Ob im Darm, im Meerwasser oder im Boden, Mikroben sind vielfältig und vermehren sich dort, doch im Labor ist es schwierig, diese Ökosysteme nachzustellen. Forschende des Helmholtz-Instituts für Funktionelle Marine Biodiversität haben nun einen möglichen Grund gefunden. Es komme nicht nur auf ihre individuellen Bedürfnissen, sondern auf das komplexe Zusammenleben der Gemeinschaft an. Durch schon kleine Änderungen oder Störungen dieses Zusammenlebens könne es zum Kollaps des Ökosystems kommen.
Lebensgemeinschaft der Mikroben
In ihrer Studie beschreiben die Forschenden das mikrobielle Ökosystem vereinfacht als Netzwerk, in dem die unterschiedlichen Mikroben durch den Austausch ihrer Stoffwechselprodukte miteinander verbunden sind. Fehlt eines dieser Stoffwechselprodukte, kann es zum Zusammenbruch kommen. Diese komplexen Beziehungen untereinander modellierten die Forschenden mit Methoden der Netzwerktheorie: ein mathematisches Verfahren, um das Verhalten komplexer Systeme zu verstehen.
Im Modell zeigt sich: Geht eine Population verloren, kann es das ganze System zusammenbrechen lassen. „Ein solcher Kollaps lässt sich als Kipppunkt verstehen, ähnlich wie ein Blackout in einem Stromnetz oder der Zusammenbruch der Lieferketten während der Coronapandemie“, erläutert Hauptautor Dr. Tom Clegg. Eine solche Störung ist eben auch die Kultivierung im Labor: Werden nicht alle Mikroben der Gemeinschaft erfasst, fallen bestimmte Stoffwechselprodukte aus und es kommt zum Kollaps.
„Unsere Studie konzentriert sich auf die Struktur dieser Wechselwirkungen und liefert neue Einblicke darüber, warum es so schwierig ist, die Vielfalt mikrobieller Gemeinschaften im Labor zu erhalten“, erläutert Prof. Thilo Gross, zweiter Autor der Studie. Selbst wenn alle Ressourcen wieder verfügbar sind, kann es sein, dass sich das System nicht erholt. Die aktuelle Studie zeigt erstmalig, wie sich die Zusammenhänge der komplexen Lebensgemeinschaften auf das ganze Ökosystem auswirken.
Quelle: idw
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