Interview mit Ute Zillmann zur neuen Ausbildung

Die Frage stellte Ludwig Zahn
Foto von Ute Zillmann
Ute Zillmann bei der Verabschiedung 
Ende August © privat
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Am Universitätsklinikum Essen sind die acht Gesundheitsfachschulen, die Fort- und Weiterbildung sowie die Personalentwicklung in der Bildungsakademie zusammengefasst. Die MTR-Schule ist eine der Gesundheitsfachschulen.

Sie hat 66 Ausbildungsplätze bei drei parallelen Ausbildungsgängen und ist damit die zweitgrößte Schule der Bildungsakademie. Das Kollegium der Schule besteht aus sechs Lehrkräften in Voll- und Teilzeit sowie einer Sekretärin. Während die theoretische Ausbildung in der Schule stattfindet, stehen den Auszubildenden für die praktische Ausbildung innerhalb des Universitätsklinikums sowie bei Kooperationspartnern vielseitige Ausbildungsplätze zur Verfügung. In allen Abteilungen sind ausgebildete

Praxisanleiter/-innen vor Ort, die sich um die Belange der Auszubildenden und deren Praxisanleitung kümmern. Eine Besonderheit der praktischen Ausbildung der Schule ist der reguläre Einsatz der Auszubildenden im Westdeutschen Protonentherapiezentrum. Die spezifischen Anforderungen und das Klientel der Protonenbestrahlung fordern von den Auszubildenden ein besonderes Maß an Fachkompetenz, Empathie und Kommunikation. Mit der MTR-Schule des Elisabeth-Krankenhauses Essen (EKE) besteht eine sehr enge Kooperation, die für beide Schulen große Vorteile be­deutet. Highlights der Ausbildung sind immer wieder die Exkursionen zu Kongressen oder nach Remscheid ins Röntgenmuseum. Und dann gibt es auch noch die Ausflüge nur zum Spaß an die Kletterwand oder in den Trampolinpark. Ute Zillmann war Schulleiterin der MTR-Schule und hat uns Fragen zur Ausbildung nach dem neuen MTBG beantwortet.

Frau Zillmann, wie haben Sie die Änderungen durch das neue MTBG/APrV in Ihrer täglichen Praxis erlebt? Wie lief der Start?

Das Kollegium der Schule hatte sich schon sehr frühzeitig mit der lernfeldorientierten Ausbildung beschäftigt. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse haben den Lehrkräften geholfen, sich in die Anforderungen des neuen MTBG beziehungsweise der neuen APrV hineinzudenken. Dennoch waren die Umstellung und der Start in 2023 ein Kraftakt. Der Stundenplan für die drei Jahre Ausbildung gestaltete sich deutlich anders, da die curricularen Einheiten in Anlehnung an das Mustercurriculum geschachtelt geplant werden mussten. Die Planung des Orientierungseinsatzes war ebenfalls eine Herausforderung durch die Erstellung der Kompetenzkataloge und kompetenzorientierten Leistungserfassung für die Praxisanleiter/-innen. Mit dem Start des neuen Curriculums kam die Erkenntnis, dass wir viele der in den Gesetzen geforderten Maßnahmen schon durchführen. Theoretische und praktische Ausbildung waren im Vorfeld situations- und handlungsorientiert, auch wenn wir es nicht explizit so benannt haben.

Mussten zusätzliche Schulungen oder Weiterbildungen im Zuge der MTBG-Einführung absolviert werden? Wie haben diese Schulungen die Fähigkeiten und Kenntnisse erweitert?

Das Kollegium der MTR-Schule hat zu den Anforderungen des neuen Gesetzes Schulungen in Anspruch nehmen müssen. ­Insbesondere zum kompetenzorientierten Prüfen wurden Seminare besucht. Dadurch konnten die Lehrkräfte den Praxisanleiterinnen und Praxisanleitern eine bessere Unterstützung bei der Entwicklung der praktischen Ausbildung geben. Zur Dokumentation der praktischen Ausbildung wird an unserer Schule das Schulverwaltungsprogramm EasySoft verwendet. Auch hierzu benötigten wir eine intensive Schulung, um die Verknüpfung von EasySoft Education und Publish zu optimieren.

