Das quälende Jucken stoppen

Neurodermitis
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Dr. Kristine Roßbach, Professor Dr. Thomas Werfel, Professor Dr. Wolfgang Bäumer und Gustav Gerd Bruer
Dr. Kristine Roßbach (TiHo), Professor Dr. Thomas Werfel (MHH), Professor Dr. Wolfgang Bäumer (ehemals TiHo, jetzt Freie Universität Berlin) und Gustav Gerd Bruer (TiHo). MHH/Kaiser
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Neurodermitis: Forscher der MHH und der TiHo arbeiten an einem neuen Behandlungsansatz. Eine erste Veröffentlichung zur erfolgreichen Anwendung am Menschen ist erfolgt.

Sich in der eigenen Haut wohlfühlen – das ist für Menschen mit schwerer Neurodermitis oft nicht möglich. Denn sie leiden unter trockener, schuppiger und geröteter Haut, die quälend juckt. Wenn die betroffenen Stellen gut sichtbar sind, kommt gesellschaftliche Stigmatisierung hinzu. Bei leichter Neurodermitis kann eine äußerliche Anwendung ausreichen. Doch schwere Formen zu behandeln ist bisher kaum möglich.

Erstmals am Menschen erprobt

Forscherinnen und Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) arbeiten seit einigen Jahren an einem vielversprechenden neuen Behandlungsansatz, der nun erfolgreich erstmals am Menschen erprobt wurde. Der neue Wirkstoff, der als Tablette eingenommen werden kann, verbesserte die Haut der Patientinnen und Patienten deutlich. Bereits nach acht Wochen reduzierte sich der Anteil an kranker Haut wie die Rötungen, Bläschen und Kratzspuren um die Hälfte. An der klinischen Studie nahmen 98 Patienten teil. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Journal für Allergy and Clinical Immunology veröffentlicht.

„Histamin-4-Rezeptor-Blocker“

Bei dem Wirkstoff handelt es sich um einen „Histamin-4-Rezeptor-Blocker“. Er unterbricht den Entzündungsprozess und lindert den Juckreiz, indem er verhindert, dass der Botenstoff Histamin an den entsprechenden Zellen wirken kann. Der dafür notwendige Rezeptor auf diesen Zellen wurde im Jahr 2000 entdeckt und seitdem im Hinblick auf die Anwendung bei entzündlichen Hautkrankheiten intensiv vom Team aus Hannover erforscht. „Labor- und In-vivo-Ergebnisse im Mausmodell, die wir seit 2005 kontinuierlich veröffentlichten, sprachen dafür, dass der Histamin-4-Rezeptor eine interessante Zielstruktur für die Behandlung der Neurodermitis ist“, berichtet Professor Dr. Thomas Werfel, MHH-Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, der auch die klinische Studie zusammen mit einem der Entdecker des Histamin-4-Rezeptors und einer kleinen Firma konzipierte. Es wurden keine Nebenwirkungen beobachtet, die auf die Gabe des Medikamentes zurückführbar waren. Aktuell startet unter Beteiligung des Teams aus Hannover eine größere internationale Studie mit rund 400 Patienten, um die optimale Dosierung dieses Wirkstoffes herauszufinden.

Wirkung unabhängig von der Ursache der Neurodermitis?

Neurodermitis hat unterschiedliche Ursachen, zu denen hautreizende Stoffe, Allergene sowie mikrobielle, hormonelle und psychologische Einflüsse gehören. „Wir gehen davon aus, dass der Histamin-4-Rezeptor-Blocker unabhängig von der Ursache der Neurodermitis wirkt und untersuchen derzeit, welche Patienten am stärksten von der neuen Therapie profitieren können“, sagt Professor Werfel. Grundsätzliche förderlich bei Neurodermitis sind strukturierte Patientenschulungen (www.neurodermitisschulung.de). Zudem spielen äußerlich anzuwendende Kortison-Verbindungen und Calcineurin-Inhibitoren eine zentrale Rolle. Schwere Formen der Neurodermitis wurden bisher mit dem Immunsuppressivum Cyclosporin behandelt, welches jedoch viele Nebenwirkungen hat.

Seit einem Jahr steht der Antikörper Dupilumab zur gezielten Hemmung von Botenstoffen der allergischen Entzündung zur Verfügung. „Dupilumab stellt einen sehr großen Fortschritt in der Behandlung von schwer betroffenen Patienten dar, hilft aber nicht allen Patienten ausreichend gut. Zudem muss das Medikament gespritzt werden, was vor allem Kinder, die besonders häufig an Neurodermitis leiden, schwerer tolerieren werden“, erläutert Professor Werfel. Die Erkrankung betrifft rund elf Prozent aller Mädchen und Jungen im Vorschulalter sowie ein bis zwei Prozent der Erwachsenen in Deutschland, bei vielen ist die Erkrankung chronisch und verläuft schwer.

Sehr gutes Beispiel für translationale Forschung

Professor Dr. Manfred Kietzmann, Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der TiHo lobt die gute Zusammenarbeit: „Wir arbeiten bereits seit vielen Jahren gemeinsam an dem Thema. Das Projekt ist ein sehr gutes Beispiel für translationale Forschung, also für eine interdisziplinäre medizinische Forschung, die das Ziel hat, Ergebnisse möglichst zügig in die klinische Anwendung zu übertragen.“

Quelle: MHH

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