Abwertung der Multiplex-PCR kritisiert

„Fehlsteuerung im Gesundheitswesen“
lz
© Vit Kovalcik/stock.adobe.com
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.

Formularfelder Newsletteranmeldung

* Pflichtfeld

Der ALM e.V. und der BÄMI e.V. haben den jüngsten Beschluss des Bewertungsausschusses zur Abwertung der Multiplex-PCR deutlich kritisiert.

Demnach sehen die ab Oktober 2025 greifenden Änderungen der GOP 32851 ff. im EBM deutliche Kürzungen der Honorare und Höchstwerte vor. Der Vorwurf der Verbände: Es träfe damit ein zentrales diagnostisches Verfahren im Bereich der Infektionsmedizin. Aus Sicht von ALM (Akkreditierte Labore in der Medizin) und BÄMI (Berufsverband der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie e.V. ) stehe die Entscheidung exemplarisch für eine Entwicklung, in der wirtschaftliche Steuerung und innerärztliche Verteilungsfragen zunehmend vor medizinischer Notwendigkeit rangierten. Die Spirale fachärztlicher Abwertungen gefährde die Qualität der medizinischen Versorgung und stelle die Wirtschaftlichkeit fachärztlicher Labore zunehmend infrage, so die Kritik. Bemängelt wird zudem, dass es bereits im Vorfeld mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sowie ALM e.V. und BÄMI e.V. intensive Gespräche gegeben habe, bei denen auch konkrete Alternativen eingebracht worden seien wie etwa eine altersdifferenzierte Höchstwertregelung und medizinisch differenzierte Anpassungen, die reale Einsparpotenziale bieten könnten, ohne die Versorgung pauschal zu beschneiden. Mit Blick auf nachhaltig steigende Kosten und einen wachsenden Fachkräftebedarf seien weitere Honorarkürzungen für die Labore nicht mehr tragbar.

„…gesundheitspolitisches Armutszeugnis“

„Was als rein betriebswirtschaftlicher Korrekturmechanismus daherkommt, ist in Wahrheit ein gesundheitspolitisches Armutszeugnis, das die Patientenorientierung aus den Augen verliert. Die erst in der Coronapandemie zum Juli 2022 eingeführte Möglichkeit der gleichzeitigen Untersuchung von Patientenproben auf mehrere Erreger war eine wichtige und überfällige Verbesserung in der ambulanten Versorgung. Die jetzige Abwertung der Multiplex-PCR nach so kurzer Zeit, ohne die im Einführungsbeschluss vorgesehene Überprüfung der Entwicklung, reiht sich bedauerlicherweise ein in eine Spirale systematischer und eher anderen Interessen dienender Honorarkürzungen, die den fachärztlichen Laboren zunehmend die Luft abschnürt“, so Dr. Michael Müller, 1. Vorsitzender des ALM e.V. 

Statt den medizinischen Nutzen und die differenzierte Diagnostik infektiöser Erkrankungen anzuerkennen, werde allein auf Mengenausweitungen geschaut – ohne die Rückgänge in anderen Bereichen, die medizinische Notwendigkeit sowie den Infektionsschutz angemessen zu berücksichtigen, so Müller weiter. Es werde außer Acht gelassen, dass in den Influenza-Wellen der Jahre immer ein nicht vorhersehbarer Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfes entstehe, der dann eben auch extra zu vergüten sei. Das betreffe nicht nur die fachärztliche Labordiagnostik, sondern alle Haus- und Fachärzte gleichermaßen. Zielgerichtete Maßnahmen sollten gegenüber den pauschalierten Abwertungen bevorzugt werden, gibt Müller zu bedenken.

Qualitätsgesicherte Versorgung gefährdet?

„Die Multiplex-PCR-Diagnostik ist medizinisch notwendig – gerade bei Kindern, immungeschwächten Patienten und im Kontext komplexer Differenzialdiagnosen“, betont PD Dr. Daniela Huzly, Bundesvorsitzende des BÄMI e.V. „Wer hier die Vergütung pauschal kürzt, gefährdet eine qualitätsgesicherte Versorgung und verhindert den gezielteren Einsatz von Antibiotika.“ 

„Die Steuerung medizinisch notwendiger fachärztlicher Diagnostik darf nicht allein auf die Labore abgewälzt werden“, ergänzt Prof. Dr. Jan Kramer, stellvertretender Vorsitzender des ALM e.V. „Wer die Verantwortung für die Indikationsstellung ernsthaft wahrnehmen will, muss die Gesamtsystematik hinterfragen – und nicht an einem zentralen Instrument der Infektionsdiagnostik und damit auch des Infektionsschutzes den Rotstift ansetzen.“

„Die Aussage ‚Es ist kein Geld da‘ ist keine valide Begründung für Maßnahmen, die langfristig die Versorgungssicherheit von Patientinnen und Patienten gefährden“, kritisiert Prof. Dr. Ralf Ignatius, stellvertretender Vorsitzender des BÄMI e.V. Statt weiter an der Honorarverteilung zu schrauben, brauche es eine faire und einheitliche Finanzierung – ohne regionale Verzerrungen durch Mechanismen des Honorarverteilungsmaßstabs. Die beiden Verbände mahnen: Wer jetzt spare, zahle später – und das doppelt, z.B. in Form eines nicht mehr optimalen Infektionsschutzes, verschleppter Diagnosen, Über- oder Untertherapien, unnötiger Folgeerkrankungen und einem irreparablen Schaden für die Versorgung.

Entsprechend fordern ALM e.V. und BÄMI e.V., dass die pauschalen Honorarkürzungen bei der Multiplex-PCR sofort zurückgenommen werden, dass differenzierte medizinische Erfordernisse, z. B. bei der Labordiagnostik in der Kinderheilkunde, anerkannt werden, dass medizinisch-wissenschaftliche Empfehlungen in die Bewertung fachärztlicher Leistungen einbezogen werden und dass es eine faire, transparente und bundesweit einheitliche Honorarverteilung geben solle.

Quelle: ALM e.V./BÄMI e.V.

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige