Neuigkeiten aus der Blutbank

Tagung der DGTI
Mirjam Bauer
Foto einer Packung Erythrozytenkonzentrat mit RFID-Chip
Abb. 1: Erykonzentrat mit RFID-Chip © M. Bauer
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Vom 17. bis 19. September 2025 fand im Kongresszentrum Mannheim die dreitägige Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) statt. Zahlreiche wissenschaftliche Symposien, Sitzungen, Workshops und eine Industrieausstellung sorgten für vielfältige Fortbildungs­möglichkeiten und Austausch, auch für MFA und MT.

Die Nutzung von RFID in der Blutbank

Ein spannendes Konzept stellte das Institut für Transfusionsmedizin und Hämostaseologie des Universitätsklinikums Augsburg (UKA) vor. Es beliefert acht externe Krankenhäuser in der Umgebung mit Blutprodukten und nutzt dafür das Verfahren der Radio Frequency Identification (RFID), um den Verwurf und die Fehlergefahr zu minimieren sowie ­Kosten zu sparen.

Die Ausgangslage beschrieb Jan Pilch, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin und Hämostaseologie. Für den Vertrieb von Erythrozytenkonzentraten (EK) und Frischplasma aus Fremdherstellung besitzt sein Institut eine Großhandelsbetriebserlaubnis gemäß AMG § 52 a, da das Blut vom Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes stammt. Die Lagerung und der Transport von Blutprodukten sind in der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung geregelt und in der EU GDP-Leitlinie 2013/C 343/01 ausformuliert. Außerdem müssen die Richtlinien der Hämotherapie, insbesondere § 11 a des deutschen Transfusionsgesetzes beachtet werden. Im UKA handele es sich um ein Blutdepot im Krankenhauslabor mit mehreren Betriebsstätten desselben Trägers. Drei konkrete Herausforderungen des Großhandels mit EK ­standen bei der Planung im Raum: Extern vertriebene EK dürfen nicht zurückgenommen werden, ein unsachgemäßer Umgang – etwa die Unterbrechung der Kühlkette – kann nicht ausgeschlossen werden und die Entnahme von Blutprodukten aus dem Kühlschrank am Außenstandort ist nicht nachprüfbar. Aus diesen Gründen wurden überprüfbare Kriterien für den GDP-konformen Vertrieb mithilfe der RFID-Technologie aufgestellt: Die Einhaltung der Kühlkette bis zur Verwendung und die Verfolgbarkeit der EK in Echtzeit müssen gesichert sein, ferner ist ein Echtzeitinventar in den Kühlschränken der Außenlager nötig. Zudem sollten Fehler bei der Ausgabe von EK vermieden werden. Jährlich werden etwa 24.000 EK vom Institut ausgegeben, circa 7.700 EK gehen an externe Kunden, das entspricht 400–800 EK pro Krankenhaus.

Projektschritte zur Umsetzung

Zunächst wurde ein Antrag an die Regierungsbehörde gestellt. Mit einem Krankenhaus wurde ein Konzept entwickelt, bei dem das System zunächst nicht in die IT-Infrastruktur eingebunden, sondern über ein Jahr ausschließlich als Insellösung betrieben werden sollte. Anschließend war die Einbindung in die IT-Infrastruktur mit einer Schnittstelle zu Nexus/Swisslab geplant. Nach einem Jahr Probezeit sollten weitere Kunden/externe Krankenhäuser angebunden werden.

Die Idee zu einer innovativen technischen Nutzung hatte die leitende MTL des Blutdepots, Anja-Maria Block, schon länger. Sie suchte auf Logistikmessen passende Ideen, mit denen man die Blutprodukte besser steuern und den Verbrauch dezimieren könnte. Leider stehen immer weniger Blutspender einer hohen Nachfrage gegenüber. Mit der Firma Aegis fand die Medizinische Technologin einen Anbieter, der mit RFID bereits im medizinischen Markt etabliert war.

Praktische Durchführung, wie funktioniert RFID?

