Radiologie als gestaltende Kraft in Diagnostik und Therapie
Bildgeführte Therapie: Diesen fachlichen Schwerpunkt wählte die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG) für ihren Kongress Ende Mai. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR) wollte die DRG verdeutlichen, dass die Radiologie nicht nur diagnostisch, sondern auch therapeutisch einen wichtigen Beitrag zur Versorgung von Patientinnen und Patienten leistet. Zugleich unterstrich das Motto „W.I.R. gestalten“ den Anspruch der Disziplin, über die klinischen Fächer hinweg Einfluss auf die Patientenversorgung zu nehmen – „Wissen. Innovation. Radiologie“.
Was kann man aber gestalten, wenn zeitgleich auf dem Ärztetag über die neue GOÄ abgestimmt wird – mit zu erwartenden enormen Abschlägen? Diese Grundsatzfrage stellten Prof. Dr. Martin Mack und Prof. Dr. Michael Uder bei der Eröffnung des Röntgenkongresses. Die Clearing-Gespräche hätten eine „Farce“ dargestellt; die Bundesärztekammer (BÄK) habe eigentlich keine Meinung hören wollen. „Stethoskop und Mikroskop haben nun mal geringere Kosten als MRT und CT“, gaben die beiden Kongresspräsidenten zu bedenken; man solle daher nicht alle Ärzte über einen Kamm scheren. Auch basierten unter anderem Forschungsgelder auf der bestehenden GOÄ; überall dort werde es nun „eng“.
Vernünftige Vergütung
„Die Vergütung ist eine Grundvoraussetzung für den Anspruch, gute Bilder und perfekte Diagnostik für die Patienten zu ermöglichen“, betonte Mack im Interview mit MT im Dialog. „Das setzt voraus, dass wir immer up to date sind, was die Technologie, was die Software angeht.“ Diese Technologie müsse auch bezahlt werden – durch eine Vergütung, die auf einer vernünftigen Kalkulation basiere und die auch künftige Investitionen etwa ins Personal möglich mache. So müssten alle im Team sich beispielsweise auch das teure Leben in München, dem Standort seiner Gemeinschaftspraxis, leisten können.
Dass Ärztinnen und Ärzte sowie MTR getreu dem Motto „Wir“ gemeinsam Fragen diskutieren sollten, unterstrich Uder. Und: „Die Radiologie ist viel mehr als einfach Bilder gucken.“ Die Kongresszusammenarbeit mit der DeGIR sollte die therapeutische Bedeutung der Radiologie herausstellen. In Erlangen, erläuterte der Direktor des Radiologischen Instituts des dortigen Uniklinikums und Inhaber des Lehrstuhls für Diagnostische Radiologie, sei die Disziplin einer der größten Operateure.
Über das Kongressmotto freute sich Claudia Mundry. Eine Weiterentwicklung gebe es nur „im Team“ – interdisziplinär sowie angestellt oder freiberuflich, fuhr die DGMTR-Vorstandsvorsitzende fort. Gewohnte Abläufe sollten auf Aktualität geprüft werden, um mit neuem Input besser handlungsfähig zu werden. Gemeinsam mit dem Team, die MTR inklusive, ließen sich die Herausforderungen der nächsten Jahre stemmen; weniger Ressourcen bedeute, dass Kräfte gebündelt werden müssten.
Künstliche Intelligenz
Natürlich komme man gar nicht darum herum, auf dem Kongress KI zu behandeln, betonte Uder. Entsprechende Technologien standen in Sessions und in der Industrieausstellung auf der Tagesordnung. Die DRG vergab ferner einen Innovationspreis für eine Initiative, die einen „KI-Führerschein“ propagiert. Er beinhaltet die Zertifizierung für eine Ausbildung von Ärzten, Medizinphysikern und MT – mit dem Ziel, ein Grundverständnis für diese Technologie aufzubauen. Wie arbeitet eine KI, wo liegen vielleicht Fehler? Diese Kompetenz „ist für eine Radiologie notwendig, aber auch für ein Krankenhaus allgemein“, stellte Uder fest. „Wir Radiologen sind die ersten, die eine solche Initiative auf den Weg gebracht haben.“
Neues Arbeiten
Herausforderungen wie Fachkräftemangel, flexible Arbeitsmodelle und die Integration digitaler Technologien waren zentrale Kongressthemen. „Neue Ideen und Konzepte, wie Kliniken, Abteilungen und Praxen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sich gewinnen und langfristig binden können, sind notwendig“, unterstrich Mack. „Nur so können wir auch in Zukunft eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten gewährleisten“, ergänzte Uder. Was müssen wir tun, damit wir morgen noch Personal finden? Wie kann man heute den Nachtdienst so gestalten, dass das Personal bereit ist, ihn durchzuführen? New Work mit Ansätzen zum Meistern dieser Zukunftsanforderungen war daher Teil der Diskussionen in Wiesbaden.
