Impfstoff gegen Gelbfieber
Amöbenruhr wird durch das Protozoon Entamoeba histolytica verursacht und geht mit Bauchschmerzen, blutig schleimigen Durchfällen und Tenesmen (schmerzhafter Stuhldrang) einher. Weltweit erkranken pro Jahr circa 50 Millionen Menschen. Damit zählt die Amöbenruhr zu den häufigsten humanen Protozoonosen. Ihr Erreger wurde 1875 erstmals beschrieben und 1883 bei 150 an Dysenterie Erkrankten festgestellt. 1903 gab ihm der Zoologe und Protozoenforscher Fritz Schaudinn (1871–1906) seinen wissenschaftlichen Namen. Beim Rattenbissfieber (syn. Rattenbisskrankheit) handelt es sich um eine bakterielle Zoonose. Übertragen wird sie durch Bisse von Ratten, Mäusen, Eichhörnchen und Haustieren, die sich von Nagetieren ernähren. Als Erreger fungieren Spirillum minus, ein gramnegatives anaerobes Bakterium, und Streptobacillus moniliformis, ein gramvariables gewundenes Stäbchenbakterium. Nach einer Inkubationszeit von bis zu zwei Monaten bildet sich um die Wunde ein rotes Exanthem. Fieberschübe und fieberfreie Intervalle wechseln einander ab („rekurrentes Fieber“), Lymphknoten, Milz und Leber können anschwellen. Die Erkrankung ist selten und tritt vor allem in Japan auf.
Frühes Interesse für Gelbfieber
Bereits während seiner Zeit in London interessierte sich Theiler für das Gelbfieber. Bis in die 1920er-Jahre nahm man an, dass die Krankheit durch Spirochäten der Gattung Leptospira, Erreger der Weil-Krankheit, hervorgerufen wird. Morbus Weil (nach dem Pathologen und Internisten Adolf Weil benannt) ist vor allem durch Fieber, Nieren- und Leberentzündung gekennzeichnet und tritt bei Menschen auf, die mit Ratten-, Hunde- und Schweineurin in Berührung kommen. Gefährdet sind zum Beispiel Forstbeschäftigte und Personen, die mit Abwässern Kontakt haben. 1927 wiesen Theiler und Mitarbeitende nach, dass Gelbfieber nicht durch den Erreger der Weil-Krankheit, sondern durch ein filtrierbares Virus verursacht wird. Zudem zeigte er, dass sich die Erkrankung auf Mäuse übertragen ließ – Grundlage für die Entwicklung des Impfstoffs 17D. „Für seine Entdeckungen, das Gelbfieber betreffend und wie man es bekämpft“ erhielt Theiler 1951 den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie.
Max Theiler wurde 1899 als eins von vier Kindern des Tierarztes Arnold Theiler und seiner Frau Emma in Pretoria, Südafrika, geboren. Sein Vater stammte aus der Schweiz, wanderte 1891 nach Südafrika aus und gilt als Pionier der Erforschung tropischer Tierkrankheiten und Begründer der Tiermedizin in Südafrika. 1914 wurde er vom britischen König in den Adelsstand erhoben. Max besuchte verschiedene Schulen in Südafrika und lebte ein Jahr in Basel. 1916–18 verbrachte er am Rhodes University College in Makhanda (früher Grahamstown) und an der University of Capetown. Am St. Thomas Hospital und an der London School of Tropical Medicine setzte er sein Studium fort, das er 1922 abschloss. Im gleichen Jahr erhielt er eine Lehrerlaubnis am Royal College of Physicians und wurde Mitglied des Royal College of Surgeons. Zudem wechselte er an die Harvard Medical School in Boston, USA. Ab 1930 arbeitete er bei der Rockefeller Foundation in New York, seit 1951 leitete er die Labore der Abteilung Medicine and Public Health. Neben dem Gelbfieber beschäftigte er sich mit der Weil-Krankheit, Dengue-Fieber und Poliomyelitis. Bei Labormäusen fand er eine mit Kinderlähmung nahezu identische Krankheit, die manchmal „Theiler Krankheit“ genannt wird.
Dass Zecken, Stechfliegen und Mücken Krankheiten übertragen können, war schon bekannt: Der US-amerikanische Pathologe Theobald Smith (1859–1934) fand, dass Zecken die Rinderkrankheit Texasfieber verbreiten. Sir David Bruce (1855–1931), australisch-englischer Mikrobiologe, entdeckte die nach ihm benannte Brucellose, das Maltafieber, und identifizierte die Tsetse-Fliege als Überträger der Schlafkrankheit. Und 1897 wies der englische Tropenmediziner Ronald Ross nach, dass Malaria von Anophelesmücken auf Menschen übertragen wird, 1902 erhielt er dafür den Nobelpreis.