Einen RFID-Chip erhalten im UKA nur die Produkte, die an Außen­häuser verkauft werden. Ihre Kennzeichnung erfolgt über ein kleines Kodiergerät, das aussieht wie eine Waage. Nach der Entnahme aus dem Kühlschrank wird das betreffende Blutprodukt auf das Gerät gelegt, von oben wird der Barcode, wie üblich, gescannt – zusätzlich wird von unten der RFID-Chip eingelesen –, dann bringt die Software diese Informationen zusammen. Anschließend werden die Blutprodukte mit dem RFID-Logger in eine Transportbox gelegt. Nach dem Transport erfolgt die Lagerung im RFID-Kühlschrank des Kunden. So werden die Produkte im Institut für Transfusionsmedizin erneut sichtbar. Wird ein Produkt aus dem RFID-Kühlschrank entnommen, geht es in den Besitz der externen Klinik über. Aus Sicht des Blutbankpersonals bringt die Nutzung der RFID-Technologie deutliche Vorteile: Sie erhalten die komplette Historie des Transports – insbesondere der Einhaltung der Temperatur – und Daten über die Bestände im Kühlschrank beziehungsweise die genaue Position der einzelnen Blutprodukte. Sie erhoffen sich dadurch zum einen die Zurücknahme lückenlos dokumentierter Produkte, zum anderen können sie externe Häuser besser beraten und den Blutverbrauch optimieren. Kreuzproben sind jederzeit möglich, auch wenn sich das EK bereits in einem Außenhaus befindet, lediglich die Patientenprobe muss im UKA vorhanden sein, zusätzliche Taxifahrten entfallen. Zudem erleichtern die neuen Prozesse die Arbeit, weil beispielsweise nicht mehr ad hoc gepackt werden muss, eine bessere Planung ist möglich.

Block fasst zusammen: „Der Mehraufwand durch RFID ist leistbar und die vollständige Überwachung des Transports essenziell. Die Transparenz über den Bestand im kompletten Stadtgebiet ermöglicht korrigierende Eingriffe. Die Sicherheit, dass die Produkte ordnungsgemäß behandelt wurden, sorgt für eine erhöhte Patientensicherheit – vor allem in der letzten Ausbaustufe mit einer geplanten Produktverfolgung bis ans Patientenbett. Da per RFID mehr speicherbar ist als auf einem herkömmlichen Barcode, erhoffen wir uns auch hier weitere Optimierungen. Zudem sind die Chips überschreibbar. Ein EK, das sich im RFID-Kühlschrank eines Kunden befindet, kann durch eine erneute Kreuzprobe bei uns auf einen anderen Patienten umgeschrieben werden. ­Diese Information enthält der Chip automatisch, da die Kühlschränke sowohl mit einer Lese- als auch einer Schreibfunktion ausgestattet sind.“

Die Nachrüstung vorhandener Kühlschränke ist möglich, wenn diese maximal drei bis fünf Jahre alt sind. Ältere Modelle sollten, auch aus Energie- und Sicherheitsgründen, ausgetauscht werden. Für die Nutzung von RFID gibt es seit 2010 einen Standard. Auch wenn Initialkosten für die Hard- und Software zu leisten sind, lässt sich ein Return on Investment durch die Rücknahme von Blutprodukten aus den Außenlagern und den geringeren Verwurf erreichen. Im UKA betrugen die Hardwarekosten für das Projekt circa 5.000 Euro; die Software mit 12-monatiger Testphase kostet 25.000 Euro jährlich. In den externen Kliniken wurden Hardwarekosten von rund 15.000 Euro angesetzt. Das Institut im Klinikum Augsburg möchte sich als (über)regionale Blutbank etablieren und zusätzliche Kunden gewinnen – und ist gespannt auf das Feedback der Behörde. Sie erhoffen sich eine Anbindung aller Außenstandorte und der wichtigsten Abteilungen innerhalb des Klinikums: Onkologie, Chirurgie und Intensivstation. Eine elektronische Kontrolle der Verabreichung von Blutprodukten (per Cross Match) steht weiterhin auf der Wunschagenda des Blutbankpersonals.

