Fachliche Verwirklichungschancen und Zukunftsperspektiven für MTR

Interview mit Katrin Hägele
red
Katrin Hägele vor einem Gebäude.
Nach Jahren internationaler Erfahrung folgte die Selbstständigkeit. © K. Hägele
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.

Formularfelder Newsletteranmeldung

* Pflichtfeld

Medizinische Technologinnen und Technologen für Radiologie (MTR) verfügen heute über ein breites Spektrum an beruflichen Entfaltungsmöglich­keiten. Von der klinischen Praxis über Lehre und Forschung bis hin zur Industrie oder freiberuflichen Beratung. Fortschritte in den Bereichen künst­liche Intelligenz, Telemedizin und Nachhaltigkeit erweitern das Tätigkeitsfeld signifikant und stärken die Rolle der MTR als unverzichtbare Fachkräfte in der modernen bildgebenden Diagnostik. Sie sichern nicht nur die Bildqualität und Patientensicherheit, sondern leisten auch einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung innovativer Verfahren. Katrin Hägele ist MTR und hat internationale Berufserfahrung. Hier schildert sie ihren Berufsweg.

Frau Hägele, wie kamen Sie zum Beruf der MTR?

Meine Reise in die Radiologie begann früh. Bereits während meiner Schulzeit arbeitete ich an Wochenenden als Büroassistentin in der Radiologie meines Heimatortes Aalen. Zufällig kam ich durch einen Bekannten, der dort leitender MTR war, zu diesem Teilzeitjob. Ich verliebte mich sofort in die Technik und die faszinierende Welt der Röntgenbilder. Für mich war es beinahe magisch, mit Maschinen ins Innere des menschlichen Körpers blicken zu können – ganz ohne Operation, ganz ohne Verletzung. Fasziniert begann ich meine Ausbildung zur MTR an der Akademie für Gesundheitsberufe in Ulm und startete danach in meiner vorherigen radiologischen Abteilung am Ostalb-Klinikum Aalen. Dort sammelte ich umfassende praktische Erfahrung in konventioneller Röntgendiagnostik, Mammografie, Angiografie und Computertomografie.

Und wie kam es, dass Sie im Ausland arbeiten wollten?

Schon während meiner Ausbildung hatte ich den Wunsch, in Großbritannien zu arbeiten. Als ich mich initiativ bewarb, erhielt ich von einer deutschen Kollegin, die bereits vor Ort tätig war, den entscheidenden Hinweis: Zunächst musste meine Ausbildung beim Health and Care Professions Council (HCPC-uk.org) in Großbritannien anerkannt werden. Während meiner Tätigkeit in Deutschland ließ ich mein Examen offiziell anerkennen. Die Zusammenstellung der erforder­lichen Unterlagen war sehr zeitaufwendig und dauerte fast ein Jahr. Sämtliche Zeugnisse, Lehrpläne und Arbeitsnachweise mussten übersetzt und beglaubigt werden – ein Prozess, der damals noch ausschließlich per Post und ohne digitale Hilfsmittel deutlich komplizierter war als heute. Wertvolle Unterstützung erhielt ich von einem weiteren deutschen Kollegen, der bereits in Brighton arbeitete. Den Kontakt vermittelte mir der DVTA, und zufälligerweise fand ich später sogar meine erste Anstellung in seiner Klinik. Mit beiden Kollegen stehe ich bis heute in engem Austausch. Über Vermittlungsagenturen erhielt ich zahlreiche Jobangebote, die mir den Einstieg an neuen Orten deutlich vereinfachten. Nach einigen Monaten in Brighton nutzte ich dann die Gelegenheit, weitere spannende Arbeitsorte kennenzulernen – darunter die Isle of Man, Oxford, Inverness, Leeds sowie mehrere Kliniken in und um London.

Wie war das Arbeiten in Großbritannien?

Die Arbeit in Großbritannien stellte mich vor ganz neue Herausforderungen. Der fachliche Anspruch sowohl im Röntgen als auch in der CT war hoch – beispielsweise musste man Befunde erkennen und Untersuchungen mit Pathologien markieren (britisches „Red-Dot-System“) oder selbst entscheiden, ob Zusatzuntersuchungen oder Spätaufnahmen notwendig waren. Im direkten Vergleich merkte ich schnell, dass ich mit meiner deutschen Ausbildung fachlich hinter meinen britischen Kolleginnen und Kollegen zurücklag.