Erster Abschnitt der Forschung
Die Erforschung des Gelbfiebers unterteilte Theiler in seiner Nobelpreisrede in zwei Zeitabschnitte. Demnach erstreckt sich der erste Abschnitt auf den Beginn des 20. Jahrhunderts, als Walter Reed und seine Mitarbeiter nachwiesen, dass der Erreger des Gelbfiebers durch den Biss von Mücken der Gattung Aedes, meistens Aedes aegypti, übertragen wird. Der Hintergrund: Schon lange versprachen Forscher sich mehr davon, Krankheitserreger übertragende Mückenpopulationen zu bekämpfen, als nach Arzneimitteln zur Behandlung der Infektion zu suchen. Und in vielen Ländern gibt es seit Langem Programme, um die Vermehrung der Moskitos zu unterbinden. Doch Jahrhunderte hindurch waren die Menschen Ausbrüchen von Gelbfieber mehr oder weniger hilflos ausgeliefert. Das änderte sich erst im Jahr 1900, zwei Jahre nach dem Ende des Spanisch-Amerikanischen Krieges. Amerikanische Soldaten waren damals auch auf Kuba stationiert, viele von ihnen erkrankten an Gelbfieber. Als sich die Situation zunehmend verschlechterte, schickte die US-Regierung eine Kommission unter Leitung des Militärarztes Walter Reed nach Havanna, um das Gelbfieber zu untersuchen. Zuvor hatte der kubanische Arzt Carlos Finlay bereits darauf hingewiesen, dass Moskitos die Krankheit verbreiten, doch die Fachwelt hatte seine Theorie nicht ernst genommen. Reed hatte keine überzeugende Erklärung für das Fieber der Soldaten. Also machte er sich daran, die Hypothese von der Übertragung durch Mücken zu überprüfen. Mitglieder der Kommission meldeten sich freiwillig für Selbstversuche, und der Bakteriologe James Carroll ließ sich ein Extrakt aus infizierten Moskitos injizieren. Er erkrankte an Gelbfieber, erholte sich aber rasch wieder. Wiederholungen mit anderen Probanden ergaben das gleiche Ergebnis. Beim Tragen der Kleidung von an Gelbfieber Verstorbenen steckte sich indes niemand an. Daraus schloss Reed, dass die Infektion nicht direkt von Mensch zu Mensch übertragen wird. Wenig später vernichtete man große Mengen an Insekten, und die Epidemie kam zum Stillstand.
Das Gelbfiebervirus gehört in der Familie der Togaviren zur Gattung Flavivirus. Sie umfasst mehr als 60 humanpathogene Vertreter, die neben dem Gelbfieber etwa Hirnhautentzündungen, Dengue-Fieber und West-Nil-Fieber verursachen. Die Erkrankung ist in den tropischen Gebieten Mittel- und Südamerikas und in Afrika zwischen der Sahara im Norden und der Kalahari im Süden (Botswana) verbreitet. Ein Vordringen in nördlichere Regionen wurde bisher durch niedrige Temperaturen verhindert. Zwar gibt es Berichte von Gelbfieberepidemien in Boston – Moskitos waren in den Wasservorratsbehältern von Segelschiffen dorthin gelangt –, doch diese Ausbrüche waren nie von Dauer. Denn Aedes aegypti verträgt Kälte nicht, Versuche zeigen, dass 62 Prozent der erwachsenen Mücken sterben, wenn sie eine Stunde lang 0 °C ausgesetzt sind. Die meisten Larven sterben bereits bei einer durchschnittlichen Temperatur von weniger als zehn Grad.
Die Inkubationszeit beträgt drei bis sechs Tage. Die Erkrankung beginnt mit plötzlichem hohem Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen, Übelkeit und (Blut-)Erbrechen sowie Darmblutungen. Gewebeschädigungen an Leber und Nieren können auftreten, nach sechs bis acht Tagen mit Gelbsucht (Ikterus). Im schlimmsten Fall sterben Betroffene an Nieren-, Herz- und Kreislaufversagen. Nur wenn es nicht zum Befall innerer Organe kommt, bestehen gute Aussichten auf Heilung. Eine alte Volksregel besagt: „Wer die Sonne des zehnten Tages erblickt, ist gerettet.“ Der Verlauf ist indes sehr unterschiedlich: Harmlosen Varianten stehen schwere Varianten gegenüber, die zu 80 Prozent tödlich enden. Eine spezifische Behandlung ist nicht möglich, lediglich die Symptome können gelindert werden.
