Laut Deutschem Herzbericht haben rund 4,7 Millionen Betroffene in Deutschland die Diagnose koronare Herzkrankheit (KHK). Dabei sind KHK und Herzinfarkt mit 538.675 Krankenhausaufnahmen im Jahr 2023 (2022: 538.277) der häufigste Anlass für eine Krankenhausbehandlung in Deutschland. Bei einem akuten Myokardinfarkt (AMI) stirbt ein Teil des Herzmuskelgewebes der linken Herzkammer ab, die das sauerstoffreiche Blut in den Körper pumpt. Diese Verletzung ruft das Immunsystem auf den Plan: Spezialisierte weiße Blutkörperchen (Leukozyten) lösen eine Entzündungsreaktion im Herzmuskel aus, bei der das beschädigte Gewebe abgebaut wird und setzen so den Heilungsprozess in Gang. Ist die Entzündungsreaktion jedoch zu stark, steigt für die Patientinnen und Patienten das Risiko einer chronischen Herzschwäche (Herzinsuffizienz).
Einsatz hochauflösender, molekularer Bildgebung
Ein Forschungsteam um Professor Dr. Frank Bengel, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und Professor Dr. Johann Bauersachs, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie, hat diese Entzündungsreaktion nun genauer untersucht. Dabei ließen sich mit Hilfe einer hochauflösenden, molekularen Bildgebungstechnik nicht nur die individuellen Krankheitsverläufe vorhersagen, sondern auch die jeweils erforderliche Behandlung auf die einzelnen Patientinnen und Patienten abstimmen. Im Zentrum der Untersuchungen standen bestimmte Proteine in der Oberflächenmembran von weißen Blutkörperchen. Diese Rezeptoren namens CXCR4 dienen als Bindungsstellen für kleine Signalproteine, die bei den Leukozyten eine Wanderbewegung auslösen. In früheren Untersuchungen am Mausmodell konnten die Forschenden bereits zeigen, dass CXCR4 nach einem Infarkt zeitweise hochreguliert ist. Sie vermuteten, dass dies beim Menschen ebenso ist und eine Vorhersage der schädlichen Umbauprozesse in der linken Herzkammer und damit die verbleibende Herzfunktion ermöglichen könnte. „Um das zu überprüfen, haben wir 49 Patientinnen und Patienten innerhalb der ersten Woche nach einem AMI mit verschiedenen bildgebenden Verfahren untersucht“, sagt Dr. Johanna Diekmann, Oberärztin an der Klinik für Nuklearmedizin und Erstautorin der Studie.
Tracer heftet sich an CXCR4-Bindungsstelle
Neben Magnetresonanztomographie (MRT) und Myokardperfusionsbildgebung (MPI) nutzten die Forschenden auch hochauflösende Positronen-Emissions-Tomografie (PET) in Kombination mit Computertomografie (CT). Der eingesetzte Tracer heftet sich gezielt an die CXCR4-Bindungsstelle der weißen Blutkörperchen im Herzmuskel. Mittels PET-Scanner lässt sich die Entzündungsreaktion im Herzen so ohne zusätzlichen Eingriff direkt und räumlich genau darstellen. Ein weiterer Vorteil der nicht-invasiven Bildgebung: Das Tracer-Verfahren beeinflusst die Reaktion im Körper nicht und verfälscht damit auch nicht das Messergebnis.
Überschießende Entzündung wird erkennbar
Der Ansatz zeigte, dass die CXCR4-Hochregulation über die eigentliche Kernregion des Herzinfarktes hinausgeht. „Die Entzündungen betreffen auch die Randbereiche und führen zum Umbau der linken Herzkammer, der schließlich in eine Herzschwäche münden kann“, erklärt Dr. Tobias König, leitender Oberarzt an der Klinik für Kardiologie und Angiologie. „Im PET/CT können wir direkt sehen, ob eine überschießende Entzündung vorliegt und wie schwerwiegend sie ist.“ Während herkömmliche Bildgebungsverfahren wie MPI und Herz-MRT vorwiegend das Ausmaß der unumkehrbaren Gewebeschäden erfassen, zeige das PET/CT die genauen Abläufe der Entzündungsreaktion, die den Heilungsprozess steuert. „Diese Informationen könnten uns in Zukunft helfen, das individuelle Risiko für eine Herzschwäche abzuschätzen und speziell auf den Patienten abgestimmte Therapien anzubieten“, sagt der Kardiologe. Nuklearmedizinerin Dr. Diekmann ist sich sicher, dass die CXCR4-PET-Technik bildgesteuerte Behandlungsstrategien erleichtern werde, sodass die Nuklearmedizin künftig eine aktive Rolle bei der Überwachung und Behandlung von Herzinfarkten spielen könnte.
Quelle: MHH
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