 

Wie haben Sie darauf reagiert?
Anstatt mich entmutigen zu lassen, nutzte ich die Herausforderung als Motivation. Zunächst absolvierte ich ein neunmonatiges Postgraduierten-Zertifikat in Computertomografie an der Birmingham City University (https://www.bcu.ac.uk/courses/radiography-msc-2025-26) und anschließend ein zweijähriges Postgraduierten-Diplom in Nu­klearmedizin an der University of the West of England, Bristol (https://courses.uwe.ac.uk/B80A42/nuclear-medicine). Beide Programme sind Masterstudiengänge, die darauf ausgelegt sind, langfristiges und selbstständiges Lernen zu fördern und die Teilnehmenden sowohl auf evidenzbasiertes Arbeiten im Berufsalltag als auch auf Tätigkeiten mit größerer fachlicher Verantwortung vorzubereiten.

 

Und wie ging es weiter, als Sie wieder in Deutschland waren?

Später arbeitete ich für Alliance Medical in der Bedienung mobiler CT- und PET/CT-Einheiten – ein innovatives Unternehmen, das ich bereits in Großbritannien kennengelernt hatte. Mit Trailern auf Lkws besuchte ich die Kunden, die die PET/CT-Geräte im Zwei- oder Vier-Wochen-Rhythmus an ihren Standorten mieteten. Danach war ich bei GE HealthCare als Applikationsspezialistin für automatisierten Brustultraschall (ABUS) tätig, mit europaweitem und teils globalem Einsatz. Ich durfte bei Pilotprojekten zur Brustkrebsfrüherkennung mitwirken und Kundenfeedback direkt ans Engineering im Silicon Valley weitergeben, um die Systeme kontinuierlich weiterzuent­wickeln. Dabei eröffnete sich mir die Möglichkeit, medizinische Institute und deren Mitarbeitende in neuen Ländern und Regionen kennenzulernen, darunter Skandinavien, Osteuropa, Kanada, Israel und Saudi-Arabien. Nach vier spannenden Jahren kündigte ich, um mir einen weiteren Traum zu erfüllen: eine Weltreise.

Das klingt sehr spannend. Können Sie uns ein paar Ein­drücke Ihrer Weltreise schildern?

Während meiner sechsmonatigen Reise sammelte ich neben dem üblichen Sightseeing viele prägende Eindrücke. Den Anfang machte ich in Nepal mit einer 20-tägigen Wanderung ins Everest-Gebirge, unter anderem zum Base Camp, wo mir die gravierenden Folgen von Plastikmüll und globaler Erwärmung besonders bewusst wurden. In Indien besuchte ich einen befreundeten Pfarrer und verbrachte dort mehrere Wochen. Dabei kam ich mit zahlreichen Familien unterschiedlicher Herkunft ins Gespräch und klärte in Schulen und Kirchen über die westliche Kultur auf. Dabei wurde mir deutlich, dass insbesondere Frauenrechte vielerorts noch keine Selbstverständlichkeit sind. Neben meiner Kulturreise entlang der Westküste vertiefte ich zudem mein Wissen über das indische Gesundheitssystem und die östliche Medizin, insbesondere Ayurveda – eine ganzheitlichere ­Heilkunst mit starkem Fokus auf Prävention im Vergleich zu unserer westlichen Medizin. Außerdem nahm ich an einem zehntägigen Vipassana-Meditationskurs teil, den man vollständig in Stille verbringt. Zum Abschluss meiner Reise verbrachte ich noch zwei Monate in Australien, die mir weitere wertvolle Perspektiven eröffneten. Dort wurde mir bewusst, dass das Leben auch anders gestaltet werden kann als durch ständige Arbeit. Viele Menschen arbeiten dort in Teilzeit oder sind selbstständig, um mehr Zeit zu haben, um das Leben zu genießen – ein starker Kontrast zur oft stressigen deutschen Arbeitskultur.

 

Viele haben nach einer längeren Auszeit Angst, wieder Fuß fassen zu können. Gelang Ihnen der Wiedereinstieg nach der Weltreise?

