Das Darmkrebsrisiko der Patienten mit Typ 2-Diabetes liegt etwa auf gleicher Höhe wie das von Personen mit familiär gehäuftem Darmkrebs. Nach einer Erkrankung haben sie zudem oft auch eine schlechtere Prognose. Die biologischen Mechanismen hinter diesem Zusammenhang waren bisher weitgehend unbekannt. Ein Forschungsteam am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) fand nun heraus, dass Tumoren mit einer geringen Menge an Immunzellen besonders anfällig für die schädlichen Auswirkungen von Diabetes zu sein scheinen. Diese Erkenntnis könnte dazu beitragen, Präventions- und Behandlungsstrategien gezielter auf einzelne Patienten abzustimmen.
Untersuchung der Immunzellen im Tumor
Die Wissenschaftler/-innen untersuchten, wie viele Immunzellen im Tumorgewebe vorhanden waren. Diese Immunzellen, hauptsächlich T-Lymphozyten, sind dafür verantwortlich Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Je aktiver diese Immunzellen in und um einen Tumor herum sind, desto besser kann der Körper den Krebs in Schach halten. Im Gegensatz dazu sprechen Tumoren mit geringer Immunzelldichte – sogenannte immunkalte Tumoren – oft schlechter auf Behandlungen an und neigen eher zu aggressivem Wachstum, betont das DKFZ. „Vor diesem Hintergrund lag es nahe, das sogenannte Mikromilieu der Tumore einmal genauer unter die Lupe zu nehmen“, sagt Michael Hoffmeister. „Wir haben vermutet, dass es bei Typ-2-Diabetes zu Veränderungen in der Tumorumgebung kommt, die das Erkrankungsrisiko und die Prognose von Darmkrebs beeinflussen.“
Studie mit 4.724 Teilnehmern
In einer großen bevölkerungsbasierten Studie mit 4.724 Teilnehmern, darunter 2.321 Darmkrebspatienten, fanden die DKFZ-Forscher heraus, dass Diabetes die Entstehung von immunkalten Darmtumoren begünstigen kann. Darüber hinaus war bei Diabetespatienten mit immunkalten Tumoren die Prognose für das Wiederauftreten und Überleben von Darmkrebs über einen Nachbeobachtungszeitraum von 9,5 Jahren deutlich schlechter. Im Gegensatz dazu zeigten Diabetiker, deren Tumoren reich an Immunzellen waren, dieses erhöhte Sterbe- oder Krebsrückfallrisiko nicht. „Diabetes scheint Bedingungen zu schaffen, die es Tumoren mit ohnehin schwacher Immunüberwachung ermöglichen, leichter zu wachsen und sich auszubreiten“, erklärt Erstautor Durgesh Wankhede. „Verfügt ein Tumor jedoch über eine starke Immunabwehr, scheint Diabetes nicht die gleichen Auswirkungen zu haben.“
Vorsorge- und Behandlungsstrategien künftig anpassen?
Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass mehrere Faktoren zu diesem Effekt beitragen könnten. Chronisch erhöhte Blutzucker- und Insulinwerte könnten das Wachstum von Krebszellen fördern und gleichzeitig den Immunzellen die benötigte Energie entziehen, so die Vermutung. Diese Kombination schwäche die lokale Immunkontrolle im Tumormikromilieu. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse könnte die Beurteilung des Immunstatus von Tumoren Ärzten zukünftig helfen, Vorsorge- und Behandlungsstrategien anzupassen. Menschen mit Diabetes könnten aufgrund ihres erhöhten Risikos von früheren Darmkrebsscreening-Angeboten profitieren. „Zudem wären weitere Studien hilfreich, um zu erforschen, inwieweit sich Lebensstilveränderungen und Blutzuckerkontrolle auf die Immunschwäche bei Darmkrebs auswirken, um noch gezielter Empfehlungen aussprechen zu können“, betont Hoffmeister.
Quelle: DKFZ
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