DAK-Präventionsradar: Alarmierende Situation der Mädchen
Betroffene ohne ausreichende Gesundheitskompetenz berichten deutlich häufiger von psychosomatischen Beschwerden, depressiven Symptomen und Einsamkeit. Das zeigt der aktuelle DAK-Präventionsradar, für den das IFT-Nord in Kiel im Schuljahr 2024/2025 mehr als 26.500 Schülerinnen und Schüler in 14 Bundesländern befragt hat. Fast zwei Drittel der Schulkinder der Klassen fünf bis zehn fühlen sich demnach erschöpft. Etwa jeder sechste junge Mensch sei traurig oder zeige andere depressive Symptome – bei den jugendlichen Mädchen mit niedrigem Sozialstatus seien es sogar über 40 Prozent. Als Reaktion auf diese Ergebnisse fordert DAK-Chef Andreas Storm eine deutliche Förderung der Gesundheitskompetenz junger Menschen durch ein Schulfach Gesundheit. Das Bundesbildungs- und -familienministerium werde das Thema gesamtgesellschaftlich aufgreifen.
„Wir brauchen ein Schulfach Gesundheit und Prävention“
„Es ist erschreckend, wie stark junge Menschen psychisch belastet sind“, sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. „Unsere Studie zeigt, dass Mädchen und Jungen ohne eine ausgeprägte Gesundheitskompetenz häufiger erschöpft, traurig oder einsam sind. Deshalb besteht dringender Handlungsbedarf bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen. Um unsere Kinder zu stärken und zu schützen, ist Schule ein wichtiger Ort. Wir müssen zwingend die Gesundheitskompetenz verbessern. Wir brauchen jetzt ein Schulfach Gesundheit und Prävention, um unsere Kinder zu befähigen, im Alltag Entscheidungen für eine gesunde Zukunft zu treffen. Das Thema duldet keinen Aufschub mehr, jetzt muss gehandelt werden.“
„Diese Zahlen rütteln auf.“
Mareike Wulf, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kommentiert: „Diese Zahlen rütteln auf. Wir möchten, dass sich etwas ändert. Darum stärken wir Eltern, Pädagogen und Fachkräfte, denn sie können Gesundheitskompetenz vermitteln. Darum bündeln wir gesamtgesellschaftlich alle Kräfte in einer gemeinsamen Allianz gegen Einsamkeit. Darum entwickeln wir gemeinsam eine Strategie ‚Mentale Gesundheit für junge Menschen‘ und bauen auf wirksamen Maßnahmen auf.“
Sozialstatus wirkt sich aus
Nur 16 Prozent der Schulkinder besitzen laut Erhebung eine hohe Kompetenz und fühlen sich befähigt, aktiv Entscheidungen zu treffen und Initiative zu zeigen. Sie interessieren sich sehr für Gesundheit und sind stark motiviert, ihr Wissen etwa über gesundes Essen, ausreichend Schlaf, Sport oder Bewegung zu erweitern. Der soziale Hintergrund wirke sich hier deutlich aus: Bei Schulkindern aus Familien mit einem niedrigen Sozialstatus sind es mit zwölf Prozent noch weniger Jungen und Mädchen, die über eine hohe Gesundheitskompetenz verfügen.
Alarmierende Situation der Mädchen
Unter allen befragten Mädchen und Jungen sind psychosomatische Beschwerden stark verbreitet: 65 Prozent leiden mindestens wöchentlich unter Erschöpfungszuständen. Bei den Schulkindern mit einer hohen Gesundheitskompetenz sind es hingegen mit 55 Prozent ein Sechstel weniger. Ebenfalls mehrmals pro Woche hat fast ein Drittel der Schulkinder Schlafprobleme und etwa ein Sechstel Kopfschmerzen. Auch von solchen Beschwerden berichten Kinder und Jugendliche mit hoher Gesundheitskompetenz insgesamt seltener.
Alarmierend sei vor allem die Situation der Mädchen, so die DAK. Mehr als ein Viertel zeigte im Schuljahr 2024/2025 depressive Symptome wie Niedergeschlagenheit und häufiges Weinen. Mädchen seien mit 27 Prozent fast viermal so häufig betroffen wie Jungen (sieben Prozent). Das sei für Mädchen der höchste Wert der vergangenen Jahre. Er sei auch geringfügig höher als in der heißen Phase der Pandemie. Mädchen im Alter zwischen 14 und 17 mit niedrigem Sozialstatus geben am häufigsten an, oft traurig oder niedergeschlagen zu sein (43 Prozent). Unter Kindern und Jugendlichen sind 18 Prozent betroffen – das sind 50 Prozent mehr als bei denen mit hoher Kompetenz (12 Prozent).
Einsamkeit besonders bei Mädchen
Einsamkeit sei ebenfalls besonders für Mädchen ein Problem: Laut Erhebung fühlen sich 41 Prozent der Schülerinnen oft allein und haben das Gefühl, keine Freunde zu haben. Bei den Jungen seien es zum Vergleich 25 Prozent. Auch hier zeige sich wieder die Bedeutung der Gesundheitskompetenz: Jungen und Mädchen mit hoher Gesundheitskompetenz haben demnach seltener das Gefühl von Einsamkeit als weniger kompetente Schulgefährten (28 Prozent versus 34 Prozent).
„Die vorliegenden Ergebnisse verdeutlichen eine signifikante Belastung von Kindern und Jugendlichen durch emotionale Probleme und depressive Symptome“, erklärt Professor Reiner Hanewinkel als Studienleiter des DAK-Präventionsradar beim IFT-Nord in Kiel. „Sie können als frühe Warnsignale für Überforderung, Stress oder unerkannte psychische Erkrankungen dienen.“ Laut Prof. Hanewinkel gilt Gesundheitskompetenz als eine wichtige Voraussetzung, um mit psychischen und körperlichen Herausforderungen selbstbestimmt und gesund umzugehen. „Gesundheitskompetenz ist ein wichtiger Baustein in der Entwicklung junger Menschen – fehlt er, steigt das Risiko für langfristige gesundheitliche Probleme. Die Schule spielt dabei eine zentrale Rolle, denn als alltäglicher Lebens- und Lernort bietet sie zahlreiche Gelegenheiten, Gesundheitskompetenz frühzeitig zu fördern“, so Hanewinkel.
Der DAK-Präventionsradar ist eine bundesweite Schulstudie zur Gesundheitslage von Kindern und Jugendlichen. Im aktuellen Erhebungszeitraum (November 2024 bis Februar 2025) nahmen 26.586 Schülerinnen und Schüler aus 1.712 Klassen an 116 Schulen teil. Die Online-Befragung wurde im Klassenverband durchgeführt und erfasste Daten zu Gesundheitswissen, Verhalten, psychischer Belastung und sozialen Faktoren.
Quelle: DAK
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