In allen Bereichen der Implementierung des neuen Gesetzes war die Projektgruppe IRMA (Anm. der Redaktion: Projekt „Implementierung der rechtlichen Reformvorgaben in den MT-Ausbildungen in NRW“) eine große Hilfe. Der Austausch von Lösungsansätzen zwischen den Schulen konnte hierdurch deutlich verbessert werden.

Welche spezifischen Maßnahmen mussten ergriffen werden, um den Anforderungen des neuen MTBG gerecht zu werden? Können Sie konkrete Beispiele für Anpassungen oder Neuerungen geben?

  • Reduktion der Ausbildungsplätze für den Kurs 2023

  • Neue Ausbildungsverträge

  • Neue Kooperationsverträge

  • Absprachen mit allen Betroffenen zur Freistellung der Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter

  • Information der externen Dozentinnen und Dozenten zur neuen APrV und dem neuen Curriculum

  • Information der Klinikleitungen zur neuen Gesetzgebung

  • Zusammenstellen der Unterlagen für die Bezirksregierung

  • Erstellen des neuen schuleigenen Curriculums in Theorie und Praxis

  • Anpassung des Verlaufsplans an die Verteilung praktischer und theoretischer Ausbildung über die drei Jahre

  • Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter (PAX): Liste aller PAX zusammenstellen, Schulungen organisieren, PA-Sitzungen abhalten

  • Umstellung der Prüfungen, Examensprüfungen

  • Aufbau einer strukturierten Dokumentation und begründeten Leistungseinschätzung der Praxisanleitung

Wie hat sich die Rolle der Praxisanleitung durch das neue MTBG verändert? Welche neuen Verantwortlichkeiten oder Aufgaben kamen hinzu?

Durch die neue Gesetzgebung ist die Bedeutung der Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter für die praktische Ausbildung wie auch für die Gesamtausbildung hervorgehoben worden. Ihre Rolle in der Abteilung als Bestandteil der Ausbildung ist gestärkt. Dazu trägt insbesondere die gesetzesmäßige Festlegung der Qualifikation und der Aufgaben einer Praxisanleitung bei. In der APrV ist die Verantwortung der Praxisanleitung und ihre Zuständigkeit, zum Beispiel als Teil der Prüfungskommission verankert. Zu den neuen Aufgaben der

Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter gehören unter anderem die Leistungseinschätzung, der Austausch in den PA-Sitzungen und die Gesprächsführung mit den Auszubildenden. Das stärkt die Rolle der PA gegenüber den Auszubildenden und den Kollegen erheblich. Durch die stärkere Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis muss sich die Praxisanleitung intensiver mit den theoretischen Kennt­nissen der Auszubildenden auseinandersetzen.

Zur Unterstützung der Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter haben wir spezielle Seminare konzipiert. Diese werden jährlich angepasst und in Abstimmung mit den Praxisanleitungen werden Schwerpunktthemen hierfür festgelegt.

Welche Herausforderungen haben Sie bei der Umsetzung der neuen Anforderungen in der Praxisanleitung fest­gestellt? Bleibt genügend Zeit für die Praxisanleitung? Wie wurden die neuen Herausforderungen gemeistert?

Für die Implementierung der Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter in die praktische Ausbildung musste zunächst deren Bedeutung für die Ausbildung intensiv innerhalb des UK Essen kommuniziert werden. Ein weiterer Punkt war die Freistellung der Praxisanleitungen für die Aufgaben in der praktischen Ausbildung. Glücklicherweise sind in den relevanten Kliniken und Instituten des UK Essen ausreichend geschulte Praxisanleitungen vorhanden, die sofort ihre Aufgaben wahrgenommen haben. Dennoch mussten die Lehrkräfte den Praxisanleiterinnen und Praxisanleitern ihre neue Rolle und Bedeutung verdeutlichen. Mit intensivem Austausch, Engagement auf allen Seiten und vielen Gesprächen in allen Richtungen haben wir die Herausforderung gut gemeistert.

Wie haben die Änderungen des MTBG/MTAPrV die Qualität der Ausbildung und Anleitung beeinflusst? Gibt es ­spezi­fische Verbesserungen oder Verschlechterungen, die Sie schon bemerkt haben?

