Interview zu Photonen, Protonen und FLASH

Dr. Jens Heufelder und Prof. Dr. Andrea Denker im Gespräch
Das Interview führte M. Reiter
Interview mit Dr. Jens Heufelder und Prof. Dr. Andrea Denker.
Interview mit Dr. Jens Heufelder und Prof. Dr. Andrea Denker am Rande der DGMP Jahrestagung 2025. © DÄV
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Dr. Jens Heufelder und Prof. Dr. Andrea Denker vom Helmholtz-Zentrum Berlin gehen am Rande der DGMP-Jahrestagung 2025 unter anderem auf die neuen Entwicklungen im Rahmen der FLASH-Bestrahlung ein. MTR spielen, gerade was die Lagerung bei Augentumoren angeht, eine extrem wichtige Rolle.
Transkript zum Video

Herr Reiter: Herr Dr. Heufelder, welche neuen Entwicklungen sehen Sie im Bereich der Diagnostik? (.)

Heufelder: Im Bereich der Diagnostik haben wir auf der Tagung viel gesehen, Einsatz von KI, um sozusagen die Bildqualität im Bereich der CT- und Röntgendiagnostik zu verbessern. (..)

Reiter: Bitte beschreiben Sie die Differenzierung zwischen Photonen, Protonen und auch das Thema FLASH. (..)

Heufelder: Die Standardstrahlentherapie arbeitet mit Photonen, die werden durch einen Linearbeschleuniger erzeugt. Das heißt, dort beschleunige ich Elektronen, die machen sogenannte Bremsstrahlung auf einem Target. Und diese Bremsstrahlung nutze ich für die normale oder Standardstrahlentherapie. Das heißt, alle strahlentherapeutischen Einrichtungen verwenden die Photonentherapie. Die nutzen die Photonen geschickt, modelliert, strahlen aus verschiedenen Richtungen, um die Dosis oder die Strahlung im Tumor zu konzentrieren und möglichst wenig Dosis im umliegenden Gewebe zu deponieren. Die Protonen unterscheiden sich dadurch, dass sie massereicher sind. Die werden direkt beschleunigt am Beschleuniger und haben eine interessante Eigenschaft. Und zwar dadurch, dass sie Körperteilchen sind, machen sie Stoßwechselwirkungen. Und je mehr Wechselwirkungen sie machen, desto mehr Energie geben sie lokal ab. Das führt dazu, dass sie irgendwo im Körper stecken bleiben. Dieser Steckenbleibpunkt ist abhängig von ihrer Eingangsenergie. Das heißt, wenn man die Eingangsenergie variiert, kann man die Dosisdeposition im Körper genau ausrichten. Dadurch ist man in der Lage, sozusagen Dosis besser als mit Photonen im Körper zu deponieren oder mit weniger schädlicher Dosis drumherum. Muss sich das Ganze aber auch durch größere und teurere Geräte erkaufen, weil einfach das Proton extrem schwer ist.

Reiter: Und worum geht es bei FLASH?

Heufelder: Die FLASH-Therapie ist eine neuartige Form der Therapie. Da wird die Dosis, das ist egal, ob man Photon oder Proton nimmt, in einem extrem kurzen Zeitpunkt appliziert. (..) Die Idee dahinter ist, in diesem kurzen Zeitpunkt hat der Körper im Prinzip keine große Zeit, Wechselwirkung zu machen. Das heißt, gesundes Gewebe wird sozusagen strahlenresistent oder vielmehr strahlenresistenter. (.) Diese Zunahme der strahlenden Resistenzen trifft nicht auf den Tumor zu. Dadurch ermöglicht man, ein größeres sogenanntes therapeutisches Fenster zu erzielen. Das heißt, ich kann den Tumor mit mehr Dosis belasten und habe die gleichen Nebenwirkungen. Oder ich bestrahle den Tumor mit gleicher Dosis und bin hoffentlich in der Lage, die Nebenwirkungen zu reduzieren. Aber dieses Thema ist gerade großer Zeitpunkt der Forschung. Da sind viele physikalische als auch biologische Effekte noch zu klären. (..)

