Krankenhaustag: Kliniken warnen vor Einschnitten bei der Versorgung
Das Eingangsstatement von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) in der Eröffnungsveranstaltung der Konferenz vermittelte den Teilnehmenden aus den Krankenhäusern die Hoffnung, dass es allenfalls noch marginale Änderungen am Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) geben wird. Notwendig sei mehr Qualität vor allem bei komplexen Eingriffen, daher müssten dort Behandlungen gebündelt werden, wo Expertise vorhanden sei. Dafür müssten auch längere Wege in Kauf genommen werden. Die Mindestanforderungen an Qualität und Ausstattung, vor allem an personeller und sachlicher Ausstattung, in den Leistungsgruppen würden nicht grundsätzlich angetastet.
„Die Reform, wie sie jetzt im Gesetz steht, darf nicht zum Fehlstart werden“, so die Ministerin. Doch es gebe mehr Möglichkeiten für Ausnahmen und Kooperationen, mehr Flexibilität für die Länder. Diese aber nur dort, wo sie notwendig seien. Daher könnten die Länder nur mit den Krankenkassen entscheiden. Das Gesetz sei ein guter Kompromiss, erklärte sie. „Wir haben mit der jetzigen Variante ein gutes Gesetz.
„Fachkräftemangel und politische Fehlentscheidungen“
In den kommenden Monaten drohten massive Einschränkungen in der Versorgung, betont dagegen Kongresspräsident Dr. Gerald Gaß: „Der aktuelle Krankenhaus-Index des Deutschen Krankenhausinstituts zeigt, wie dramatisch die wirtschaftliche Lage der Kliniken ist – und das, obwohl die Daten erhoben wurden, bevor das Sparpaket überhaupt zur Debatte stand. Schon damals rechneten die Häuser noch mit Entlastungen aus dem Transformationsfonds. Trotz dieser Aussicht war die finanzielle Situation vieler Kliniken bereits verheerend.“ Ein Drittel der Krankenhäuser plane, Personal abzubauen oder Leistungen zu reduzieren, rund 17 Prozent rechneten laut Umfrage mit Verschiebungen planbarer Operationen oder vorübergehenden Stationsschließungen.
„Die Gründe sind klar: nicht finanzierte Kostensteigerungen, Fachkräftemangel und politische Fehlentscheidungen. Anstatt gegenzusteuern, verschärfen die aktuellen Sparmaßnahmen der Politik und ausbleibende Entbürokratisierung die Lage weiter“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Fast noch schwerer als die fehlenden Korrekturen an der Reform wiege jedoch der Vertrauensverlust, den die Bundesregierung in den vergangenen Wochen und Monaten selbst verursacht habe. „Zwei Milliarden Euro sollen eingespart werden – nahezu vollständig auf dem Rücken der Krankenhäuser. Von den vier Milliarden Euro, die man uns als Unterstützung in Aussicht gestellt hat, nimmt man 1,8 Milliarden Euro direkt wieder weg. Die Folgen werden sowohl für die Klinken als auch für die Patientinnen und Patienten spürbar sein“, sagte Gaß.
„Statt Entökonomisierung droht eher Bürokratiezuwachs“
Auch Dr. Sabine Berninger, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Südost (DBfK), warnte vor den Folgen der angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Krankenhäuser. „Das neue Finanzierungssystem mit der zusätzlichen Säule Vorhaltevergütung wird die Situation nicht grundlegend vereinfachen. Statt Entökonomisierung droht eher Bürokratiezuwachs“, so Berninger. Für die Pflege sei das Pflegebudget zwar die längst überfällige Wende: Die Pflegepersonalkosten werden vollständig refinanziert, jede eingestellte Pflegefachperson wird tatsächlich bezahlt. Über Nachbesserungen im Pflegebudget jedoch müsse gesprochen werden, vor allem hinsichtlich der Abgrenzung zu pflegeentlastenden Maßnahmen.
„Wenn bereits heute bei zwei Dritteln aller Krankenhäuser die gesetzlich festgeschriebene auskömmliche Finanzierung nicht mehr sichergestellt ist, dann führen zusätzliche Regelungen, die die Erlöse weiterhin reduzieren beziehungsweise nicht kostengerecht steigen lassen, zu einer weiteren Verschärfung der Lage“, warnte Dirk Köcher, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD). Schon allein die von den Praktikern immer wieder kritisierten Regelungen zur Vorhaltefinanzierung, den Hybrid-DRGs, aber auch die überbordende und anwachsende Bürokratielast werden zu weiteren finanziellen Einbußen führen, denen viele Kliniken nicht gewachsen sein werden.
„Abteilungen und ganze Kliniken werden geschlossen“
Die geplante Streichung von weiteren 1,8 Milliarden Euro ab 2026 wirkt sich zudem in der Erlösbasis aus und potenziert sich damit in den Folgejahren. „Die einmalige Zahlung der sogenannten Soforttransformationskosten rückwirkend für die Lücke 2022 und 2023 verpufft damit. Warum nun gerade die Krankenhäuser mit einer dramatischen wirtschaftlichen Negativentwicklung in den vergangenen Jahren das größte zusätzliche Opfer zur Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge tragen sollen, erschließt sich aufseiten der Verantwortlichen für die Kliniken niemandem“, so Köcher.
PD Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK), betonte: „Die finanzielle Situation in den Kliniken ist dramatisch. Abteilungen und ganze Kliniken werden geschlossen. Leistungsgruppen werden nicht beantragt, da man weder die Kosten für die enormen strukturellen Vorgaben stemmen noch die geforderten zusätzlichen ärztlichen Stellen besetzen kann.“ Der KHAG-Entwurf bleibe bisher weit hinter den notwendigen Nachbesserungen für eine praktikable Umsetzung der Krankenhausreform zurück. Die Länder forderten zwar die richtigen Veränderungen wie eine Erweiterung des Radius in der unsäglichen Standortdiskussion und eine Anpassung von Strukturvoraussetzungen beispielsweise für Fachkliniken mit eingeschränktem Leistungsspektrum, aber ob sie sich durchsetzen könnten, sei fraglich. „Eine Krankenhausreform ist dringend notwendig, uns fehlt auch nicht der Mut dazu, aber es besteht noch erheblicher Nachbesserungsbedarf an den vorliegenden Plänen und Gesetzentwürfen“, so Weber.
Quellen: DKG, VDK, MEDICA
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