Ja, das ging dann ganz schnell. Noch während meiner Reise und früher, als mir lieb war, erhielt ich erneut ein Jobangebot von GE HealthCare, diesmal im Bereich Computertomografie. Obwohl ich mir vorgenommen hatte, mich nicht wieder so stark vom Job vereinnahmen zu lassen, landete ich rasch im Hamsterrad. Alle Kolleginnen und Kollegen arbeiteten sehr viel und es schien normal zu sein. Schon bald bestimmten wieder lange Dienstreisen und zahlreiche Überstunden den Alltag. Fachlich war diese Zeit dennoch äußerst bereichernd, da ich die Bedienung der neuesten, leistungsfähigsten CT-Systeme erlernte und Schulungen für Mitarbeitende führender Kliniken im deutschsprachigen Raum durchführte. Dabei vertiefte ich mein Know-how erheblich und bereitete mich optimal auf meine heutige Tätigkeit als freiberufliche CT-Applikationsspezialistin vor.

Sie haben dann die Selbstständigkeit gewählt? Was hat Sie dazu bewogen, diesen Schritt zu gehen?

Die Freiberuflichkeit bietet mir deutlich mehr Autonomie und Selbstbestimmung. Ich kann meine Einsätze selbst steuern, Projekte auswählen und die Dauer der Aufträge bestimmen. Somit ermöglicht mir eine Selbstständigkeit die nötige Flexibilität für meine Freizeitgestaltung. Gleichzeitig habe ich die Möglichkeit, eigene fachliche Schwerpunkte zu setzen und mich auf die Einsatzbereiche zu konzentrieren, die mir besonders liegen. In der Anwendungsberatung sind Computertomografie und Kontrastmittelinjektoren mein Steckenpferd. Zudem kann ich regelmäßig als Referentin für den DVTA und die DRG tätig sein und stelle meine Expertise auch Nichtregierungsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen zur Verfügung.

 

Was raten Sie jungen Menschen, die vor der Entscheidung stehen, eventuell MTR zu werden? Welchen Rat haben Sie für diejenigen, die sich beruflich weiterentwickeln möchten?

Der Beruf der MTR ist vielseitig und zukunftsweisend. Für jemanden, der sich für Technik und Naturwissenschaften interessiert und zugleich gerne mit Menschen arbeitet, ist dieser Beruf die richtige Wahl. Solide fachliche Grundlagen sind selbstverständlich, doch wer unabhängig, flexibel, offen für Neues und reiselustig ist, kann Spezialisierungen, internationale Einsätze, Innovationen und persönliches Wachstum erleben.

Im Berufsleben ist Mut, Neues auszuprobieren, entscheidend. Es lohnt sich, Gelegenheiten wahrzunehmen, auch wenn ihr direkter Nutzen nicht sofort sichtbar ist. Alles, was man lernen kann, sollte man mitnehmen, denn manche Investitionen zahlen sich erst Jahre später aus. Fortbildungen oder ein Studium führen nicht immer unmittelbar zu einem neuen Job oder zu höherem Gehalt – oft zeigt sich der Nutzen erst langfristig. Viele MTR unterschätzen ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt. Gerade im deutschsprachigen Raum gibt es zahlreiche berufliche Möglichkeiten, sodass sich stets neue Wege eröffnen, selbst wenn einmal nicht alles nach Plan läuft.

 

Ebenso wichtig ist es, stets auf dem neuesten Stand zu bleiben. Lebenslanges Lernen gehört zum Berufsalltag. Das eigene Netzwerk ist dabei der Schlüssel zum Erfolg – sei es über soziale Medien, Fach­gesellschaften, Berufsverbände, Kongresse oder ehrenamtliches Engagement. So lässt sich ein wertvolles belastbares Netzwerk aufbauen, das für die berufliche Weiterentwicklung genutzt werden kann.

Und schließlich gilt: Tue Gutes und sprich darüber. Nur so wird sichtbar, was man bewegt und erreicht. Ich teile meine Geschichte, um zu zeigen, was alles möglich ist, wenn man Chancen erkennt, Verantwortung übernimmt und den eigenen Weg aktiv gestaltet.

Kontaktmöglichkeit: info@katrin-haegele.de

 

Entnommen aus MT im Dialog 12/2025

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige