Mikroben sind für unsere Augen zwar unsichtbar, doch sie sind überall. Sie regulieren die Schlüsselprozesse wie den Kohlenstoffzyklus, doch bisher sind viele Mikroorganismen noch unbekannt oder gar nicht kultivierbar. Moderne molekulargenetische Methoden können zwar schon Aufschlüsse über diese Artenvielfalt geben, die komplexe Auswertung stellt viele Forscher jedoch aufgrund ihrer Datenmenge mit vielen unterschiedlichen Computerprogrammen vor große Probleme. Deshalb haben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig, der Universität Wien und der Universität Bielefeld die Initiative mit dem Namen „CAMI – Critical Assessment of Metagenome Interpretation“ ins Leben gerufen.
An die Stelle von Bakterien, die im Labor kultiviert und später analysiert und identifiziert wurden, sind heute metagenomische Methoden zur Analyse der mikrobiellen Artenvielfalt getreten. Besonders in der Mikrobiomforschung ist es für neue Therapieansätze wichtig, die Wechselwirkungen zwischen Mikrobiom, Immunsystem und Pathogenen zu verstehen. Doch eine Sequenzierung eines Mikrobioms liefert riesige Datenmengen aller vorhandenen Bakterien, das Metagenom. Hieraus müssen erst mühsam die Informationen der einzelnen Arten gefiltert werden. Welche der vielzähligen Methoden sich für die jeweilige Fragestellung am besten eignet, ist häufig unklar.
„Da klassische Sequenzierungsverfahren nur bei Mikroorganismen funktionieren, die im Labor in Reinkultur gezüchtet werden können, steht die Untersuchung des Metagenoms im Gegensatz zur klassischen Genomsequenzierung ausgewählter Organismen“, sagt Prof. Alice McHardy, Leiterin der HZI-Abteilung „Bioinformatik der Infektionsforschung“ am Braunschweiger Zentrum für Systembiologie. „Sie ermöglicht ganz neue Einblicke in die Erbinformation der mikrobiellen Welt.“
Doch bei eben dieser Auswertung stehen die Wissenschaftler regelmäßig vor großen Problemen. Denn es gibt viele verschiedene Methoden, die man nutzen kann. „Dabei ist es sehr schwierig für die Forscher herauszufinden, welches Programm für ihre speziellen Datensätze und Analysen genutzt werden kann“, sagt McHardy. „Die Werkzeuge für verschiedene Fragestellungen variieren immens. Auf der anderen Seite investieren die Softwareentwickler viel Zeit, um die Eigenschaften von neuentwickelter Software und schon vorher beschriebener Software zu vergleichen.“
Wettbewerb zum Softwaretest
Unter der Federführung von McHardy und Alexander Sczyrba, Leiter der Arbeitsgruppe „Computational Genomics“ der Universität Bielefeld, untersuchte daher das internationale Forschungsteam CAMI die verschiedenen Analysemethoden. Sie organisierten einen Wettbewerb, bei dem Wissenschaftler bioinformatische Methoden auf verschiedenen Metagenom-Datensätzen testen und die Ergebnisse gemeinsam evaluieren konnten. „Das Ziel von CAMI ist es, Standards für die Leistungsbeurteilung von metagenomischer Analysesoftware zu entwickeln, diese einheitlich und mit biologisch relevanten Daten zu bewerten und schließlich Empfehlungen zu geben, welche Verfahren für welche Fragestellungen am besten eingesetzt werden sollten“, so McHardy.
Der Wettbewerb lief 2015 über drei Monate. Zum Test der Computertools entwickelten die Organisatoren drei simulierte Metagenom-Datensets. Es beteiligten sich insgesamt 19 Teams, 16 stimmten einer Veröffentlichung der Ergebnisse zu und testeten 25 Programme aus der ganzen Welt. Die Ergebnisse sind hier frei verfügbar und wurden im Journal Nature Methods publiziert. Die CAMI-Organisatoren planen eine Fortsetzung des Wettbewerbs, um die Prüfung der Software und die Entwicklung von Standards weiter fortzuführen. (idw, red)
A. Sczyrba, P.Hofmann, P. Belmann, et al.: Critical Assessment of Metagenome Interpretation – a benchmark of metagenomics software. Nature Methods, 2017, DOI: 10.1038/nmeth.4458.
Artikel teilen