Impfung gegen RSV schützt auch ältere Menschen

Cochrane Review vor Infektsaison
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Das Bild zeigt ein Fläschchen mit der Aufschrift „RSV Vaccine", aus dem mit einer Spritze eine Dosis aufgezogen wird. Die Person trägt blaue medizinische Handschuhe.
© MargJohnsonVA/stock.adobe.com
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In der ersten RSV-Saison nach der Impfung sind ältere Erwachsene wirksam vor RSV-bedingten Erkrankungen der unteren Atemwege geschützt – also etwa vor Lungenentzündung und Bronchitis.

Passend zur anstehenden Infektsaison geht ein jetzt veröffentlichter Cochrane Review der Frage nach: Sind Menschen über 60 Jahre nach einer Impfung gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) vor Infektionen der tiefen Atemwege geschützt – und falls ja, wie gut? Er zeigt: Die Impfung bietet jenen Menschen einen guten Schutz, deren Risiko für schwere Erkrankungsverläufe besonders hoch ist. Dazu gehören neben Seniorinnen und Senioren auch Säuglinge. Deren Risiko, schwer krank zu werden, sinkt dem neuen Review zufolge, wenn die Mutter während der Schwangerschaft gegen RSV geimpft wurde.

Das weit verbreitete RS-Virus kann Erkältungen und Husten, aber auch schwere Infektionen der unteren Atemwege verursachen. In der EU, in Norwegen und Großbritannien müssen jährlich etwa 250.000 Kinder unter fünf Jahren wegen RSV im Krankenhaus behandelt werden – einige davon sogar intensivmedizinisch. Bei den Erwachsenen sind es jedes Jahr etwa 156.000. Jährlich infiziert sich einer von 20 Seniorinnen und Senioren in Europa mit dem Virus. Zur Risikogruppe gehören Frühgeborene und Säuglinge unter einem halben Jahr sowie Ältere über 65 Jahre und Menschen mit geschwächter Immunabwehr, Diabetes, Herz- und Lungenkrankheiten sowie anderen Grunderkrankungen.

STIKO: Passive Immunisierung für Neugeborene und Säuglinge empfohlen

Für Neugeborene und Säuglinge empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine passive Immunisierung mit langwirksamen monoklonalen Antikörpern. Für ältere Menschen gibt es verschiedene Impfstoffe zur aktiven Immunisierung. Die STIKO empfiehlt derzeit die Impfstoffe ABRYSVO (Pfizer) oder AREXVY (GSK) – und die Impfung idealerweise spätestens Anfang Oktober und für alle ab 75 Jahren beziehungsweise schon ab 60, wenn bestimmte Grunderkrankungen vorliegen.

Der nun veröffentlichte Cochrane Review stützt diese Empfehlung: Er hat vier randomisiert kontrollierte Studien mit rund 100.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gepoolt und analysiert, ob und wie gut die Impfstoffe ABRYSVO und AREXVY sowie mRESVIA (Moderna) und ein weiterer, hierzulande nicht zugelassener Impfstoff vor dem RS-Virus schützen. Diese gepoolte Analyse zeigt: In der ersten RSV-Saison nach der Impfung sind ältere Erwachsene wirksam vor RSV-bedingten Erkrankungen der unteren Atemwege geschützt – also etwa vor Lungenentzündung und Bronchitis.

Größerer Effekt bei leichten Atemwegsinfekten

In konkreten Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Von 1.000 geimpften Menschen über 60 (durchschnittliches Alter in den Studien: 68,1 bis 69,5 Jahre) erkrankte in der darauffolgenden Infektionssaison nur etwa einer an einer RSV-bedingten Infektion der unteren Atemwege. Bei den Ungeimpften traf es dagegen rund fünf von 1.000 Personen. Anders gesagt: Durch die RSV-Impfung blieb etwa vier von 1.000 älteren Menschen eine solche Erkrankung erspart. Mit Blick auf leichte Atemwegsinfekte – also die „ganz normalen“ Erkältungen – ist der Effekt sogar noch ein wenig größer: Hier ersparte die RSV-Impfung sechs von 1.000 Senioren eine Erkrankung.