Insbesondere in der theoretischen Ausbildung hat sich einiges geändert. Der Umfang des neuen Curriculums und die Kompetenzorientierung der Prüfungen machen es notwendig, dass sich die Lehrkräfte in ihrem Unterricht neu ausrichten. Der daraus resultierende Vorteil liegt in der leichteren Verknüpfung von Theorie und Praxis. Für ein besseres Gesamtverständnis sorgt auch die Themenbündelung diagnostischer Untersuchungen in C3 und therapeutischer Maßnahmen in C4. Ein besonderer Mehrwert liegt in den gestiegenen Ansprüchen an die Kommunikations- und Reflexionsfähigkeit der Auszubildenden, zur Stärkung der sozialen und personellen Kompetenz. Insgesamt stellt die neue Gesetzgebung durch die Vielfältigkeit, die sie der Ausbildung verleiht, eine deutliche qualitative Verbesserung dar.

Wie wurde die Zusammenarbeit zwischen Praxisanleitungen und Auszubildenden durch das neue MTBG beeinflusst? Haben Sie Veränderungen in der Interaktion und Kommunikation festgestellt?

Die Zusammenarbeit zwischen den Praxisanleiterinnen und Praxisanleitern und den Auszubildenden hat sich deutlich verbessert. Die Auszubildenden haben nun feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, an die sie sich mit allen Belangen wenden können. Sie empfinden durch die gesetzliche Festlegung der Praxisanleitung einen Anspruch darauf, den sie kommunizieren. Die Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter sind in ihrer Rolle deutlich gefestigt und nehmen sie mit mehr Selbstverständnis wahr. Die enge Zusammenarbeit beider führt zu einem besseren Kennenlernen und einer offeneren Kommunikation. Insgesamt war die Rückmeldung über die Veränderungen der Zusammenarbeit der beiden Personengruppen sehr positiv. Die Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter entwickeln mittlerweile viele Ideen zu gemeinsamen Projekten von Schule und PAX, welche den Auszubildenden zugutekommen.

Wie haben die Auszubildenden auf die Änderungen durch das neue MTBG/MTAPrV reagiert? Haben Sie Unterschiede in der Lernkurve oder Motivation bemerkt?

Grundsätzlich haben die Auszubildenden positiv reagiert, auch wenn sie zu Beginn etwas verwirrt aufgrund der fehlenden Fächerzuordnung waren. Eine Änderung der Lernkurve wird sich sicherlich über die Zeit ergeben.

Wie unterstützen Sie die Auszubildenden dabei, die durch das MTBG/MTAPrV festgelegten Lernziele zu erreichen? Welche Methoden oder Tools setzen Sie ein?

Wir legen den Fokus auf eine Vielfältigkeit an Angeboten, um den Auszubildenden das Erreichen der Lernziele zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern. Ein weiterer großer Fokus liegt in unserer Schule neben den allgemeinen Informationen zum Lernen auf einer individuellen Lernberatung und nachhaltigem Lernen. Durch regelmäßiges Wiederholen mit unterschiedlichen Lernmethoden und Lern­beratungsgesprächen hoffen wir, diesem Anspruch gerecht zu werden. Für die praktische Ausbildung ist ein Kompetenzkatalog angefertigt worden, der für den jeweiligen Ausbildungsbereich entsprechend der Taxonomie-Stufen die zu erreichenden Lernziele transparent formuliert. Lernvideos unterstützen die Auszubildenden zunächst im praktischen Unterricht, zukünftig auch im theoretischen. Zum besseren Ressourcen- und Stressmanagement setzen wir eine speziell dafür erstellte App ein.

Wie hat sich der Abschluss eines Ausbildungsvertrages in der Praxis ausgewirkt? Gab es hier Probleme?

Da es sich bei dem Träger unserer Schule um ein Universitätsklinikum handelt, haben wir schon seit der Vergütung der Ausbildung ab 2019 einen Ausbildungsvertrag. Dieser musste zwar angepasst werden an die neue Gesetzgebung, brachte für die Auszubildenden jedoch keine nennenswerten Änderungen. Insgesamt haben sich Ausbildungsvergütung und Ausbildungsvertrag positiv auf die Lebenssicherheit der Auszubildenden ausgewirkt.

 

Entnommen aus MT im Dialog 11/2024

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