In anderen Ländern wurden bereits mehrere Kinder mit der neuen Gentherapie erfolgreich behandelt – ein vielversprechendes Zeichen für den Erfolg der Therapie. Denn bei bis zu 80 Prozent der Fälle von Schwerhörigkeit bei Neugeborenen und Kindern liegt eine genetische Ursache vor. Davon sind etwa acht Prozent verursacht durch eine Veränderung im Otoferlin-Gen (OTOF). Diese Mutationen sorgen dafür, dass die Kinder stark schwerhörig sind oder gar nicht hören können, weil die Cochlea den Schall zwar aufnehmen kann, aber das Signal nicht an den Hörnerv weiterleiten kann.
Ursächliche Behandlung der Gehörlosigkeit
Die neue Therapie ist ein vielversprechender Ansatz zur ursächlichen Behandlung der Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit aufgrund der Mutation im OTOF-Gen. Durch die neue Therapie soll das Gehör auf molekularer Ebene wieder hergestellt werden mithilfe eines Vektors, der wie ein Gen-Taxi eine gesunde Kopie des OTOF-Gens in die Cochlea einbringt. Dadurch ist es möglich, dass die Cochlea doch wieder Signale an den Hörnnerv weiterleiten kann und der ursächliche Defekt ist behoben.
Im Rahmen der internationalen Studie CHORD (Clinical trial of Hearing Restoration with Otoferlin gene Delivery) wird der Eingriff seit März 2023 getestet. Die experimentelle Gentherapie wird dadurch an Kindern von 0 bis 17 Jahren in Deutschland, England, Spanien und den USA getestet. Eine offizielle Bewertung der neuen Therapie von einer Zulassungsbehörde gibt es bisher noch nicht. Doch die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: 10 von 11 Teilnehmenden der Studie berichten von einem (zum Teil) deutlich verbesserten Hörvermögen. Hervorzuheben sei bisher der Fall eines 10 Monate alten Babys, das 6 Wochen nach der Therapie eine deutliche Verbesserung des Hörvermögens zeigte und 24 Wochen nach dem Eingriff bereits auf leise Geräusche und Sprache reagieren konnte.
Vielversprechende Gentherapiestudie
In strukturierten Nachuntersuchungen wird die Verbesserung des Hörvermögens verfolgt, um den Nutzen der Therapie einschätzen zu können, so auch beim Tübinger Patienten. Prof. Hubert Löwenheim, der den Eingriff in Tübingen vornahm, betont den frühest möglichen Einsatz dieser Therapie: „Ähnlich wie die Cochlea-Implantation sollten Gentherapien für angeborene Schwerhörigkeit oder Taubheit möglichst früh im Leben der betroffenen Kinder durchgeführt werden. Deshalb ist es wichtig, Kinder mit Auffälligkeiten in diesem Bereich möglichst früh genetisch zu untersuchen, um eine spezifische Ursache feststellen zu können. Nur so kann sich das Gebiet der Molekulare Otologie wirklich weiterentwickeln.“
Die bisherige Behandlung der Wahl beinhaltet ein Cochlea-Implantat mittels eines chirurgischen Eingriffs. Für diejenigen Kinder, für welche die neue Gentherapie nicht infrage kommt, wird das auch weiterhin Therapie der Wahl bleiben.
Quelle: idw
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