Was ist kaltes Plasma?
Erst seit den 1990er-Jahren ist es überhaupt möglich, kaltes Plasma zu erzeugen. Plasma ist ein ionisiertes Gas, das eine Vielzahl chemisch reaktiver Moleküle – sogenannte reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies – erzeugt. Diese kurzlebigen Moleküle können biologische Prozesse stark beeinflussen, etwa das Wachstum oder Absterben von Tumorzellen. Da Plasma eigentlich sehr heiß ist, gelingt es nur mit einem Trick, kaltes Plasma zu erzeigen. Dabei wird einem Gas gerade so viel Energie zugeführt, dass nur wenige der Teilchen ionisiert werden. Zunächst wurde das kalte Plasma zur Sterilisation von Instrumenten und dann bei Wunden z.B. auch gegen MRSA eingesetzt. Doch es könnte noch viel mehr leisten.
Rückfälle nach Tumor-OPs verhindern?
In einem Modell haben die Forscherinnen und Forscher des Leibniz-Instituts für Plasmaforschung und Technologie (INP) gemeinsam mit Partnern der Universitätsmedizin Greifswald und des Universitätsklinikums Rostock nun untersucht, wie gut Plasma bei der Nachbehandlung einer Tumoroperation wirken könnte. Dabei wurden übrig gebliebene Tumorzellen am Rand einer künstlichen Operationswunde gezielt mit Plasma behandelt. Ergebnis: Auch hier zeigte sich eine starke Wirkung, vor allem bei Zellen, die sich bereits ins umliegende Gewebe ausgebreitet hatten. Diese Erkenntnisse könnten helfen, Rückfälle nach Operationen besser zu verhindern.
Große Eindringtiefen wurden erreicht
„Die Plasmawirkung im Gewebe ist sehr komplex und bisher wenig verstanden. Wir haben daher ein 3D-Modell aus Hydrogelen entwickelt, das echtem Tumorgewebe nachempfunden ist. In diesem Modell konnten wir genau beobachten, wie tief die Moleküle aus dem Plasma eindringen – und welche dieser Moleküle wichtig für die Wirkung auf Tumorzellen sind“, erläutert Lea Miebach, Erstautorin der Studie. Es handelte sich dabei um einen Pankreastumor. Besonders kurzlebige Moleküle wie Peroxynitrit drangen dabei mehrere Millimeter tief ins Gewebe vor. Dabei zeigte sich, dass reaktive Moleküle auch lateral wirkten. Wasserstoffperoxid, das in der Laborforschung bisher als Hauptwirkstoff galt, zeigte dagegen kaum Wirkung: Selbst, wenn es gezielt entfernt wurde, blieb die Wirkung des Plasmas stark.
Plasmageräte für bestimmte Krebsarten?
„Unsere Ergebnisse könnten die medizinische Anwendung von Plasma deutlich verbessern“, sagt Prof. Dr. Sander Bekeschus, Leiter des Forschungsschwerpunkts Plasmamedizin am INP. „Je besser wir verstehen, welche Moleküle im Gewebe wirken, desto gezielter lassen sich Plasmageräte für bestimmte Krebsarten einsetzen.“ Die Arbeit wurde mit dem medizinisch zugelassenen Plasma-Jet „kINPen“ durchgeführt. Die Methode könnte langfristig dazu beitragen, Therapien effektiver und schonender zu machen.
Quelle: idw/INP
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