Ultraschall spielt in der Medizin schon lange eine große Rolle. Laut Ultraschallmuseum war der österreichische Neurologe K. Th. Dussik der erste Mediziner, der Ultraschall zu diagnostischen Zwecken nutzbar gemacht hatte. Er begann mit seiner Arbeit 1938 am Physikalischen Institut der Wiener Universität. 1942 publizierte er dann seine Methode der Hyperphonografie zur Beurteilung der Gehirnventrikel. Heute geht die Forschung vor allem in Richtung therapeutischer Einsatz. Seit gut zehn Jahren erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Beispiel, wie sich mit wenig intensivem Ultraschall gezielt die Nervenaktivität im Gehirn beeinflussen lassen könnte. Erste klinische Studien überprüfen bereits, ob sich mit solcher Neuromodulation die Symptome bei Alzheimer, Epilepsie oder das Zittern von Tremor-Patientinnen/-Patienten lindern lassen.
Mehrere Punkte gleichzeitig stimulieren
Forschenden der ETH Zürich, der Universität Zürich und der New York University ist es nun gelungen, die Ultraschall-Neuromodulation im Gehirn zu verbessern. Das Forschungsteam entwickelte ein Gerät, mit dem sich im Gehirn erstmals gleichzeitig drei oder bis zu fünf präzis definierte Punkte stimulieren lassen, wie in einer Studie gezeigt wurde. Bisher sei dies höchstens ansatzweise und sehr viel unpräziser möglich gewesen. „Das Gehirn funktioniert in Netzwerken. Es ist daher einfacher, ein Hirnnetzwerk anzuregen oder zu dämpfen, wenn man das an mehreren Punkten gleichzeitig macht“, erklärt Prof. Daniel Razansky von der ETH Zürich und der Universität Zürich. Beteiligt waren auch Mitarbeiter der New York University.
Einsatz als nicht-invasive Methode
Bei diesem Ansatz erfolge die Neuromodulation durch die Schädeldecke hindurch. Das Gerät werde auf den Kopf gerichtet. Es handele sich um eine nicht-invasive Methode: ein chirurgischer Eingriff sei deshalb nicht nötig. Die Forschenden führten die Neuromodulation im Labor zunächst an Mäusen durch. Dazu platzierten sie deren Kopf unter einer selbst entwickelten Haube mit mehreren hundert Ultraschall-Wandlern. Über eine ausgeklügelte Steuerungselektronik erzeugen diese Wandler kurze Ultraschall-Impulse so, dass sich die Ultraschallwellen im Gehirn gegenseitig auslöschen oder verstärken. Das Prinzip sei vergleichbar mit einem Hologramm, einem dreidimensional wirkenden Bild, das durch die Wechselwirkung von Lichtwellen erzeugt werde. Bei der neuen Methode der Forschenden aus Zürich und New York entstehen durch die Überlagerung vieler Ultraschallwellen einzelne Brennpunkte.
Gefahr von Schäden verringert
Es kann bei dieser Technik mit weniger intensivem Ultraschall gearbeitet werden. Dies gelingt durch das Modulieren der Hirnnetzwerke an mehreren Punkten gleichzeitig. „Je weniger intensiv der Ultraschall, desto sicherer ist das für das Gehirn“, erklärt Razansky. Frühere Anläufe zur Ultraschall-Neuromodulation hätten oft unter einem Alles-oder-nichts-Effekt gelitten: Zu schwacher Ultraschall habe keinen Effekt gehabt, während eine zu starke Intensität zu einer unkontrollierten Erregung des ganzen Gehirns geführt habe, verbunden mit der Gefahr, dieses zu schädigen. Außerdem könne intensiver Ultraschall Gefäßschäden verursachen oder zu Überhitzung des Schädels oder des Gehirns führen, so die Forscherinnen und Forscher.
Weitere Untersuchungen zur Wirkung nötig
Niedrigintensive Ultraschall-Impluse haben kurzzeitige Effekte, darunter auch ein kurzer Temperaturanstieg im Fokusbereich. Darüber hinaus beeinflussen sie mutmaßlich auch kanalförmige Proteine an der Oberfläche von Nervenzellen, die den Transport von Ionen in die Zellen und aus ihnen heraus kontrollieren. Welche Mechanismen in welchem Ausmaß dazu beitragen, dass Nervenzellen angeregt oder gedämpft werden, müssen Forschende aber erst noch im Detail untersuchen. Mit der neuen Methode sei es allerdings auch möglich, Hirnnetzwerke nicht nur anzuregen, sondern diese Anregung gleichzeitig mittels Bildgebung sichtbar zu machen. Die Forschenden können somit unmittelbar überprüfen, welche Netzwerke sie angeregt haben. Noch handelt es sich um Grundlagenforschung, eine konkrete medizinische Anwendung war nicht das Ziel. Diese Studie und die Zusammenarbeit mit den Forschenden der New York University wurden maßgeblich finanziert durch die amerikanischen National Institutes of Health. Weil die Behörde derzeit unter politischem Druck stehe und keine Gelder mehr ins Ausland vergebe, könnten die Forschenden die Zusammenarbeit derzeit nicht im gleichen Rahmen fortsetzen, erklärt Razansky. Er möchte sie jedoch mit anderen Finanzierungsquellen so gut es geht weiterführen.
Tests bei verschiedenen Krankheiten
Als Nächstes wollen sich die Forschenden konkreten Anwendungen widmen und die Technologie in Tierversuchen bei verschiedenen Krankheiten testen. Mögliche medizinische Anwendungsfelder seien dabei neben Alzheimer, Tremor und Epilepsie auch Depressionen, Parkinson sowie die Therapie nach einem Hirnschlag. „Für unsere Forschung sind wir auf Tiere angewiesen“, betont Razansky. „Es wäre nicht möglich, solche Entwicklungen einem so frühen Stadium an Menschen zu erforschen. Zunächst müssen wir lernen, wie wir den Eingriff kontrollieren können, und wir müssen gewährleisten, dass er für die Behandlung von Gehirnerkrankungen sicher und wirksam und ist.“
Quelle: idw/ETH Zürich
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