Depression: Kann die Ketamin-Wirkung verlängert werden?

Neue Studie
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Tafel mit der Ketamin Summen- und Strukturformel
© Zerbor/stock.adobe.com
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Eine neue Studie zeigt auf, wie die antidepressive Wirkung von Ketamin bei schweren Depressionen wochenlang verlängert werden könnte.

Etwa 10 Prozent der US-Bevölkerung leiden zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer schweren depressiven Störung, und bis zu 20 Prozent entwickeln im Laufe ihres Lebens Symptome einer schweren depressiven Störung. Für Deutschland beziffert die Deutsche Depressionsliga die Zahl auf über 5 Millionen Menschen, die von Depression betroffen sind. Darunter sind auch viele Prominente, die teilweise offensiv mit ihrer Krankheit umgehen, wie z.B. die Komiker Torsten Sträter oder Kurt Krömer. Bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung reichen die Behandlungsmethoden allerdings oft nicht aus. Denn laut der Autoren der neuen Studie wirken Antidepressiva – die Standardbehandlung – bei 30 Prozent der Patienten mit schwerer Depression nicht.

Ketamin hat auch Nebenwirkungen

In niedriger Dosierung zeige Ketamin eine bemerkenswerte Wirksamkeit als schnell wirkendes Antidepressivum. Selbst bei Patienten, die auf andere Antidepressiva nicht ansprachen, seien innerhalb weniger Stunden Wirkungen zu beobachten. Um die Symptome unter Kontrolle zu halten, seien jedoch regelmäßige Ketamininfusionen erforderlich. Dies könne zu Nebenwirkungen wie dissoziative Störungen und Suchtgefahr führen. Ein Absetzen der Behandlung könne zudem einen Rückfall zur Folge haben, so die Autoren.

Ausweitung der Wirkdauer

Die neue Studie des Forschungsteams um Lisa Monteggia (Inhaberin des Lee E. Limbird-Lehrstuhls für Pharmakologie und Barlow Family Director des Vanderbilt Brain Institute) und Ege Kavalali (William-Stokes-Professor für Experimentelle Therapeutik und Leiter der Abteilung für Pharmakologie) zeigt nun auf, dass es möglich ist, die Wirksamkeit einer Einzeldosis Ketamin von der aktuellen Wirkdauer von bis zu einer Woche auf bis zu zwei Monate deutlich zu verlängern. Die Prämisse dieser Studie, die von Zhenzhong Ma geleitet wurde, basiere auf einem selbst entwickelten, überprüfbaren mechanistischen Modell, das die schnelle antidepressive Wirkung von Ketamin erkläre, sagte Monteggia.

ERK-Aktivität beeinflussen?

Zuvor hatten Forscherinnen und Forscher festgestellt, dass die antidepressive Wirkung von Ketamin die Aktivierung eines wichtigen Signalwegs namens ERK (extracellular-signal regulated kinase) erfordere. Durch die Hemmung von ERK werden jedoch nur die Langzeitwirkungen von Ketamin – nicht die kurzfristigen Wirkungen – aufgehoben. Als schnell wirkendes Antidepressivum sei Ketamin auf ERK-abhängige synaptische Plastizität angewiesen, um seine schnellen Verhaltenseffekte zu erzielen. Ma und Kollegen stellten die Hypothese auf, dass sie die Wirkung von Ketamin durch eine Steigerung der ERK-Aktivität länger aufrechterhalten könnten. Ma entdeckte, dass die antidepressive Wirkung von Ketamin durch die Einnahme von BCI (Dual Specificity Protein Phosphatase 1/6 Inhibitor, BCI), das eine Proteinphosphatase hemmt und so die ERK-Aktivität erhöht, bis zu zwei Monate lang aufrechterhalten werden könne. Durch die Hemmung der Phosphatase sei die ERK-Aktivität beibehalten und die synaptische Plastizität verstärkt worden, die für die anhaltende antidepressive Wirkung von Ketamin verantwortlich ist.

Weitere Studien gefordert

Obwohl der Einsatz von BCI die klinische Anwendung dieser Ergebnisse erschwere, erklärte Monteggia, dass die Ergebnisse einen prinzipiellen Beweis dafür lieferten, dass die antidepressive Wirkung von Ketamin durch gezielte Beeinflussung der intrazellulären Signalübertragung aufrechterhalten werden könne. Sie und Kavalali arbeiten seit Beginn an dem Projekt und hoffen, dass es weitere Studien fördert, die sich mit der Identifizierung spezifischer Moleküle befassen, die die Wirkung einer einzelnen Ketamindosis verstärken und aufrechterhalten.

Literatur:
Z. Zack Ma, Natalie J. Guzikowski, Ji-Woon Kim, Ege T. Kavalali, Lisa M. Monteggia: Enhanced ERK activity extends ketamine’s antidepressant effects by augmenting synaptic plasticity. Science, 8 May 2025, Vol 388, Issue 6747, pp. 646-55, DOI: 10.1126/science.abb6748.

Quelle: Vanderbilt University

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