Zweiter Abschnitt der Forschung
Der zweite Abschnitt der Gelbfieberforschung begann Theiler zufolge „1928, als Stokes, Bauer und Hudson fanden, dass der Indische Rhesusaffe empfänglich für Gelbfieber war. Nun hatte man ein Tier, das für Laborversuche verfügbar war. Der erste Gelbfiebervirus-Stamm, den die Forscher etablierten, ist als Asibi-Stamm bekannt, benannt nach dem Patienten, bei dem er isoliert wurde. Er wurde in der Erforschung des Gelbfiebers ausgiebig genutzt und war (…) der Elternstamm, von dem schließlich der Impfstoff 17D seinen Ausgang nahm.“
Auf der Suche nach billigeren und leichter verfügbaren Versuchstieren fand Theiler, dass weiße Mäuse empfänglich für das Gelbfiebervirus sind, wenn man es ihnen intrazerebral verabreichte. 1928 isolierten drei Forscher in Dakar einen weiteren Stamm, der sich, ähnlich wie der Asibi-Stamm, als hochvirulent für Rhesusaffen erwies. Bei den Mäusen zeigte sich die Erkrankung lediglich als Enzephalomyelitis. Innere Organe wie Leber, Nieren und Herz waren im Unterschied zu Rhesusaffen und Menschen nicht betroffen. Bei fortlaufender Inokulation des Virus in Mäuse änderte sich dessen Pathogenität laut Theiler in zweierlei Hinsicht: „Erstens: Die Inkubationszeit verkürzte sich, bis sie nach vielen Maus-Passagen konstant blieb (…) Zweitens: Mit der Zunahme der Virulenz für das Nervensystem der Mäuse zeigte sich eine Abnahme der Virulenz für Rhesusaffen, wenn das Virus parenteral verabreicht wurde. Diese Abnahme der Virulenz eröffnete erstmals die Möglichkeit, ein abgeschwächtes Virus für die Impfung von Menschen zu verwenden.“ Theiler verbrachte viele Jahre damit, die Veränderungen des Virus und seiner Pathogenität experimentell zu untersuchen. Für die Entwicklung eines Impfstoffs war dabei essenziell, die Affinität des abgeschwächten Virus sowohl zu inneren Organen als auch zu Nervengewebe zu kontrollieren. Der Impfstoff 17D gibt ihm Recht – er besteht aus vermehrungsfähigen, abgeschwächten Viren, die in Embryonalgewebe von Hühnern angesiedelt werden, und gehört zu den besten der Welt. 1937 erstmals bei Menschen angewendet, genügt heute für den Schutz vor einem schweren Verlauf der Erkrankung eine einzige Injektion unter die Haut. Mehr als 400 Millionen Einzeldosen wurden bisher verabreicht, mehr als 95 Prozent der Erwachsenen sind danach wirksam geschützt. Laut WHO-Empfehlung sollte die Impfung alle zehn Jahre wiederholt werden, doch etliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen von einer lebenslangen Immunität aus. Sichere Statistiken über unerwünschte Wirkungen der Impfung existieren nicht, doch auch hinsichtlich der Sicherheit kann 17D es mit allen anderen Impfstoffen aufnehmen – extrem selten wurden Fälle von Hirnhautentzündung berichtet. Da circa 80 Prozent der berichteten Fälle bei Säuglingen im Alter von weniger als vier Monaten auftraten, empfiehlt die WHO, Kinder frühestens sechs Monate nach der Geburt zu impfen.
Ein Anstieg der jährlichen Durchschnittstemperatur im Zusammenhang mit dem menschengemachten Klimawandel könne Auftreten und Verbreitung des Gelbfiebervirus schlagartig ändern, prophezeite etwa der US-amerikanische Virologe Robert Shope (1929–2004): „Müsste ich raten, welche Krankheit bei einer weltweiten Erwärmung die größte Gefahr für den Menschen darstellt, ich würde auf Gelb- und Dengue-Fieber tippen, die beide von Aedes aegypti übertragen werden.“
Literatur (Auswahl)
1. Kayser F, Bienz K, Eckert J, Lindemann J: Medizinische Mikrobiologie. 6. Aufl. Stuttgart: Georg Thieme Verlag 1986.
2. Schadewaldt H (Hrsg.): Die Rückkehr der Seuchen. Köln: vgs verlagsgesellschaft 1994.
3. Tejan-Jalloh I: Gelbfieber in Afrika 1950–1965. Dissertation der Medizinischen Fakultät der Freien Universität Berlin 1968.
4. Theiler M: Nobel Lecture 11. Dezember 1951. Online (letzter Zugriff am 01.09.2025).
Entnommen aus MT im Dialog 12/2025
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