Leishmaniose: Neue Therapieansätze im Blick

TKUL als neues Ziel?
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Symbolbild für kutane Leishmaniose.
© Dr_Microbe/stock.adobe.com
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Bisher eingesetzte Wirkstoffe verursachen schwere Nebenwirkungen und verlieren zunehmend an Wirksamkeit. Neue Therapiemöglichkeiten bei Leishmaniose werden deshalb dringend gesucht.

Sie zählt zu den sogenannten vernachlässigten Infektionskrankheiten (NTDs), die Leishmaniose. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass pro Jahr weltweit bis zu eine Million Menschen neu an der kutanen Form der Leishmaniose erkranken, die zu Hautläsionen führt. Zusätzlich treten jährlich etwa 50.000 bis 90.000 neue Fälle der schweren viszeralen Krankheitsform auf. Diese auch als Kala-Azar oder Schwarzes Fieber bekannte Form der Leishmaniose schädigt vor allem innere Organe wie Leber und Milz. Unbehandelt ist viszerale Leishmaniose lebensgefährlich und führt in über 95 Prozent der Fälle zum Tod. Verursacht wird Leishmaniose durch Parasiten der Gattung Leishmania, die durch den Stich infizierter Sandmücken auf den Menschen übertragen werden. Leishmaniose breitet sich aber mittlerweile auch verstärkt in gemäßigten Zonen Europas und Nordamerikas aus. Ursachen dafür sind fortschreitender Klimawandel, anhaltende bewaffnete Konflikte mit steigender Migration und zunehmender internationaler Reiseverkehr. Leishmanien können zudem im Körper verbleiben, sodass eine Erkrankung, zum Beispiel infolge einer Immunsuppression, auch Jahre oder sogar Jahrzehnte später ausbrechen kann.

Neue Therapien dringend gesucht

Bisher lässt sich Leishmaniose nicht verhindern – es stehen weder Impfstoffe noch vorbeugende Medikamente zur Verfügung. Um infizierte Personen zu behandeln, existieren nur wenige Wirkstoffe, darunter Miltefosin. In der Mehrheit sind diese Substanzen nicht speziell gegen Leishmaniose gerichtet, verursachen schwere Nebenwirkungen und verlieren zunehmend an Wirksamkeit durch Resistenzbildungen seitens der Parasiten. Außerdem sind die Medikamente in besonders betroffenen Regionen oft nicht ausreichend verfügbar, zu teuer oder müssen zum Teil durch fachmedizinisches Personal als Spritze verabreicht werden. Die Entwicklung neuer, gezielter Therapien gegen Leishmaniose stellt daher eine wichtige globale Herausforderung dar. Ein entscheidender Schritt dabei liegt in der Identifizierung parasitenspezifischer molekularer Angriffspunkte.

TKUL als neues Ziel?

Ein Forschungsteam um Sonja Lorenz am Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften hat ein bislang unerforschtes, parasitenspezifisches Protein, TKUL, aus dem Erreger Leishmania mexicana charakterisiert und herausgefunden, dass es eine Schlüsselrolle während der Infektion spielt. Die zugehörigen parasitologischen Studien wurden durch die Arbeitsgruppen von Christian Janzen an der Universität Würzburg und Ulrike Schleicher am Uniklinikum Erlangen durchgeführt. Dass TKUL in den menschlichen und tierischen Wirtsorganismen der Leishmanien fehlt und einen einzigartigen Aufbau besitzt, eröffnet neue Perspektiven, gezielte Therapien gegen Leishmaniose zu entwickeln. TKUL vereint zwei Enzymkomponenten, die sonst nur einzeln in Proteinen vorkommen: Ein Teil des Proteins ist eine Kinase-Domäne, die zelluläre Signalwege gewöhnlich durch die Übertragung von Phosphatgruppen steuert. Die zweite Komponente ist eine Ubiquitin-Ligase-Domäne, die Proteine mit dem kleinen Signalprotein Ubiquitin versieht. Diese Markierung dient im Zellstoffwechsel häufig dazu, überschüssige oder defekte Proteine abzubauen und ihre Bausteine wiederzuverwenden – ein Prozess, der essenziell ist, um die Zellgesundheit aufrechtzuerhalten.

Ubiquitin-Ligase-Aktivität blockieren?

Lorenz‘ Forschungsteam hat aufgedeckt, dass die beiden Enzymaktivitäten von TKUL miteinander gekoppelt sind. „Die Kinase fungiert als molekularer ‚Schalter‘, der die Ubiquitin-Ligase aktiviert. Dies geschieht jedoch nicht – wie erwartet – durch die Übertragung eines Phosphatrests auf die Ubiquitin-Ligase-Domäne, sondern durch wirkungsvolle strukturelle Umordnungen“, erklärt Thornton Fokkens, Postdoktorand in der Forschungsgruppe am MPI, der die mechanistischen Erkenntnisse erzielte. „Dank dieses einzigartigen Aktivierungsmechanismus können wir die Ubiquitin-Ligase-Aktivität von TKUL mit Hemmstoffen blockieren, die an die Kinase-Domäne binden“, ergänzt er. Darin sieht Lorenz einen großen Vorteil: „Hemmstoffe für Ubiquitin-Ligasen zu finden, ist sehr schwierig. Hier können wir mit einem Kinase-Hemmstoff die Ubiquitin-Ligasefunktion von TKUL quasi durch die Hintertür ausschalten.“ Ziel ihrer Forschungsgruppe ist es nun, diese Wirkstoffe gezielt weiterzuentwickeln, um TKUL in Infektionsmodellen spezifisch zu hemmen. Die Substanzen sollen wertvolle Werkzeuge sein, um die genaue Rolle von TKUL bei Leishmanien-Infektionen aufzuklären und neue therapeutische Ansätze zu ermöglichen. 

Zusammenfassung:
Forschende haben entdeckt, dass Parasiten der Gattung Leishmania das Protein TKUL benötigen, um Infektionen von Wirtszellen aufrechtzuerhalten.

TKUL besitzt zwei infektionsrelevante Enzymfunktionen: eine Kinase und eine Ubiquitin Ligase. Die Kinase fungiert als molekularer Schalter, der die Ubiquitin-Ligase aktiviert. Dies geschieht durch strukturelle Umordnungen.

Kinase-Hemmstoffe können beide Enzymaktivitäten von TKUL blockieren und somit neue Therapieansätze für Leishmaniose liefern. Dies könnte ein neues Wirkstoffziel werden.

 

Literatur:
Fokkens TJ, Rauh ET, Wolter M, et al.: A Leishmania virulence factor harnesses an allosteric kinase switch to regulate its ubiquitin ligase activity. Molecular Cell, 2025, DOI: doi.org/10.1016/j.molcel.2025.09.002.

Quelle: idw/Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften 

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