Reiter: Frau Professor Denker, bitte beschreiben Sie die konkrete Anwendung, insbesondere der Proton-Therapie im Kontext Augentumoren.

Denker: Ja, Herr Heufelder hat das ja schon erklärt, dass die Protonen eine wohldefinierte Eindringtiefe haben. Das heißt, man hat hinter der maximalen Eindringtiefe der Protonen keine Dosis mehr. Und das erlaubt es, das Bestrahlungsfeld so zu formen, dass man es eben sehr exakt an das Auge anpassen kann, eben möglichst nur den Tumor zu treffen und die Risikostrukturen zu schonen.

Reiter: Wo stehen wir bei der Anwendung dieses Prinzips? (.)

Denker: Ja, also die ursprüngliche Protonen-Therapie ist ja schon vor vielen Jahren erfunden worden. 1998 haben wir hier in Berlin mit der Protonen-Therapie am Auge begonnen. Das war eine Kollaboration oder ist immer noch eine Kollaboration zwischen der Charité Universitätsmedizin und dem Helmholtz Zentrum Berlin. Nun hießen wir damals anders, deswegen bin ich gerade gestolpert. Und in der Zwischenzeit wurden in dieser gemeinsamen Kollaboration über 5000 Patienten behandelt. Und wenn ich mir das so angucke, was ich von den Medizinern wieder zurückgespiegelt bekomme an Tumorkontrollraten und Augenerhalt, liegen wir ganz weit vorne. (.)

Reiter: Welche Effekte ergeben sich denn hieraus auf die Arbeit der MTR? (...)

Denker: Die MTR ist insbesondere bei der Bestrahlung selbst eine der wichtigsten Personen, weil in Form der Augentherapie müssen wir sozusagen den Patienten hochexakt lagern. Und der Patient muss selbstständig aktiv auf einen bestimmten Punkt im Raum gucken. Um diesen Punkt zu begutachten, ist es teilweise notwendig, die Augenlider aus dem Strahlungsfeld herauszuziehen. Und dieser ganze Lagerungsprozess ist in der Aufgabe der MTRs. Das heißt, Sie müssen den Patienten während dieser Zeit führen. Sie müssen die Lidhalter zum Herausziehen der Augenlider setzen. Sie führen die Positionsröntgenaufnahmen von dem Patienten durch. Und ganz wichtig, Sie müssen jederzeit den Status des Patienten im Auge behalten, da es sein kann, dass bei manchen Patienten der Kreislauf absackt und wir dann den Patienten aus dem Behandlungsstuhl mit Maske bergen müssen. Und das gilt es rechtzeitig zu vermeiden bzw. vorher zu erkennen. Und da leisten unsere MTRs eine sehr gute und sehr wertvolle Arbeit.

Reiter: Und noch die Frage in Richtung, welche Anforderungen es gibt, um hier die Entwicklung voranzutreiben? Präzision das Thema? (...)

Denker: Da ist zum einen der entsprechende Beschleuniger das Ziel. Wir haben jetzt bei uns in Berlin begonnen, auch eine Studie für einen neuen Beschleuniger aufzusetzen, der eben genau auch langfristig eben FLASH-Therapie am menschlichen Auge ermöglichen soll. In verschiedenen Bestrahlungsmodalitäten. Da steckt noch viel Entwicklungsarbeit drin. FLASH ist, wie wir am Samstag auch nochmal sehen werden, ein ganz großes Forschungsthema, auch für Photonen und auch Elektronen. Auch da sind verschiedene Zentren in Deutschland unterwegs und wollen die Sachen weiterentwickeln, weil man sich einfach so viel davon verspricht.

Transkribiert mit noScribe Vers. 0.6


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