Die neueste Version der europäischen Leitlinien zur Behandlung von Herzklappenerkrankungen (ESC/EACTS Joint Guidelines Valvular heart disease) wurde im Rahmen des ESC Kongresses in Madrid erstmalig veröffentlicht. Sie ist das Ergebnis einer zweijährigen, engen Zusammenarbeit von Herzchirurgen und Kardiologen, basierend auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) begrüßt ausdrücklich die konsentierte Erstellung der neuen Leitlinie. Herzchirurg und DGTHG-Mitglied Professor Michael Borger, einer der Co-Vorsitzenden des gemeinsamen ESC/EACTS-Leitlinienkomitees, betont: „Die aktualisierten Leitlinien sind von globaler Bedeutung für alle, die auf dem Gebiet der Herzklappenerkrankungen tätig sind. Wir empfehlen den Herz-Teams in Europa und weltweit, sie zur Unterstützung ihrer klinischen Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.“
Wesentliche Neuerungen
Die CT-Angiografie ist nun eine IB-Empfehlung, um eine koronare Herzkrankheit bei Patientinnen und Patienten mit geringem oder mittlerem Risiko auszuschließen. Bei Patientinnen und Patienten mit trikuspidaler Aortenklappenstenose wird für die Durchführung einer TAVI die Altersgrenze von 75 auf 70 Jahre angepasst. Bei asymptomatischen Patientinnen und Patienten mit Aortenklappenstenose wird ein invasiver Aortenklappeneingriff (herzchirurgisch oder mittels katheterbasiertem Verfahren) als Alternative zur engen Überwachung empfohlen (IIa).
Bei Patientinnen und Patienten mit primärer Mitralinsuffizienz bleiben herzchirurgische Verfahren die bevorzugte Wahl – mit einer neuen Empfehlung (Ib) für asymptomatische Patientinnen und Patienten. Die minimalinvasive Mitralklappenchirurgie erhält eine neue Empfehlung (IIb). Bei Patientinnen und Patienten mit sekundärer Vorhof-Mitralklappeninsuffizienz besteht die IIa Empfehlung für einen herzchirurgischen Mitralklappeneingriff und eine IIb Empfehlung für ein kathetergestütztes Therapieverfahren.
Biomarker
Zu den Biomarkern heißt es, dass diejenigen, die entweder auf eine Belastung der Herzwand (z. B. Brain Natriuretic Peptide, BNP) oder eine Myokardschädigung (z. B. Troponin) hinweisen, bei asymptomatischen und symptomatischen Patienten helfen können, den Verlauf der Herzklappenerkrankung zu überwachen und den optimalen Interventionszeitpunkt zu bestimmen. Bei Patienten mit Herzklappenerkrankung habe sich der Quotient aus natriuretischem Peptid (das Verhältnis von gemessenem BNP oder N-terminalem Pro-B-Typ natriuretischem Protein [NT-proBNP] zur oberen Normgrenze für Alter, Geschlecht und Testergebnis) als aussagekräftiger, unabhängiger und inkrementeller Prädiktor der Mortalität erwiesen. Bei Patienten mit Aortenklappenersatz sei die Akkumulation mehrerer erhöhter Biomarker für kardiovaskulären Stress mit einer höheren Gesamtmortalität und kardiovaskulären Mortalität sowie einer höheren Rate an erneuten Krankenhausaufenthalten verbunden gewesen.
Die Leitlinie enthält zudem zahlreiche neue oder überarbeitete Empfehlungen zum Antikoagulationsmanagement nach herzchirurgischen oder katheterbasierten Herzklappeneingriffen.
Quelle: idw/DGHTG
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