosabutat. Dabei handelt es sich um eine völlig neue Substanzklasse. Durch Icosabutat verbesserten sich sowohl die Leberentzündung als auch die Leberfibrose. In einer ersten Studie mit Patienten, die ein hohes Risiko für NASH hatten, normalisierte eine tägliche Kapsel unseres Wirkstoffs Icosabutat erhöhte Blutwerte der Leberentzündung und der Leberfibrose sehr überzeugend und schnell. Basierend auf diesen vielversprechenden Ergebnissen konnte in den USA eine klinische Phase-2b-Studie (‚ICONA‘) initiiert werden, in der Betroffene mit schwerer NASH und Leberfibrose über einen Zeitraum von einem Jahr mit Icosabutat behandelt werden. Hier wird der Therapieerfolg zu Beginn und am Ende auch per Leberbiopsie beurteilt“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, Direktor des Instituts für Translationale Immunologie an der Universitätsmedizin Mainz.

Hohe Dosen wären keine Option

Die Entwicklung des neuen Medikaments basiert auf bekannten Substanzen aus Fischöl, den Omega-3-Fettsäuren. Neben der positiven Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System sind Omega-3-Fettsäuren auch an mehreren Prozessen beteiligt, die die Entzündungen der Leber und die Fibrose regulieren können. Das diente als Ausgangspunkt für die Suche nach einem Arzneimittel, mit dem sich chronische Leberentzündungen behandeln lassen. Die Herausforderung, aus Omega-3-Fettsäuren ein wirksames Medikament für NASH herzustellen, liege darin, dass nahezu überall im Körper Omega-3-Fettsäuren für den allgemeinen Energiestoffwechsel benötigt werden. Auch die Leber nutze die Fettsäuren, um Energie zu gewinnen und ihre Zellen aufzubauen. Dadurch würden die Omega-3-Fettsäuren schnell vom Körper verbraucht, weshalb sie nicht mehr über ausreichend Potential verfügten, die Leberentzündung zu hemmen. Die für eine klinische Wirksamkeit erforderlichen hohen Dosen von Omega-3-Fettsäuren werden schlecht vertragen und hätten unerwünschte Nebenwirkungen.

Icosabutat wird nicht „verbraucht“

„Bei unserer Substanz Icosabutat haben wir die Struktur der Omega-3-Fettsäure so verändert, dass dieser Wirkstoff nicht in die Leberzellen eingebaut oder als ‚Brennstoff‘ verbraucht werden kann. So liegt genügend unverbrauchte Icosabutat-Fettsäure in der Leber vor, um die Entzündung und die Fibrose zu dämpfen. Dabei wirkt die modifizierte Omega-3-Fettsäure Icosabutat 50-mal stärker als die natürliche Omega-3-Fettsäure. Wir sind optimistisch, dass der von uns entwickelte Wirkstoff zu einer ersten wirksamen Therapie mit klarem Nutzen für die vielen von NASH Betroffenen führen wird. Das wäre ein weiterer großer Erfolg für die translationale Entwicklung eines Medikaments von der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung – ein zentrales Ziel unseres Instituts für Translationale Immunologie“, betont Professor Schuppan.

Literatur:
Fraser DA, Wang X, Lund J, et al.: A structurally engineered fatty acid, icosabutate, suppresses liver inflammation and fibrosis in NASH. J. Hepatol. 2022; 76 (4): 800-811, DOI: https://doi.org/10.1016/j.jhep.2021.12.004.

Quelle: idw/Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

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