Fliegen bedrohen Hausschweine mit Staphylococcus aureus
Das Bakterium Staphylococcus aureus ist allgegenwärtig und in der Regel harmlos. Allerdings kann das Bakterium auch pathogen sein und seine resistenten Formen sind als „Krankenhauskeim“ bekannt. Mitverantwortlich für die Resistenzen sind Viehzucht und Landwirtschaft – ein klassisches Szenario von One Health, wo die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch im Zusammenhang gesehen wird. Eine aktuelle Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigt nun, dass Fliegen bei der Entwicklung der Resistenzen eine wichtige Rolle spielen. Sie fungieren bei Hausschweinen als Überträger.
Das Bakterium Staphylococcus aureus, insbesondere seine Methicillin-resistente Form (MRSA), stellt aufgrund seiner Resistenz gegen β-Lactam-Antibiotika und seiner häufigen Multiresistenz eine erhebliche Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar. MRSA aus der Tierhaltung (LA-MRSA), insbesondere der klonale Komplex 398 (CC398), ist in der Schweinehaltung zu einem mehr oder weniger fixen Bestandteil des Keimspektrums geworden.
Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Fliegen als Überträger fungieren könnten. „Wir untersuchten deshalb das Vorkommen und die molekulare Charakterisierung von MRSA bei Stubenfliegen (Musca domestica) und Stechfliegen (Stomoxys calcitrans) in österreichischen Schweinezuchtbetrieben. Uns ging es darum, mehr über ihre Rolle bei der Übertragung von MRSA und der Verbreitung von Resistenzen zu erfahren“, so Studien-Letztautor Lukas Schwarz vom Klinischen Zentrum für Populationsmedizin bei Fisch, Schwein und Geflügel der Vetmeduni.
Hoher Anteil von Multiresistenzen in MRSA aus Schweinebetrieben
MRSA wurde in 41,7 % der 24 untersuchten Schweinezuchtbetriebe nachgewiesen, wobei Isolate in Stubenfliegen (53,2 %), Stechfliegen (19,1 %), Stiefelstrumpfproben (17,0 %) und Staubwischproben (10,6 %) identifiziert wurden. „Alle Isolate waren Cefoxitin-resistent und gehörten zu CC398, wobei sie verschiedene Resistenzgene trugen“, erklärt Studien-Erstautorin Flora Hamar.
Die Resistenz beschränkte sich nicht auf β-Lactame. Die Forschenden wiesen eine Resistenz gegen Tetracyclin (100 %), Erythromycin (74 %), Clindamycin (74 %) und Ciprofloxacin (32 %) sowie Trimethoprim-Sulfamethoxazol (17 %) nach. Bei 94 % der Isolate wurde eine Multiresistenz (MDR) festgestellt. Über die Ursache des Erwerbs der Multiresistenz kann nur gemutmaßt werden, sie soll aber in einem Folgeprojekt näher untersucht werden.
Stubenfliegen gefährlicher als Stechfliegen, One-Health-Maßnahmen gefordert
Stubenfliegen (26 %) waren häufiger Überträger von MRSA als Stechfliegen (9,4 %), was auf ihr Potenzial als bedeutende Vektoren hinweist. Umweltproben (Stiefelstrumpf- und Staubwischproben) bestätigten die weit verbreitete Kontamination in Ställen. „Unsere Studie belegt die hohe Prävalenz von LA-MRSA in österreichischen Schweineproduktionsbetrieben und identifiziert Fliegen als Vektoren, die zu seiner Verbreitung beitragen“, betont Lukas Schwarz. „Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung robuster Biosicherheitsmaßnahmen, einschließlich einer wirksamen Fliegenbekämpfung und strenger Hygieneprotokolle, um MRSA-Risiken in landwirtschaftlichen Umgebungen zu mindern.“
Strategien im Bereich der öffentlichen Gesundheit sollten sich laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf einen sorgsamen Einsatz von Antibiotika und einen One-Health-Ansatz konzentrieren, um die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen bei Menschen, Tieren und in der Umwelt merklich einzudämmen. Dafür gibt es integrierte Kontrollmaßnahmen, um beispielsweise Stubenfliegen- und Wadenstecherpopulationen in Viehställen zu kontrollieren und somit die Verbreitung von Resistenzen über den Vektor Fliege zu anderen Ställen und/oder in die Umwelt zu reduzieren.
Deutschland: Leichter Anstieg der Antibiotika in der Tiermedizin
In Deutschland ist die Menge der in der Tiermedizin abgegebenen Antibiotika im Jahr 2024 leicht gestiegen. Laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wurden 562 Tonnen Antibiotika an Tierärzte und weitere Empfänger abgegeben. Das ist ein Plus von 34 Tonnen (6,4 %) gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich zu 2011, dem ersten Jahr der Erfassung, beträgt der Rückgang 67 Prozent. Von den 562 Tonnen (t) Antibiotika, die 2024 abgegeben wurden, entfallen wie in den Vorjahren die größten Mengen auf Penicilline (222 t) und Tetrazykline (113 t). Es folgen Sulfonamide (62 t), Makrolide (53 t), Aminoglykoside (37 t) und Polypeptidantibiotika (31 t).
Von den Antibiotika, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen eingestuft werden (Highest Priority Critically Important Antimicrobials for Human Medicine), sind für Polypeptidantibiotika erneut geringere Mengen abgegeben worden als im Vorjahr (Colistin; 31 t; -7,4 %). Damit erreichten diese ihren bisher niedrigsten Wert seit dem Jahr 2011. Für die Fluorchinolone wurde ein leichter Anstieg der Abgabemengen um 0,2 t verzeichnet (+3,5 %). Auch die Abgabemenge von Cephalosporinen der dritten und vierten Generation stieg leicht um 0,1 t im Vergleich zum Vorjahr (+4,4 %).
Wirksame Maßnahmen zum Antibiotika-Einsatz
„Trotz des geringen Anstiegs bewegen sich die Antibiotikaabgabemengen auf einem im Vergleich zum Jahr 2011 sehr niedrigen Niveau und haben sich stabilisiert. Die in Deutschland getroffenen Maßnahmen zum verantwortungsvollen Antibiotika-Einsatz sind wirksam und für die Human- und Veterinärmedizin von Bedeutung", erklärt Prof. Dr. Gaby-Fleur Böl, Präsidentin des BVL.
Aufgrund gesetzlicher Änderungen werden seit dem Jahr 2023 nicht nur Antibiotika erfasst, die von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern an Tierärzte abgegeben werden, sondern zum Beispiel auch an Apotheken, Veterinärbehörden und Hochschulen. Bedingt durch die Änderungen sind die erfassten Zahlen deshalb nur eingeschränkt mit denen der vorherigen Jahre (2011-2022) vergleichbar.
Quellen: idw, BVL
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