Digitaler Spenderbogen für die Blutspende

Einen Vortrag über die Digitalisierung in der Blutspende hielt Sven Prinzler von Nexus lab – sein Titel lautete „Digitaler Spenderbogen für die Blutspende – effizient, papierlos und rechtssicher“. Die Blutspende ist aktuell ein sehr analoges Verfahren; Spender müssen seitenweise häufig die gleichen Dokumente ausfüllen, insbesondere Mehrfachspender. Hier bieten sich deutliche Optimierungen über eine digitale Spender-App (die bereits zu Hause genutzt werden kann) oder ein Spenderterminal vor Ort an. Zusätzlich benötigt die Blutspendestelle vor Ort ein SignPad für die Unterschrift des Spenders, ein Kartenterminal für die digitale Signatur des verantwortlichen Arztes mit Heilberufsausweis und einen Arztarbeitsplatz/PC. Mit dieser Ausstattung können papier­lose Dokumentationen mit digitalen Unterschriften und eine rechts­sichere Archivierung erreicht werden. Zudem sind neue Informationen, die die Blutspende betreffen, wie in letzter Zeit beispielsweise in Bezug auf das West-Nil-Virus, digital einfach in den Spenderbogen einzufügen. Auch die Wiederauffindbarkeit und eine schnellere Durchführung bei Mehrfachspendern sind weitere Vorteile. Der ID-Check von Nexus stellt die mobile Lösung zur Dokumentation der Transfusion dar. Er bein­haltet die Identitätssicherung, das heißt die Zugehörigkeit des Patienten zum Produkt, die Qualitätssicherung, die Haltbarkeit der Konserve, die Gültigkeit der Kreuzprobe, den Bedside-Test sowie sämtliche Dokumentationen und die Erfassung eventueller unerwünschter Arzneimittel­wirkungen. Die Tagungsteilnehmer diskutierten im Nachgang über eventuelle Datenschutzbestimmungen, die hier gegebenenfalls nicht klar definiert seien. Sven Prinzler waren jedoch keine Schwierigkeiten bei der Nutzung der von ihm vorgestellten Softwarelösungen bekannt.

Rhesusprophylaxe

Mit dem Vergleich zwischen einer manuellen und einer automatisierten Methodik zur Bestimmung von Anti-D-Titern bei der Rhesusprophylaxe beschäftigte sich Marion Posset aus Regensburg. Vorgesehen ist die Gabe von Immunglobulinen bei Rhesus-negativen Schwangeren in der 27.–29. Schwangerschaftswoche und 72 Stunden nach Geburt. Dabei soll der Mutter 300 Mikrogramm Immunglobulin Anti-D verabreicht werden, dieses neutralisiert circa 15 Milliliter der fetalen Erythrozyten. Dadurch soll die Antikörperbildung bei der Mutter verhindert werden. Diese Gabe erfolgt nur, wenn das Kind Rhesus-positiv ist. Zur Titerbestimmung gibt es keine Vorschrift, diese dient jedoch der Überprüfung der Wirksamkeit und kann nach GOÄ abgerechnet werden. Die EMA empfiehlt zudem einen Antikörpersuchtest bei Rhesus-D-negativen Müttern. Die Titerbestimmung kann über verschiedene Methoden erfolgen, bei der maschinellen Methodik wurde das QuidelOrtho Vision Max genutzt, für die manuelle Bestimmung Biorad-Karten. Für den ­Vergleich wurden 20 Proben mit vorangegangener Rhesusprophylaxe und einem positiven Antikörpersuchtest genutzt. Das Ergebnis: Beide Bestimmungen sind vergleichbar, die Ergebnisse waren zu 75 Prozent identisch, für alle Methoden gibt es Kontrollen/Ringversuche. Die automatisierte Messung und Auswertung ergibt konsistente, reproduzierbare Ergebnisse, zudem ist sie zeitsparend und unabhängig vom Anwender, dessen Erfahrungsgrad oft ausschlaggebend wirkt. Zum Ende stellte die Vortragende die Frage auf, welche Konsequenzen Titerbestimmungen in der Immunhämatologie haben sollten. Sie erwähnte die Relevanz vor allem bei AV0-inkompatiblen Organtransplantationen beziehungsweise Stammzellentransplantationen. Klinisch relevante irreguläre Antikörper müssen immer beachtet werden, auch unter der Nachweisgrenze. Genügt zur Überprüfung der Wirksamkeit der Rhesusprophylaxe ein Antikörpersuchtest?

Diese Fragen blieben offen, dürfen aber gern von allen Interessierten weiter diskutiert werden (Leserbriefe können geschickt werden an: ­redaktion@mtdialog.de)..

 

Entnommen aus MT im Dialog 11/2025

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