DNA-Reparatur beobachten

Nutzung von Kryo-EM und Femtosekunden-Kristallographie
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Photolyase
Das lichtgetriebene Enzym Photolyase repariert DNA-Schäden, die durch UV-Strahlung entstehen. Das Modell zeigt die Bindung der DNA (orange) samt der reparierten Stelle (grün) an das Enzym (blau). © Illustration: Lars-Oliver Essen
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Wie wird ein Schaden der DNA repariert, den UV-Licht erzeugt hat? Dies lässt sich nun in atomarer Auflösung Schritt für Schritt verfolgen.

Ultraviolette Strahlung, wie sie im Sonnenlicht vorhanden ist, greift die Erbsubstanz an und bewirkt, dass Schäden an der DNA entstehen. Erstmals lässt sich nun in einem Film mit atomarer Auflösung Schritt für Schritt verfolgen, was passiert, wenn das Enzym DNA-Photolyase einen solchen Schaden in der DNA repariert. Ein Team um den Marburger Biochemiker Professor Dr. Lars-Oliver Essen hat mit extrem hoher Zeitauflösung Schnappschüsse des Reparaturprozesses angefertigt und zu einer Filmsequenz zusammengefügt.

CPD-Schäden Hauptursache für Hautkrebs

„Am häufigsten kommen Schäden vom so genannten CPD-Typ vor“, erläutert Essen von der Philipps-Universität Marburg, einer der Leitautoren der Studie: „Dabei handelt es sich um fehlerhafte Verknüpfungen zwischen den Basen der DNA, wodurch die Information des geschädigten DNA-Strangs an diesen Stellen nicht mehr ablesbar ist.“ CPD-Schäden sind die Hauptursache für Sonnenbrand und Hautkrebs beim Menschen.

Photolyasen bieten Schutz

Aber Licht kann DNA nicht nur zerstören, sondern auch helfen, die entstandenen Fehler zu beseitigen. Photolyase-Enzyme beziehen Energie aus blauem Licht, um die CPD-Schäden auszumerzen, die durch ultraviolette Strahlung entstehen. „Photolyasen bieten fast allen Lebewesen, die der Sonne ausgesetzt sind, einen Schutz gegen UV-Strahlung“, legt der Biochemiker Professor Dr. Ming-Daw Tsai von der Nationalen Taiwanesischen Universität dar, ein weiterer Leitautor.

Essen beschäftigt sich seit langem mit dieser Art von lichtgetriebenen Enzymen: „Schon vor 20 Jahren haben wir zum Beispiel die strukturellen Eigenarten entdeckt, denen Photolyasen ihre ungewöhnlich hohe Effizienz für die DNA-Reparatur verdanken“, sagt der Chemiker.

Nutzung von Kryo-EM und Femtosekunden-Kristallographie

Technische Durchbrüche der letzten zehn Jahre helfen, die Struktur großer Molekülkomplexe aufzuklären: Einerseits Kryo-Elektronenmikroskopie, andererseits zeitaufgelöste serielle Femtosekunden-Kristallographie. „Der Hauptvorteil der Kryo-EM liegt in ihrer Fähigkeit, sehr große Komplexe hochaufgelöst darzustellen“, erklärt Essen. „Femtosekunden-Kristallographie dagegen ermöglicht es, in Echtzeit zu verfolgen, wie sich die Struktur von lichtempfindlichen Makromolekülen wie den Photolyasen und der an sie gebundenen DNA verändert.“

Zeitliche Auflösung bis 100 Pikosekunden

Essen versammelte Fachleute aus aller Welt, um mithilfe der neuen Verfahren den Mechanismus aufzuklären, mit dem die Photolyase einen CPD-Schaden repariert. „Wir fertigten 18 Schnappschüsse zu verschiedenen Zeitpunkten an, die eine zeitliche Auflösung bis runter in den Bereich von 100 Pikosekunden, also einer zehnmilliardstel Sekunde gewährleisten“, erzählt Essens früherer Mitarbeiter Dr. Manuel Maestre-Reyna, der mittlerweile eine Professur an der Nationalen Taiwanesischen Universität innehat und als Erstautor der Studie firmiert.

Vollständigen molekularen Mechanismus abgedeckt

„Jetzt sieht man erstmals im Film, wie das DNA-Reparaturenzym eine fehlerhafte Bindung nach der anderen am CPD-Schaden knackt, bevor es sich nach getaner Arbeit wieder von der DNA löst“, führt Essen aus. „Unsere Daten decken nun den vollständigen molekularen Mechanismus eines der am weitesten verbreiteten DNA-Reparatursysteme ab“, betont der Biochemiker. „Die Ergebnisse stellen einen Höhepunkt meiner langjährigen Interessen an DNA-Photolyasen und ihrem Reparaturmechanismus dar.“

Neben der Arbeitsgruppe von Essen und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Taiwan um Maestre-Reyna und Tsai, dem Leiter des Taiwanesischen Proteinprojekts, beteiligten sich zahlreiche Fachleute aus Japan, der Schweiz, Frankreich, den USA sowie Italien an der Studie.

Literatur:
Manuel Maestre-Reyna , t al.: Visualizing the DNA repair process by a photolyase at atomic resolution. Science, 382, eadd7795 (2023), DOI: 10.1126/science.add7795.

Quelle: idw/Philipps-Universität Marburg

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