Zum Vergleich: Ohne Impfschutz der Mutter erkrankten 24 von 1.000 Babys an RSV-bedingten Infektionen der tiefen Atemwege und 19 mussten deshalb ins Krankenhaus. Auch diese Zahlen stammen aus dem aktuellen Cochrane Review (drei Studien mit 12.010 Babys bis etwa ein Jahr beziehungsweise zwei Studien mit 11.502 Babys dieser Altersgruppe für den Endpunkt „Hospitalisierung“). Der Review hat nämlich auch untersucht, was passiert, wenn Schwangere geimpft werden und den Immunschutz an ihre ungeborenen Babys weitergeben. Dabei zeigt sich: Von 1.000 Babys geimpfter Mütter erkrankten lediglich elf an RSV-bedingten tiefen Atemwegsinfektionen – und bloß neun davon mussten ins Krankenhaus.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz ist „hoch“

In Deutschland wird die Impfung Schwangerer derzeit nicht empfohlen. Die STIKO rät stattdessen dazu, Neugeborene mit dem monoklonalen Antikörper Nirsevimab (Handelsname: Beyfortus) passiv zu immunisieren und sie so vor schweren Krankheitsverläufen zu schützen.

Die Cochrane-Forschenden sind sich sehr sicher, dass diese Zahlen den tatsächlichen Schutzeffekt der Impfung bei Seniorinnen und Senioren sowie Babys von geimpften Müttern gut abbilden: Sie stufen die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach GRADE als „hoch“ ein – denn die ausgewerteten randomisiert kontrollierten Studien genügen hohen wissenschaftlich-methodischen Ansprüchen.

Allerdings: In den vier Studien mit älteren Erwachsenen wurden die Teilnehmenden nur über einen recht kurzen Zeitraum beobachtet. Deswegen ist lediglich klar, wie gut ältere Menschen in der ersten RSV-Saison nach ihrer Impfung geschützt sind. Ob die Schutzwirkung über diesen Zeitraum hinaus anhält, können die Cochrane- Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler also nicht sagen.

Weitere Postmarketingstudien sind erforderlich

Zudem liefern die vier ausgewerteten Studien keine Erkenntnis darüber, ob die Impfung ältere Menschen vor Krankenhauseinweisungen oder gar Todesfällen wegen einer RSV-Infektion bewahrt. Denn beides passiert zum Glück so selten, dass selbst die vier großen Studien nicht ausgereicht haben, um zu dieser Frage genügend Daten zu sammeln.

Die Cochrane-Autorinnen und -Autoren haben sich auch schwerwiegende unerwünschte Wirkungen der RSV-Impfung angeschaut – also Komplikationen, die etwa einen Krankenhausaufenthalt erfordern, eine Behinderung auslösen oder gar zum Tod führen. Dabei gelangen sie zu der Einschätzung, dass es zwischen Geimpften und Ungeimpften möglicherweise keinen Unterschied gibt.

Tatsächlich wurde laut Robert Koch-Institut bei Überwachungsstudien in den USA beobachtet, dass Geimpfte im zeitlichen Zusammenhang mit der RSV-Impfung häufiger ein Guillain-Barré-Syndrom entwickeln (bis zu 25 Fälle pro 1 Million Impfungen) (STIKO: Epid. Bul. 2024; Nr. 32: 15). Dabei handelt es sich um eine Nervenerkrankung, die mit Lähmungen einhergeht. Verlässliche Schätzungen dazu, wie hoch das Risiko für seltene unerwünschte Wirkungen ist, fehlen bislang. Um die Sicherheit der RSV-Impfung noch besser beurteilen zu können, braucht es also weitere Postmarketingstudien.

Originalpublikation:
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD016131/full

Quelle: idw

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