Herzinfarkt trotz Medikamenten: Welche Rolle spielen retikulierte Blutplättchen?
Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist die weltweit häufigste Herzkrankheit. Laut Deutscher Herzstiftung erleiden hierzulande über 300.000 Menschen jährlich einen Herzinfarkt. Und trotz moderner Medikamente gibt es vielfach weitere Herzinfarkte bei Menschen, die sich in Behandlung befinden. Ein Forschungsteam der Universität Augsburg hat nun gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus München und Mailand eine mögliche Erklärung dafür gefunden, und gleich einen vielversprechenden Therapieansatz mitgeliefert. Im Fokus stehen sogenannte „retikulierte Blutplättchen“, das sind besonders junge, RNA-reiche und reaktive Thrombozyten. „Wir haben herausgefunden, dass sie eine zentrale Rolle beim Entstehen von Blutgerinnseln bei Patienten mit einer koronaren Herzkrankeit spielen“, erklärt Prof. Dr. Dario Bongiovanni, Professor an der Medizinischen Fakultät und Leiter des Studienzentrums der I. Medizinischen Klinik am Universitätsklinikum Augsburg.
Überaktiv trotz „optimaler“ Therapie
„In unserer Arbeit konnten wir erstmals die biologischen Mechanismen dieser Zellen umfassend charakterisieren. Damit erklären wir, warum diese Blutplättchen bei vielen Patienten auch unter optimaler Therapie noch überaktiv bleiben“, betont Bongiovanni. Der Grund liege darin, dass diese jungen Blutplättchen über besonders viele aktivierende Signalwege verfügen, die sie empfindlicher und reaktionsfreudiger machen als reife Thrombozyten. Die Ergebnisse stammen aus einer multidimensionalen Analyse des Bluts von über 90 Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit. Die Forscherinnen und Forscher fanden unter anderem Signalwege, über die sich die Aktivität solcher Blutzellen gezielt bremsen lassen könnte. Dazu zählen die zwei Zielstrukturen namens GPVI und PI3K. Erste Laborexperimente haben bestätigt, dass die Hemmung dieser Signalwege die Überaktivität der Blutplättchen reduzieren könnte.
„Unsere Ergebnisse könnten den Weg ebnen für eine personalisierte Thrombozytenhemmung, also maßgeschneiderte Therapien, die auf die individuellen Eigenschaften der Blutplättchen einer Patientin oder eines Patienten abgestimmt sind“, erläutert Bongiovanni.
Quelle: idw/Universität Augsburg
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