Fachfremde Leistungen
Jeder Arzt „darf alles machen und kann es abrechnen“ – jedenfalls in der Welt der privaten Krankenversicherung (PKV), stellten Referenten in der Session zu fachfremden Leistungen klar. Deshalb liege die Frage nach der Qualität in der privatärztlichen Versorgung nah. „Ich muss das nicht können, was ich privatärztlich abrechne“, so die rechtliche Basis. Dieses Problem gebe es neben der Radiologie auch in allen anderen Fächern; die anderen „hätten das nur noch nicht verstanden“. Beeinträchtigen fachfremd – durch Nichtradiologen – erbrachte radiologische Leistungen die Diagnosesicherheit und damit die Patientensicherheit im PKV-Bereich? Übergeordnetes Ziel der Patientensicherheit müsse es sein, die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern und sicherzustellen, sodass Patientinnen und Patienten keinen vermeidbaren Schaden durch medizinische Behandlungen erleiden, so Dr. Christian Deindl. Dass im vertragsärztlichen Bereich klar definierte apparative und fachärztliche Qualitätsstandards vorgegeben seien, während diese im privatärztlichen nicht unmissverständlich vorausgesetzt würden, konstatierte der stellvertretende Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS). „Das APS würde es außerordentlich begrüßen, wenn einheitliche Qualitätsstandards auf Basis gleichlautender, regelmäßig überarbeiteter und verbesserter Qualitätssicherungsvereinbarungen für PKV- und GKV-Versicherte zur Regel werden.“ Patientensicherheit, so Deindl weiter, sei ein hohes Gut, unabhängig vom soziokulturellen Umfeld und dem Versichertenstatus eines Patienten.
Risiken und Aufklärung
In zwei größere Gruppen lassen sich die Risiken in der Radiologie aufteilen, rekapitulierte Prof. Dr. Dr. Reinhard Loose: in Strahlen- und sonstige Risiken wie etwa durch Kontrastmittel und Nierenfunktion. Bei Strahlenrisiken handele es sich um stochastische Risiken bei niedriger Dosis, mit sehr seltenen Folgen gegenüber der natürlichen Inzidenz über lange Zeit, erklärte der Radiologe/Medizinphysikexperte und Leiter der Ärztlichen Stelle Bayern. In der interventionellen Radiologie, bei Strahlentherapie und Hochdosis-CT gehe es um deterministische Schäden, sichtbar nach zwei bis drei Wochen insbesondere auf der Haut.
Die Aufklärung zu nicht strahlenabhängigen Risiken gehöre zu den ärztlichen Aufgaben, stellte Loose klar. Die deterministischen Risiken bedürften der Aufklärung; entsprechende Dosen seien bekannt. Schwierig werde es bei stochastischen Risiken; sie seien untergeordnet, und Anlässe lägen weit in der Vergangenheit. Nicht kausal begründbar, seien diese Risiken gering. Eine Aufklärung bei Röntgenuntersuchungen sei juristisch nicht notwendig; lediglich Informationen müssten verfügbar gehalten werden, einer Aufklärung bedürfe es nicht, sagte Loose. Beim Einsatz von Kontrastmitteln, dem Legen von Nadeln und mehr könnten generell MT die Aufklärung übernehmen. Sie könnten das Ausfüllen von Aufklärungsbogen begleiten und Antworten auf spezifische Fragen geben; unterschreiben müsse jedoch der Arzt.
Allgemein stellte Loose fest: Verantwortliche sollten eine saubere Regelung zur Delegation jener Tätigkeiten treffen, die nicht zu Vorbehalten laut MT-Gesetz gehören. Will die/der MT die jeweilige Tätigkeit ausführen? Dann müsse die entsprechende Vermittlung und Prüfung der Kompetenz dokumentiert und hinterlegt werden.

Preis für MTR
Die Ausbildung strukturierter gestalten, Theorie und Praxis verbinden – so lautet das Ziel der Bachelorarbeit von Katrin Harmann. Mit ihrem Konzept „Skills-Lab-Methoden in der kompetenzorientierten MTR-Ausbildung“ gibt sie Lehrenden, Dozierenden und Praxisanleitenden ein Werkzeug an die Hand, mit dem das Üben von Szenarien in einem geschützten Raum möglich wird. Anwendbar ist dieser Leitfaden für die komplette Radiologie, sagte die MTR vom Klinikum Hochsauerland – für das konventionelle Röntgen ebenso wie für CT und MRT. Die Implementierung des realitätsnahen, simulationsbasierten Lernens muss jetzt noch Eingang in die Curricula finden. Als ganz hohe Wertschätzung für ihr Herzblutthema empfand die MTR die Verleihung des Marie-Kundt-Preises 2025.
Ein Präsenzkongress sei nur attraktiv, wenn neben Lehre und Weiterbildung das Edutainment Gewicht erhalte, betonte Kongresspräsident Mack in Wiesbaden. Hierzu dienten neue Formate wie das Röntgenquiz, zu dem auch MTR und Industrievertreter eingeladen waren. Der Präsenzkongress soll zum Erlebnis werden – etwa für die MTR, die vom Quiz einen Preis nach Hause tragen durfte. Nach fünf Jahren in Wiesbaden geht der RÖKO ab 2026 wieder nach Leipzig.
Entnommen aus MT im Dialog 07/2025
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