ME/CFS-Syndrom im Schlaf besser verstehen
Die Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronische Fatigue Syndrom (ME/CFS) ist eine komplexe Erkrankung, deren genauen Mechanismen noch ungeklärt sind. Viele Betroffene leiden unter weitreichenden Beeinträchtigungen im Alltag und sind auf Pflege angewiesen. Bei ihnen treten Funktionsstörungen des zentralen Nervensystems auf, die zu kognitiven Beeinträchtigungen, Symptomen einer schweren Fatigue (körperliche und geistige Ermüdbarkeit) oder Überempfindlichkeit gegenüber sensorischen Reizen führen können. Der vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim koordinierte Forschungsverbund „Sleep-Neuro-Path“ will dazu beitragen, die Entstehung und Entwicklung von ME/CFS im Körper zu erforschen.
Schlafmerkmale als „Fenster zur Gehirnfunktion“
Um die Ursachen und Auswirkungen von ME/CFS zu verstehen, müssen noch Wissenslücken geschlossen werden. Unter anderem gilt es zu klären, welche Vorgänge im Körper mit den Krankheitssymptomen verbunden sind. Dazu betrachten die Forschenden eine Vielzahl an Biodaten von Betroffenen. Im Schlaf messen sie die Gehirnaktivität von Probandinnen und Probanden mittels Elektroenzephalographie (EEG), da beispielsweise die Veränderung sogenannter Schlafspindeln neue Hinweise auf zugrundeliegende Krankheitsmechanismen geben kann. Anhand ausgewählter Merkmale des Schlaf-EEG wollen die Forschenden Funktionsstörungen neuronaler Netzwerke erkennen, die sich bei Patientinnen und Patienten beispielsweise als Fatigue oder kognitive Störungen äußern.
Die neuronalen Biomarker sollen wiederum mit multimodalen, bildgebenden und biochemischen Untersuchungen des Blutgefäßsystems in Zusammenhang gebracht werden. „Durch unsere Arbeiten erhoffen wir uns ein besseres Verständnis der biologischen Mechanismen von ME/CFS. Ergänzt durch die Bestimmung genetischer Anfälligkeiten für verschiedene Erkrankungen sollen zudem Prädiktoren für ME/CFS auf individueller Ebene abgeleitet werden, die Ansätze für eine künftige personalisierte Therapie bieten“, erklärt Dr. Claudia Schilling, Leiterin des Schlaflabors und der Forschungsgruppe Neuropsychiatrische Schlafstörungen am ZI in Mannheim.
Mobile Schlafuntersuchungen bei jugendlichen Betroffenen
Das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT in Oldenburg erhebt im Forschungsvorhaben Schlafdaten von schwer kranken jugendlichen ME/CFS-Patientinnen und Patienten der Kinderklinik des Marien-Hospitals in Wesel. In ihrer häuslichen Umgebung soll das von Fraunhofer entwickelte Sensorsystem zur mobilen EEG-Aufzeichnung zum Einsatz kommen. „Unsere leicht anlegbaren und flexiblen Elektrodengrids werden im Gesichtsbereich platziert und ermöglichen es uns, ein Multi-Kanal-EEG mit möglichst geringer Belastung für die Betroffenen über Nacht abzuleiten“, erklärt Dr. Insa Wolf, Leiterin Mobile Neurotechnologien am Fraunhofer IDMT. In der Analyse fokussiert sich das Institut auf die Detektion der Schlafspindeln und deren Charakterisierung.
Die drei Teilprojekte des ZI in Mannheim, der Universitätsklinik Schleswig-Holstein UKSH in Kiel und des Fraunhofer IDMT in Oldenburg werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Quelle: idw
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