Blutzellen: Welche Rolle spielen embryonale Makrophagen?
Das Immunsystem ist sehr komplex. Noch sind nicht alle Abläufe in Gänze verstanden. Es unterliegt einer ständigen Erneuerung, denn Immun- und Blutzellen haben nur eine begrenzte Lebensdauer und müssen daher permanent ersetzt werden. Dafür sorgen blutbildende Stammzellen, die sich im Knochenmark befinden. Der Prozess der Blutzellbildung ist für die Aufrechterhaltung eines funktionalen Immunsystems und daher für die Gesundheit im Alter sehr wichtig. Damit der Prozess der Blutzellbildung reibungslos funktioniert, ist eine spezielle Umgebung nötig: die hämatopoetische Nische, die aus vielen unterstützenden Zellen besteht. Wie sich diese Nische während der Entwicklung bildet, ist bislang weitgehend unbekannt.
Makrophagen nehmen Schlüsselrolle ein
In einer aktuellen Studie der Forschungsgruppe um Prof. Claudia Waskow vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena wurde nun herausgefunden, dass Fresszellen, sogenannte Makrophagen, die bereits vor der Geburt entstehen (Embryonalentwicklung), eine Schlüsselrolle in diesem Prozess einnehmen. Demnach regulieren sie die Anzahl der Blutstammzellen im Knochenmark und tragen so entscheidend zur lebenslangen Produktion von Blutzellen bei. Das Forscherteam konnte zeigen, dass es zwei verschiedene Gruppen von Makrophagen im Knochenmark gibt: eine mit embryonalem Ursprung und eine, die erst nach der Geburt aus anderen Stammzellen entsteht. „Die Zellpopulation der Makrophagen ist heterogen und setzt sich in Abhängigkeit vom Alter aus Makrophagen unterschiedlichen Ursprungs zusammen, sodass sie entweder aus der Embryonalentwicklung stammen oder mit zunehmendem Alter im Erwachsenenalter entstehen“, erläutert Prof. Waskow, Leiterin der Forschungsgruppe „Immunologie des Alterns“ am FLI.
Wichtig für die richtige Anzahl von Blutstammzellen
Trotz ähnlicher Morphologie unterscheiden sich die Makrophagen doch wesentlich hinsichtlich ihrer Funktion. „Insbesondere die embryonalen Makrophagen sind unverzichtbar für die richtige Anzahl von Blutstammzellen im Knochenmark, jedoch nicht für ihre anfängliche Bildung im Embryo erforderlich“, betont Dr. Gülce Perçin, die Erstautorin der Studie. „Fehlen diese Makrophagen, dann ist die Anzahl der Blutstammzellen reduziert und es gibt weniger Vorläuferzellen für neue Blutzellen. Sie beeinflussen damit die Fähigkeit des Körpers, lebenslang neue Blutzellen zu bilden.“
Doch wie machen embryonale Makrophagen das?
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen, dass ihr Fehlen Auswirkungen auf die Einwanderung von blutbildenden Stammzellen in das Knochenmark hat. Die Stammzellen entwickeln sich an anderen Orten im Embryo und wandern um die Geburt herum in das Knochenmark ein, wo sie anschließend lebenslang bleiben. Die Stammzellen finden ihren „Bestimmungsort“ durch chemische Signale aus dem Knochenmark – vergleichbar mit einem speziellen „Geruch“ – den die Stammzellen erkennen und so wissen, wo sie gebraucht werden. Mesenchymale Stromazellen, die in der Nischen-Umgebung vorkommen, sind in der Lage, diese wichtigen Signale für Stammzellen abzusondern. Doch die Anzahl dieser spezialisierten Stromazellen und die Produktion der Signale werde durch die im Knochenmark ansässigen Makrophagen embryonalen Ursprungs koordiniert. Fehlen die embryonalen Makrophagen, funktioniere der Prozess der Einwanderung von Blutstammzellen nicht mehr optimal, so das Forschungsteam.
Neue therapeutische Ansätze möglich?
„Unsere Ergebnisse verdeutlichen, wie komplex die Interaktionen während der Etablierung der Blutbildungsaktivität im Knochenmark sind und heben die Bedeutung der Ontogenese, also der Herkunft der Makrophagen, hervor. Sie unterstreichen, dass Makrophagen des Knochenmarks nicht nur einfache Immunzellen sind, sondern aktiv die Bedingungen für eine gesunde Blutbildung steuern“, fassen die Autoren der Studie die Ergebnisse zusammen. „Wenn es uns gelingt, die Rolle der embryonalen Makrophagen noch besser zu verstehen, hätte das nicht nur weitreichende Implikationen für die Forschung zu altersbedingten Erkrankungen. Die Identifizierung der regulatorischen Mechanismen, die der Etablierung und Aufrechterhaltung der adulten Hämatopoese zugrunde liegen, könnte auch neue therapeutische Ansätze zur Förderung der Gesundheit im Alter eröffnen.“
Quelle: idw/FLI
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